Den Laien wird bei uns beide Gestalt des Sacraments gereicht aus dieser Ursach, daß dies ein klarer Befehl und Gebot Christi, Matth. 26: Trinket alle daraus. Da gebeut Christus mit klaren Worten von dem Kelch, daß sie alle daraus trinken sollen.
Und damit niemand diese Worte anfechten und glossieren kann, als gehore es den Priestern allein zu, so zeiget Paulus 1. Kor. 11 an, daß die ganze Versammlung der Korintherkirchen beide Gestalten gebraucht hat. Und dieser Brauch ist lange Zeit in der Kirchen blieben, wie man durch die Historien und der Väter Schriften beweisen kann. Cyprianus gedenket an viel Orten, daß den Laien der Kelch die Zeit gereicht sei. So spricht Sankt Hieronymus, daß die Priester, so das Sakrament reichen, dem Volk das Blut Christi austeilen. So gebeut Gelasius der Papst selbst, daß man das Sakrament nicht teilen soll. Distinct.2. De consecratione cap. Comperimus. Man findet auch nindert keinen Canon, der da gebiete, allein ein Gestalt zu nehmen. Es kann auch niemand wissen, wenn oder durch welche diese Gewohnheit, ein Gestalt zu nehmen, eingeführt ist, wiewohl der Kardinal Cujanus gedenkt, wenn diese Weise approbiert ist. Nun ist offentlich, daß solche Gewohnheit, wider Gottes Gebot, auch wider die alten Canones eingeführt, unrecht ist. Derhalben hat sich nicht gebuhret, , derjenigen Gewissen, so das heilige Sakrament nach Christus Einsetzung zu gebrauchen begehrt haben, zu beschweren, und zwingen, wider unseres Herrn Christi Ordnung zu handeln.
Und dieweil die Teilung des Sacraments der Einsetzung Christi entgegen ist, wird auch bei uns die gewöhnliche Prozession mit dem Sacrament unterlassen.
Es ist bei jedermann, hohes und niedem Stands, eine große mächtig Klag in der Welt gewesen von großer Unzucht und wildem Wesen und Leben der Priester, so nicht vermochten, Keuschheit zu halten, und war auch je mit solchen greulichen Lastern aufs hochst kommen. So viel häßlichs groß Ärgernus, Ehebruch und andere Unzucht zu vermeiden, haben sich etlich Priester bei uns in ehelichen Stand begeben. Dieselben zeigen diese Ursache an, daß sie dahin gedrungen und bewegt seind aus hoher Not ihrer Gewissen, nachdem die Schrift klar meldet, der eheliche Stand sei von Gott dem Herrn eingesetzt, Unzucht zu vermeiden, wie Paulus sagt: “Die Unzucht zu vermeiden habe ein itzlicher sein eigen Eheweib”; item: “Es ist besser, ehelich werden denn brennen.” Und nachdem Christus sagt Matth. 19: “Sie fassen nicht alle das Wort”, da zeigt Christus an, welcher wohl gewußt, was am Menschen sei, daß wenig Leute die Gabe, keusch zu leben, haben.
"Denn Gott hat den Menschen Männlein und Fräulein geschaffen.", Genesis 1. Ob es nun in menschlicher Macht oder Vermugen sei, ohne sondere Gab und Gnad Gottes, durch eigen Furnehmen oder Gelubd, Gottes, der hochen Majestat, Geschopf besser zu machen oder zu ändern, hatt die Erfahrung allzu klar gegeben. Denn was guts, was ehrbar, zuchtigs Leben, was christlichs, ehrlichs oder redlichs Wandels an vielen daraus erfolget, wie greulich, schrecklich Unruhe und Qual ihrer Gewissen viel an ihrem letzten End derhalben gehabt, ist am Tag, und ihrer viel haben es selbs bekannt. So dann Gottes Wort und Gebot durch kein menschlich Gelubd oder Gesetz mag geändert werden, haben aus diesen und anderen Ursachen und Grunden die Priester und andere Geistliche Eheweiber genommen.
