Wer waren die Weisen?

Auf die Ereignisse unmittelbar nach und im Anschluss an die Geburt Jesu, d.h. den Besuch der Hirten, die Beschneidung Jesu am achten Tage, die Darstellung Jesu im Tempel nach den vierzig Tagen der Reinigung für Maria und den Weissagungen von Simeon und Hanna, folgt dann chronologisch als nächstes der Bericht in Mt 2 über die "Weisen aus dem Morgenland".

Mt 2,1
Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen:

In der unrev. Elberfelder Bibel werden diese "Weisen aus dem Morgenlande" als "Magier vom Morgenland" bezeichnet; andere deutsche Übersetzungen haben "Sterndeuter". Das Wort im griechischen Text ist magoi, und es bezog sich auf eine bestimmte religiöse Kaste / Gruppe, die als "Magi" bzw. "Magier" im Altertum in nahöstlichen Regionen, besonders in Persien, bekannt waren. Heutzutage ist allgemein recht wenig über sie bekannt.

Es ist schon bemerkenswert zu lesen, dass diese Magier offensichtlich eine weite Reise unternahmen, um in Jerusalem dem neugeborenen König der Juden zu huldigen. Wer waren diese Leute? Woher kamen sie und wieso wussten sie von der Geburt eines Königs in Judäa? Aus den Berichten in der Schrift geht hervor, dass in Judäa selbst nur wenige etwas über die Geburt des Königs der Juden wussten, und es scheint, als habe niemand außer den Magi Zusammenhänge zwischen der Geburt des Königs und astronomischen Zeichen gesehen.

Die Magi kamen "aus dem Morgenlande", d.h. sie kamen "aus dem Osten". Magi lebten als religiöse Gruppe bereits vor der Zeit Zoroasters (um 600 v.Chr.) in Persien, und man vermutet, dass sie eine Art von Naturreligion praktizierten. Als dann die zoroastrische Religion in Persien an Einfluss gewann, nahmen viele Magi diese Religion an und stellten einen großen Teil der Priesterschaft. Nach dem Tod Zoroasters (Zarathustras) gab es eine Spaltung unter den Magi in zwei Hauptgruppen: die einen folgten Zoroaster, die anderen wandten sich wieder der alten Naturreligion und besonders der Sonnenanbetung zu. Diese zweite Gruppe wanderte nach Westen und siedelte in Kleinasien und gewann an Einfluss in Mysterienreligionen. Diese westlichen Magi praktizierten "Magie" und von daher leiten sich Worte wie "Magie" und "Magier" bis in unsere Sprachen heute ab.

Die in Mt 2 erwähnten Magi kamen "aus dem Morgenland (Osten)", sie gehörten offensichtlich zu der Gruppe, die vor allem in Persien lebte und einer Religion mit zoroastrischen Einflüssen folgte. Zoroasters Lehren beinhalteten eine Reihe von Dingen, die wir auch in der Bibel vorfinden. Diese Magi waren zudem sehr gelehrt in verschiedenen Bereichen, u.a. auf dem Gebiet der Religion, der Sternkunde und der geistlichen Bedeutung astronomischer Ereignisse. Dabei müssen wir beachten, dass hier mit "Sternkunde" die Astronomie gemeint ist, und nicht etwa "Astrologie".

Es stellt sich nun die Frage, woher die Magi soviel über die wahre Bedeutung der Sterne und Sternbewegungen wussten. Die Antwort auf diese Frage könnte im Buch Daniel liegen. In Daniel erfahren wir, dass Daniel und einige andere der aus Juda verschleppten Männer hohe Positionen am Hofe des Königs innehatten, an dem auch Magi, Weise, dienten. Daniel und die drei jungen Männer Schadrach, Mischach und Abednego bekleideten wichtige Positionen und erfüllten wichtige Funktionen im babylonischen Reich, und Daniel wurde von Nebukadnezar "über die Zeichendeuter, Weisen [Magi], Gelehrten und Wahrsager" gesetzt. Die überlieferten Wahrheiten bzgl. der wahren Bedeutung der Sternnamen und Konstellationen fanden sicherlich bei den Magi ein offenes Ohr.

Die Magi konnten also zu jener Zeit einiges über die Wahrheiten bzgl. der Sterne und der Bedeutung und Botschaft der Sternnamen, usw. von Daniel und andern lernen. Daniel war nicht nur zur Zeit der Herrschaft der Babylonier in hoher Position, sondern hatte auch während der Zeit der persischen Herrschaft eine hohe Stellung inne und stand sicherlich mit den Magi am Hofe in Verbindung (vgl. z.B. Dan 5,31; 6,3). Wie es scheint, bewahrten diese Magi im babylonischen und persischen Reich (Osten, Morgenland) diese Erkenntnis über die kommenden Jahrhunderte. Wir müssen darauf achten, diese Magi nicht mit jenen "Magiern" in weiter westlichen Regionen im römischen Reich zu verwechseln, die sich nicht so sehr der Astronomie, sondern vielmehr der Astrologie und Mysterienreligion verschrieben hatten.

Die "Weisen aus dem Morgenlande", die einige Zeit nach der Geburt Jesu nach Jerusalem in Judäa kamen, um den neugeborenen König der Juden "anzubeten" (ihm zu huldigen), befanden sich offenbar nicht nur um Besitz wahrer Erkenntnis bzgl. astronomischer Ereignisse im Zusammenhang mit der Geburt des verheißenen Messias, sondern Sie hatten auch im Laufe der Jahrhunderte bei ihren Beobachtungen der Sterne darauf geachtet, ob bestimmte Ereignisse am Sternenhimmel die Geburt des Messias anzeigten. Als dies dann der Fall war und sie "seinen Stern" gesehen hatten, machten sie sich auf die lange Reise nach Jerusalem, um dem Messias zu huldigen.

 

<< zurück  ::  <Übersicht>  ::  weiter >>

 

Übersicht Artikel