von
Wolfgang Schneider
Nach der Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers durch den Engel Gabriel an dessen Vater Zacharias, vgl. Studie Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers, und nach einigen kurzen Sätzen darüber, dass Elisabeth, die unfruchtbare Frau des Zacharias, schwanger wurde, wendet sich der Bericht im Lukasevangelium der Ankündigung der Geburt Jesu zu.
Lk 1,26-27
Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth,
zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria.
Zunächst erfahren wir den Zeitpunkt, zu dem der Engel Gabriel sich nach Nazareth in Galiläa aufmacht. Es ist "im sechsten Monat", aus dem unmittelbaren Kontext erkennen wir, dass es sich um den sechsten Monat der Schwangerschaft Elisabeths handeln muß. Zwischen der Ankündigung der Geburt des Johannes und der Ankündigung der Geburt Jesu liegen also sechs Monate, und so werden beide denn auch sechs Monate nacheinander geboren.
Der Engel wird zu "einer Jungfrau, die vertraut war einem Manne" geschickt. Dieser Ausdruck zeigt uns an, dass die junge Frau gemäß orientalischem Brauch jenem Mann versprochen war, wobei in gewisser Weise die Ehe vertraglich bereits geschlossen und verbindlich war. In unserer Zeit kennen wir den Begriff der "Verlobung", der aber nicht ganz wiedergibt, was zu biblischen Zeiten das "vertraut" werden bedeutet. Wenn eine Frau einem Manne vertraut war, so hatte eine Zeremonie stattgefunden, bei der die Ehe verbindlich beschlossen worden war. Was noch ausstand war der eigentliche Vollzug der Ehe, indem der Mann seine Frau heimholte und beide erstmals in ehelicher Gemeinschaft auch sexuell zusammenkamen. Wie wir aus Mt 1,18 erkennen können, war Maria zwar dem Josef vertraut, aber beide waren noch nicht als Eheleute zusammengekommen, und das Hochzeitsfest mit anschließender Heimholung der Braut hatte noch nicht stattgefunden.
Lk 1,28-33
Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir!
Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das?
Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden.
Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben.
Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines
Vaters David geben,
und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.
Auch hier sehen wir, wie Maria angesichts der Engelerscheinung zunächst erschrak, der Engel sie aber sogleich besänftigt und ihr dann verkündet, dass sie die von Gott, dem Höchsten, auserkorene Frau ist, die den verheißenen Messias, den Sohn des Höchsten, den verheißenen Sohn Davids, dessen Reich ewig sein wird, gebären würde.
Maria ist angesichts dieser Botschaft sicherlich höchst erstaunt, denn die Ankündigung einer Schwangerschaft ist natürlich eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Auch hier, ähnlich wie bei Elisabeth, obwohl die Gründe unterschiedlich sind, ist normalerweise keine Schwangerschaft möglich. Wir erinnern uns an die Reaktion des Zacharias, wie wird nun die Jungfrau Maria auf diese "unmögliche" Botschaft reagieren?
Lk 1,34
Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß?
Maria weist die Worte des Engels nicht einfach von sich, wie Zacharias es getan hatte. Sicher, sie weiß auch, dass diese Sache normal unmöglich ist und führt sogar - ähnlich wie Zacharias auch - die Gründe an, weshalb die Idee einer Schwangerschaft in ihrem Falle zunächst einmal ausgeschlossen ist. Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen Maria und Zacharias, und dieser kommt zum Ausdruck in dem kleinen Wörtchen "WIE ...?" Maria schließt in ihrer Antwort das, was der Engel verkündet hat, nicht kategorisch aus, sondern fragt nach, WIE denn das, was er gesagt hatte, geschehen soll angesichts der Tatsache, dass sie noch mit keinem Mann in ehelicher Gemeinschaft lebte.
Wo Zacharias durch den Engel Gabriel seines Unglaubens überführt und getadelt wurde, wird hier nun Maria durch den Engel weiter belehrt und sie erfährt, wie das Gesagte geschehen soll.
Lk 1,35-38
Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten
wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.
Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt
im sechsten Monat, von der man sagt, daß sie unfruchtbar sei.
Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.
Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied
von ihr.
Der Engel Gabriel erläutert, dass Maria durch Gott, den Höchsten, und durch Seine Kraft "überschattet" werden wird, dass also Gott die Schwangerschaft verursachen würde, ohne das Zutun eines Mannes. Und aufgrund dieser Tatsache würde auch ihr Sohn dann "Gottes Sohn" genannt werden, denn er war nicht irgend eines Mannes Sohn, sondern hatte Gott zu seinem leiblichen Vater.
Weiterhin weist der Engel Gabriel auf die Situation mit Elisabeth hin, die eine Verwandte der Maria war, wo ebenfalls eine unmögliche Situation aufgrund von Gottes Wort durch den Engel eingetreten war und Elisabeth trotz hohen Alters und Unfruchtbarkeit nun im sechsten Monat schwanger war (in dem Falle von ihrem Ehemann, denn der Engel hatte ja verkündet, dass Elisabeth "dir", dem Zacharias, einen Sohn gebären würde). Die Situation mit Elisabeth diente quasi zusätzlich als Illustration dafür, dass Gottes Wort, Gottes Verheißung, eintreten wird, ganz gleich, wie menschlich unmöglich die Dinge aussehen. Zur Bestärkung fügt der Engel Gabriel dann noch hinzu: "Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich!" Dieser Ausdruck lautet wörtlich eigentlich: "Denn kein Wort von Gott ist ohne Kraft!" Mit anderen Worten: Wenn Gott gesagt hat, dass etwas sein wird, dann wird es geschehen!
Marias Antwort ist kurz, aber voller Vertrauen und Gewißheit: "Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast." Sie nimmt an was Gott für sie bereitet hat, und mit ihrem Vertrauen auf Gott kommt nun in Gang, was Gott von vor Anbeginn der Welt in Seiner Vorsehung geplant hatte: "Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau ..." (Gal 4,4).
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