So ist es auch aus den Historien und der Väter Schriften zu beweisen, daß in der christlichen Kirchen vor Alters der Gebrauch gewesen, daß die Priester und Diakon Eheweiber gehabt. Darumb sagt Paulus 1. Tim. 3: “Es soll ein Bischof unsträflich sein, eins Weibs Mann.” Es sind auch in teutschen Landen erst vor vierhundert Jahren die Priester zum Gelubd der Keuschheit vom Ehestand mit Gewalt abgetrungen, welche sich dagegen sämbtlich, auch so ganz ernstlich und hart gesetzet haben, daß ein Erzbischof zu Mainz, welcher das bäpstliche neu Edikt derhalben verkundigt, gar nahe in einer Emporung der ganzen Priesterschaft in einem Gedräng wäre umbbracht. Und dasselbige Verbot ist bald im Anfange so geschwind und unschicklich furgenummen, daß der Bapst die Zeit nicht allein die kunftige Ehe den Priestern verboten, sondern auch derjenigen Ehe, so schon in dem Stand lang gesene, zurrissen, welchs doch nicht allein wider alle gottliche, naturliche und weltliche Recht, sonder auch den Canonibus, so die Bäpste selbst gemacht, und den beruhmbtesten Conciliis ganz entgegen und wider ist.
Auch ist bei viel hohen, gottfurchtigen, verständigen Leuten dergleichen Rede und Bedenken oft gehört, daß solcher gedrungener Cölibat und Beraubung des Ehestandes, welchen Gott selbs eingesetzt und frei gelassen, nie kein Guts, sondern viel großer böser Laster und viel Arges eingefuhrt hab.
Es hat auch einer von Bäpsten, Pius II., selbst, wie seine Histori anzeiget, diese Worte oft geredt und von sich schreiben lassen: es muge wohl etlich Ursach haben, warum den Geistlichen die Ehe verboten sei; es habe aber viel hoher, großer und wichtiger Ursachen, warumb man ihnen die Ehe soll wieder frei lassen. Ungezweifelt, es hat Bapst Pius als ein verständiger, weiser Mann dies Wort aus großem Bedenken geredt.
Derhalben wollen wir uns in Untertänigkeit zu Kaiserlicher Majestat vertrösten, daß ihre Majestat als ein christlicer hochloblicher Kaiser gnädiglich beherzigen werden, daß itzung in letzten Zeiten und Tagen, von welchen die Schrift meldet, die Welt immer ärger und die Menschen gebrechlicher und schwächer werden.
Derhalben wohl hochnötig, nutzlich und christlich ist, diese fleißige Einsehung zu tun, damit, wo der Ehestand verboten, nicht ärger und schändlicher Unzucht und Laster in teutschen Landen möchten einreißen. Dann es wird je diese Sachen niemands weislicher oder besser ändern oder machen kunnen dann Gott selbs, welcher den Ehestand, menschlicher Gebrechlichkeit zu helfen und Unzucht zu wehren, eingesatzt hat.
So sagen die alten Canones auch, man muß zu Zeiten die Schärfe und rigorem lindern und nachlassen, umb menschlicher Schwachheit willen und Ärgers zu verhüten und zu meiden. Nu wäre das in diesem Falle auch wohl christlich und ganz hoch vonnoten.
Was kann auch der Priester und Geistlichen Ehestand gemeiner christlichen Kirchen nachteilig sein, sonderlich der Pfarrer und anderer, die der Kirche dienen sollen? Es wird wohl kunftig an Priestern und Pfarrern mangeln, so dies hart Verbot des Ehestands länger währen sollt.
So nu dieses, nämlich daß die Priester und Geistlichen mögen ehelich werden, gegründet ist auf das göttliche Wort und Gebot, dazu die Historien beweisen, daß die Priester ehelich gewesen, so auch das Gelubd der Keuschheit so viel häßliche, unchristliche Ärgernus, so viel Ehebruch, schreckliche, ungehorte Unzucht und greuliche Laster hat angericht, daß auch etliche redliche unter den Tumbherrn, auch etlich Kurtisan zu Rom, solchs oft selbs bekannt und kläglich angezogen, wie solch Laster in clero zu greulich und ubermacht, Gottes Zorn wurd erregt werden, so ists je erbärmlich, daß man den christlichen Ehestand nicht allein verboten, sondern an etlichen Orten aufs geschwindest, wie um groß Uebeltat, zu strafen unterstanden hat, so doch Gott in der heiligen Schrift den Ehestand in allen Ehren zu haben geboten hat.
So ist auch der Ehestand in kaiserlichen Rechten und in allen Monarchien, wo je Gesetze und Rechte gewesen, hoch gelobet. Allein dieser Zeit beginnet man die Leute unschuldig, allein umb der Ehe willen, zu martern, und darzu Priester, der man vor anderen schonen sollt, und geschicht nicht allein wider gottlich Recht, sondern auch wider die Canones. Paulus der Apostel 1. Timoth. 4 nennet die Lehre, so die Ehe verbieten, Teufelslehre. So sagt Christus selbs Johann. 8., der Teufel sei ein Morder von Anbeginn, welchs dann wohl zusammenstimmet, daß es freilich Teufelslehre sein mussen, die Ehe verbieten und sich unterstehen, solche Lehre mit Blutvergießen zu erhalten.
Wie aber kein menschlich Gesetz Gottes Gebot kann wegtun oder ändern, also kann auch kein Gelübde Gottes Gebot ändern. Darum gibt auch Sanctus Cyprianus den Rat, daß die Weiber, so die gelobte Keuschheit nicht halten, sollen ehelich werden, und sagt Epist. 11 also: “So sie aber Keuschheit nicht halten wellen oder nicht vermugen, so ists besser, daß sie ehelich werden, dann daß sie durch ihre Lust ins Feur fallen, und sollen sich wohl fursehen, daß sie den Brüdern und Schwestern kein Ärgernus anrichten."
Zudem, so brauchen auch alle Canones großer Gelindigkeit und Äquität, gegen diejenigen, so in der Jugend Gelubd getan, wie dann Priester und Mönche des mehrernteils in der Jugend in solchen Stand aus Unwissenheit kummen seind.
Man legt den Unsern mit Unrecht auf, daß sie die Messe sollen abgetan haben. Denn das ist öffentlich, daß die Meß, ohne Ruhm zu reden, bei uns mit größer Andacht und Ernst gehalten wird, denn bei den Widersachern. So werden auch die Leute mit höchstem Fleiß zum öftern mal unterrichtet vom heiligen Sacrament, wozu es eingesetzt und wie es zu gebrauchen sei, als nämlich die erschrocken Gewissen damit zu trösten, dadurch das Volk zur Kommunion und Meß gezogen wird. Dabei geschieht auch Unterricht wider andere unrechte Lehre vom Sacrament. So ist auch in den offentlichen Ceremonien der Messe keine merklich Anderung geschehen, dann daß an etlichen Orten teutsch Gesänge, das Volk damit zu lehren und zu uben, neben lateinischem Gesang gesungen werden, sintemal alle Ceremonien furnehmlich darzu dienen sollen, daß das Volk davon lerne, was ihm zu wissen von Christo not ist.
Nachdem aber die Messe auf mancherlei Weise vor dieser Zeit mißbraucht, wie am Tag ist, daß ein Jahrmarkt daraus gemacht, daß man sie kauft und verkauft hat und daß mehrer Teil in allen Kirchen um Geldes willen gehalten worden, ist solcher Mißbrauch zu mehrmalen, auch vor dieser Zeit, von gelehrten und frommen Leuten gestraft worden. Als nun die Prediger bei uns davon gepredigt und die Priester erinnert seind der schrecklichen Betrauung, so dann billig einen jeden Christen bewegen soll, daß, wer das Sakrament unwürdiglich braucht, der sei schuldig am Leibe und Blut Christi: darauf seind solche Kaufmeß und Winkelmeß, welche bis anher aus Zwang um Geldes und der Prähenden willen gehalten worden, in unseren Kirchen gefallen.
Darbei ist auch der greulich Irrtumb gestraft, daß man gelehret hat, unser Herr Christus hab durch seinen Tod allein fur die Erbsund gnuggetan und die Messe eingesetzt zu einem Opfer fur die anderen Sunde, und also die Messe zu einem Opfer gemacht für die Lebendigen und Toten, dadurch Sund wegzunehmen und Gott zu versuhnen. Daraus ist weiter gefolget, daß man disputiert hat, ob ein Meß, für viel gehalten, als viel verdiene, als so man fur ein itzlichen ein sonderliche hielte. Daher ist die große unzählig Menge der Messen kummen, daß man mit diesem Werk hat wollen bei Gott alles erlangen, das man bedurft hat, und ist darneben des Glaubens an Christum und rechten Gottesdiensts vergessen worden.
Darumb ist davon Unterricht geschehen, wie ohne Zweifel die Not gefordert, daß man wüßte, wie das Sacrament recht zu gebrauchen wäre. Und erstlich, daß kein Opfer für Erbsünde und andere Sünde sei denn der einige Tod Christi, zeigt die Schrift an vielen Orten an. Denn also stehet geschrieben zun Hebräern, daß sich Christus einmal geopfert hat und dadurch für alle Sünde genug getan. Es ist gar eine unerhorte Neuigkeit in der Kirchenlehren, daß Christus Tod solle allein fur die Erbsund und sonst nicht auch fur andere Sunde gnug getan haben; derhalben zu hoffen, daß männiglich verstehe, daß solcher Irrtumb nicht unbillig gestraft sei.
Zum anderen lehret S. Paulus, daß wir für Gott Gnad erlangen durch Glauben und nicht durch Werk. Dawider ist öffentlich dieser Mißbrauch der Meß, so man vermeinet durch dieses Werk Gnad zu erlangen, wie man denn weiß, daß man die Meß darzu gebraucht dadurch Sünd abzulegen und Gnad und alle Güter bei Gott zu erlangen, nicht allein der Priester für sich, sondern auch für die ganze Welt und für andere, Lebendige und Tote.
Zum dritten, so ist das heilige Sacrament eingesetzt nicht damit für die Sünd ein Opfer anzurichten (denn das Opfer ist zuvor geschehen), sondern daß unser Glaube dadurch erweckt und die Gewissen getröstet werden, welche durchs Sacrament erinnert werden, daß ihnen Gnad und Vergebung der Sünde von Christo zugesagt ist. Derhalben fordert dies Sacrament Glauben und wird ohne Glauben vergeblich gebraucht. Dieweil nu die Meß nicht ein Opfer ist für andere, Lebendige oder Tote, ihre Sünd wegzunehmen, sondern soll ein Kommunion sein, da der Priester und andere das Sacrament empfahen für sich; so wird diese Weise bei uns gehalten, daß man an Feiertagen, auch sonst so Kommunikanten da sind, Meß hält und etliche, so das begehren, kommuniziert.
Also bleibt die Meß bei uns in ihrem rechten Brauch, wie sie vorzeiten in der Kirchen gehalten, wie man beweisen mag aus S. Paul 1. Korinth. 11., darzu auch aus vieler Väter Schriften. Dann Chrysostomus spricht, wie der Priester täglich stehe und fordere etliche zur Kommunion, etlichen verbiete er, hinzu zu treten. Auch zeigen die alten Canones an, daß einer das Amt gehalten und hat die anderen Priester und Diakonen kommuniziert. Dann also lauten die Worte im canone Nicaeno: Die Diakonen sollen nach den Priestern ordentlich das Sakrament empfahen vom Bischof oder Priester.
So man nun keine Neuigkeit hierin, die in der Kirchen vor Alters nicht gewesen, furgenommen hat, auch in den offentlichen Ceremonien der Messen kein merklich Anderung geschehen, allein daß die anderen unnotigen Messen, etwa durch einen Mißbrauch gehalten neben der Pfarrmeß, gefallen seind; soll billig diese Weise, Messe zu halten, nicht für ketzerisch und unchristlich verdammet werden. Dann man hat vorzeiten auch in den großen Kirchen, da viel Volks gewesen, auch auf die Tage, so das Volk zusammen kam, nicht täglich Meß gehalten, wie Tripartita Historia lib. 9 anzeiget, daß man zu Alexandria am Mittwoch und Freitag die Schrift gelesen und ausgelet habe, und sonst alle Gottesdienste gehalten ohne die Messe.
Die Beicht ist durch die Prediger dieses Teils nicht abgetan. Dann diese Gewohnheit wird bei uns gehalten, das Sakrament nicht zu reichen denen, so nicht zuvor verhort und absolviert seind. Darbei wird das Volk fleißig unterrichtet, wie trostlich das Wort der Absolution sei, wie hoch und teuer die Absolution zu achten. Dann es sei nicht des gegenwärtigen Menschen Stimme oder Wort, sondern Gottes Wort, der die Sunde vergibt. Dann sie wird an Gottes Stadt und aus Gottes Befehl gesprochen. Von diesem Befehl und Gewalt der Schlussel, wie trostlich, wie notig sie sei dem erschrockenen Gewissen, wird mit großem Fleiß gelehret; darzu, wie Gott forder, dieser Absolution zu glauben, nicht weniger, denn so Gottes Stimme vom Himmel erschulle, und uns der Absolution frohlich trosten und wissen, daß wir durch solchen Glauben Vergebung der Sunde erlangen.
Von diesen notigen Stucken haben vorzeiten die Prediger, so von der Beicht viel lehreten, nicht ein Wortlein geruhrt, sondern allein die Gewissen mit langer Erzählung der Sunden, mit Genugtun, mit Ablaß, mit Wallfahrten und dergleichen gemartert. Und viel unser Widersacher bekennen selbs, daß dieses Teils von rechter christlicher Buß schicklicher dann zuvor in langer Zeit geschrieben und gehandelt sei.
Und wird von der Beicht also gelehret, daß man niemand dringen soll, die Sünde namhaftig zu erzählen. Dann solchs ist unmuglich, wie der Psalm spricht: “Wer kennet die Missetat?” Und Jeremias sagt: “Des Menschen Herz ist so arg, daß man's nicht auslernen kann.” Die elend menschliche Kreatur steckt also tief in Sunden, daß sie dieselben nicht alle sehen oder kennen kann, und sollten wir allein von denen absolviert werden, die wir zählen konnen, wäre uns wenig geholfen. Derhalben ist nicht not, die Leute zu dringen, die Sünde namhaftig zu erzählen. Also haben's auch die Väter gehalten, wie man findet Dist. I. de poenitentia, da die Worte Chrysostomi angezogen werden: “Ich sage nicht, daß du dich selbs sollt offentlich dargeben noch bei einem anderen dich selbst verklagen oder schuldig geben, sonder gehorch dem Propheten, welcher spricht: Offenbare dem Herrn deine Wege. Derhalben beichte Gott dem Herrn, dem wahrhaftigen Richter, neben deinem Gebet; nicht sage deine Sunde mit der Zungen, sonder in deinem Gewissen”. Hie siehet man klar, daß Chrysotomus nicht zwinget, die Sunde namhaftig zu erzählen. So lehret auch die Glossa in Decretis, de poenitentia, Dist. 5., daß die Beicht von wegen der Absolution, welche das Hauptstuck und das Furnehmbst darin ist, zu Trost der erschrockenen Gewissen dazu umb etliche anderer ursachen willen, zu erhalten sei.
Vor Zeiten hat man also gelehret, gepredigt und geschrieben, daß Unterschied der Speisen und dergleichen Tradition, von Menschen eingesetzt, dazu dienen, daß man dadurch Gnad verdiene und für die Sünde genugtue. Aus diesem Grund hat man täglich neue Fasten, neue Cermonien, neue Orden und dergleichen erdacht und auf solches heftig und hart getrieben, als seien solche Dinge notige Gottesdienst, dardurch man Gnad vordien, so man's halte, und große Sunde geschehe, so man's nicht halte. Daraus sind viel schädlicher Irrtumb in der Kirchen gefolget.
Erstlich ist dadurch die Gnad Christi und die Lehre vom Glauben verdunkelt, welche uns das Evangelium mit großem Ernst furhält, und treibet hart darauf, daß man den Verdienst Christi hoch und teuer achte und wisse, daß Glauben an Christum hoch und weit uber alle Werk zu setzen sei. Derhalben hat Sankt Paulus heftig wider das Gesetz Moysi und menschliche Traditionen gefochten, daß wir lernen sollen, daß wir fur Gott nicht fromb werden aus unseren Werken, sondern allein durch den Glauben an Christum, daß wir umb Christus willen Gnade erlangen. Solche Lehr ist schier ganz verloschen, dardurch, daß man hat gelehret, Gnad zu verdienen mit gesatzten Fasten, Unterschied der Speis, Kleidern etc.
Zum anderen haben auch solche Traditionen Gottes Gebot verdunkelt; denn man setzt diese Traditionen weit über Gottes Gebot. Dies hielt man allein fur christlich Leben: wer die Feier also hielte, also betet, also fastet, also gekleidet wäre, das nennete man geistlich, christlich Leben. Daneben hielt man andere notige gute Werk fur ein weltlich, ungeistlich Wesen, nämlich diese, so jeder nach seinem Beruf zu tun schuldig ist, als daß der Hausvater arbeite, Weib und Kind zu nähren und zu Gottesforcht aufzuziehen, die Hausmutter Kinder gebieret und wartet ihr, ein Furst und Oberkeit Land und Leut regiert etc. Solche Werk, von Gott geboten, mußten ein weltliches und unvollkommenes Wesen sein; aber die Traditiones mußten den prächtigen Namen haben, daß sie allein heilige, vollkommene Werke hießen. Derhalben war kein Maß noch End, solch Traditiones zu machen.
Zum dritten, solche Traditionen sind zu hoher Beschwerung der Gewissen geraten. Denn es war nicht muglich, alle Traditionen zu halten, und waren doch die Leute der Meinung, als wäre solches ein nötiger Gottesdienst, und schreibt Gerson, daß viel hiermit in Verzweiflung gefallen, etlich haben sich auch selbs umbbracht, derhalben daß sie kein Trost von der Gnad Christi gehört haben. Dann man siehet bei den Summisten und Theologen, wie die Gewissen verwirrt, welche sich unterstanden haben, die Traditiones zusammenzuziehen, und Äquität gesucht, daß sie den Gewissen hulfen, haben so viel damit zu tun gehabt, daß dieweil alle heilsame christliche Lehre von notigen Sachen, als vom Glauben, von Trost in hochen Anfechtungen und dergleichen darnieder gelegen ist. Daruber haben auch viel frommer, gelehrter Leut vor dieser Zeit sehr geklagt, daß solche Traditiones viel Zanks in der Kirche anrichten, und daß fromme Leute damit verhindert, zur rechten Erkanntnus Christi nicht kommen mochten. Gerson und etliche meher haben heftig darüber geklaget. Ja, es hat auch Augustino mißfallen, daß man die Gewissen mit so viel Traditionibus beschwert. Derhalben er dabei Unterricht gibt, daß man's nicht fur notig Ding halten soll.
Darumb haben die Unsern nicht aus Frevel oder Verachtung geistlichs Gewalts von diesen Sachen gelehret, sonder es hat die hoche Not gefordert, von obangezeigten Irrtumben Unterricht zu tun, welche aus Mißverstand der Tradition gewachsen sein. Dann das Evangelium zwingt, daß man die Lehre vom Glauben soll und müsse in der Kirchen treiben, welche doch nicht mag verstanden werden, so man vermeint, durch eigene gewählte Werke Gnad zu verdienen.
Und ist davon also gelehret, daß man durch Haltung gedachter menschlicher Tradition nicht kann Gnad verdienen oder Gott versuhnen oder fur die Sund genugtun. Und soll derhalben kein notiger Gottsdienst daraus gemacht werden. Dazu wird Ursach aus der Schrift angezogen. Christus Matth. 15 entschuldigt die Apostel, da sie gewohnliche Traditiones nicht gehalten haben, und spricht dabei: “Sie ehren mich vergeblich mit Menschengeboten.” So er nun dies ein vergeblichen Dienst nennet, muß er nicht notig sein. Und bald hernach: “Was zum Munde eingehet, verunreinigt den Menschen nicht.” Item Paulus spricht Röm. 14: “Das Himmelreich stehet nicht in Speis oder Trank.” Kol. 2: “Niemand soll euch richten in Speis, Trank, Sabbat etc.” Actuum 15 spricht Petrus: “Warumb versucht ihr Gott mit Auflegung des Jochs auf der Junger Hälse, welches weder unsere Väter noch wir haben mugen tragen? Sonder wir glauben durch die Gnad unsers Herren Jesu Christi selig zu werden, gleicherweis wie auch sie.” Da verbeut Petrus, daß man die Gewissen nicht beschweren soll mit mehr äußerlichen Ceremonien, es sei Moysi oder ander. Und 1. Timoth. 4 werden solche Verbot, als Speis verbieten, Ehe verbieten etc. Teufelslehre genannt. Denn dies ist stracks dem Evangelio entgegen, solche Werk einsetzen oder tun, daß man damit Vergebung der Sünde verdiene, oder als möge niemand Christ sein ohn solchen Dienst.
Daß man aber den Unsern die Schuld gibt, als verbieten sie Kasteiung und Zucht wie Jovinianus, wird sich viel anders aus ihren Schriften befinden. Dann sie haben allzeit gelehret vom heiligen Kreuz, daß Christen zu leiden schuldig seind, und dieses ist rechte, ernstliche und nicht erdichte Kasteiung.
Daneben wird auch gelehret, daß ein jeglicher schuldig ist, sich mit leiblicher Ubung, als Fasten und ander Arbeit, also zu halten, daß er nicht Ursach zu Sunden gebe, nicht daß er mit solchen Werken Gnad verdiene. Diese leibliche Übung soll nicht allein etliche bestimbte Tage, sondern stetigs getrieben werden. Davon redet Christus Luk.21: “Hütet euch, daß euer Herzen nicht beschwrt werden mit Fullerei.” Item: “Die Teufel werden nicht ausgeworfen dann durch Fasten und Gebet.” Und Paulus spricht, er kasteie seinen Leib und bringe ihn zu Gehorsam; damit er anzeigt, daß Kasteiung dienen soll, nicht damit gnad zu verdienen, sonder den Leib geschickt zu halten, daß er nicht verhindere, was einem iglichen nach seinem Beruf zu schaffen befohlen ist. Und wird also nicht das Fasten verworfen, sondern daß man ein notigen Dienst daraus auf bestimbte Tag und Speise, zu Verwirrung der Gewissen, gemacht hat.
Auch werden dieses Teils viel Ceremonien und Tradition gehalten, als Ordnung der Messe und andere Gesäng, Feste etc., welche darzu dienen, daß in der Kirchen Ordnung gehalten werde. Daneben aber wird das Volk unterrichtet, daß solcher äußerlicher Gottesdienst nicht fromb mache vor Gott, und daß man ohn Beschwerung des Gewissens halten soll, also daß, so man es nachläßt ohne Ärgernus, nicht daran gesundigt wird. Diese Freiheit in äußerlichen Ceremonien haben auch die alten Väter gehalten. Dann in Orient hat man das Osterfest auf andere Zeit dann zu Rom gehalten. Und da etliche diese Ungleichheit für eine Trennung in der Kirche halten wollten, sind sie vermahnet von anderen, daß nicht not, in solchen Gewohnheiten Gleichheit zu halten. Und spricht Irenaeus also: “Ungleichheit im Fasten trennet nicht die Einigkeit des Glaubens”; wie auch Dist. 12. von solcher Ungleichheit in menschlichen Ordnungen geschrieben, daß sie der Einigkeit der Christenheit nicht zuwider sei. Und Tripartita, Hist. lib.9, zeucht zusammen viel ungleicher Kirchengewohnheit und setzet ein nutzlichen christlichen Spruch: “Der Apostel Meinung ist nicht gewesen, Feiertag einzusetzen, sonder Glaub und Lieb zu lehren."
Von Klostergelübden zu reden, ist not, erstlich, zu bedenken, wie es bis anher damit gehalten, welch Wesen in Klostern gewesen, und daß sehr viel darin täglich nicht allein wider Gottes Wort, sondern auch bäpstlichen Rechten zuentgangen gehandelt ist. Denn zu Sankt Augustini Zeiten sind Klosterständ frei gewesen; folgend, da die rechte Zucht und Lehre zerruttet, hat man Klostergelubd erdacht und damit eben als mit einem erdachten Gefängnus die Zucht wiederumb aufrichten wellen.
Uber das hat man neben den Klostergelubden viel ander Stück mehr auf- bracht, und mit solchen Banden und Beschwerden ihr viel, auch vor gebuhrenden Jahren beladen.
So seind auch viel Personen aus Unwissenheit zu solchem Klosterleben kummen, welche, wiewohl sie sunst nicht zu jung gewesen, haben doch ihr Vermugen nicht gnugsam ermessen noch verstanden. Dieselben alle, also verstrickt und verwickelt, seind gezwungen und gedrungen gewesen, in solchen Banden zu bleiben, ungeachtet des, daß auch bapstlich Recht ihr viel frei gibt. Und das ist beschwerlicher gewesen in Jungfrauklöstern dann Monichklostern, so sich doch geziemet hätte, der Weibsbilder als der Schwachen zu verschonen.
Dieselb Strenge und Härtigkeit hat auch viel frommen Leuten in Vorzeiten mißfallen; dann sie haben wohl gesehen, daß beide, Knaben und Maidlein, umb Unterhaltung willen des Leibs, in die Kloster versteckt seind worden. Sie haben auch wohl gesehen, wie ubel dasselb Furnehmen geraten ist, was Ärgernus, was Beschwerung der Gewissen es grbracht, und haben viel Leut geklagt, daß man in solcher fahrlicher Sache die Canones so gar nicht geachtet. Zudem so hat man eine solche Meinung von den Klostergelubden, die unverborgen auch viel Menschen ubel gefallen hat, die wenig einen Verstand gehabt.
Dann sie gaben für, daß Klostergelübde der Tauf gleich wären, und daß man mit dem Klosterleben Vergebung der Sünde und Rechtfertigung vor Gott verdienet. Ja sie setzen noch mehr darzu, daß man mit dem Klosterleben verdient nicht allein Gerechtigkeit und Frombkeit, sonder auch, daß man damit hielte die Gebote und Räte, im Evangelio verfaßt, und wurden also die Klostergelubde hocher gepreiset dann die Tauf; item daß man mehr verdienet mit dem Klosterleben dann mit allen anderen Ständen, so von Gott geordnet seind, als Pfarrer- und Predigerstand, Obrigkeit-, Fursten-, Herrenstand und dergleichen, die alle nach Gottes Gebot, Wort und Befehl ihrem Beruf ohn erdichte Geistlichkeit dienen, wie dann dieser Stuck keins mag verneint werden; dann man findet's in ihren eigen Buchern.
Uber das, wer also gefangen und ins Kloster kommen, lernet wenig von Christo. Etwa hätt man Schulen der heiligen Schrift und anderer Kunste, so der christlichen Kirchen dienstlich seind, in den Klöstern, daß man aus den Klostern Pfarrer und Bischofe genummen hat. Jetzt aber hat's viel eine andere Gestalt. Denn vorzeiten kamen sie zusammen der Meinung im Klosterleben, daß man die Schrift lernet. Itzt geben sie vor, das Klosterleben sei ein solch Wesen, daß man Gottes Gnade und Frommkeit vor Gott damit verdiene, ja es sei ein Stand der Vollkommenheit; und setzens den anderen Ständen, so von Gott eingesetzt, weit vor. Das alles wirddarumb angezogen ohn alle Verunglimpfung, damit man je dester daß vernehmen und verstehen muge, was und wie die Unseren lehren und predigen.
Erstlich lehren sie bei uns von denen, die zur Ehe greifen, also: daß alle die, so zum ledigen Stand nicht geschickt sind, Macht, Sieg und Recht haben, sich zu verehelichen. Denn die Gelübde vermögen nicht Gottes Ordnung und Gebot aufzuheben. Nun lautet Gottes Gebot also 1. Kor.7: “Umb der Hurerei willen hab ein itzlicher sein eigen Weib, und eine itzliche hab ihren eigenen Mann.” Dazu dringet, zwinget und treibet nicht allein Gottes Gebot, sondern auchGotts Geschopf und Ordnung alle die zum Ehestand, die ohn sonder Gotteswerk mit der Gabe der Jungfrauschaft nicht begnadet seind, lauts dieses Spruches Gottes selbst, Gen.2: “Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; wir wollen ihme ein Gehilfen machen, der umb ihne sei."
Was mag man nun dawider aufbringen? Man ruhme das Gelubd und die Pflicht, wie hoch man welle, man mutz es auf als hoch, als man kann, so mag man dannoch nicht erzwingen, daß Gottes Gebot dardurch aufgehaben werde. Die Doctores sagen, daß die Gelubd auch wider des Bapsts Recht unbundig sind; wie viel weniger sollen sie dann binden, Statt und Kraft haben wider Gottes Gebot!
Wo die Pflicht der Gelubd kein anderen Ursachen hätte, daß sie möchte aufgehaben werden, so hätten die Bäpst auch nicht darwider dispensiert und erlaubt. Dann es gebuhret keinem Menschen, die Pflicht, so aus gottlichen Rechten herwächst, zu zerreißen. Darum haben die Bäpste wohl bedacht, daß in dieser Pflicht ein Äguität soll gebraucht werden, und haben zum offernmal dispensiert, als mit einem Kunig von Aragon und vielen anderen. So man nun zu Erhaltung zeitlicher Dinge dispensiert hat, soll viel billiger dispensiert werden um Notdurft willen der Seelen.
Folgend, warum treibt der Gegenteil so hart, daß man die Gelubd halten muß, und siehet nicht an zuvor, ob das Gelubd seine Art hab? Dann das Gelübd soll in muglichen Sachen willig und ungezwungen sein. Wie aber die ewige Keuschheit in des Menschen Gewalt und Vermügen stehe, weiß man wohl; auch seind wenig, beide Mannes- und Weibespersonen, die von ihnen selbst, willig und wohl bedacht, das Klostergelübde getan haben. Ehe sie zum rechten Verstand kommen, so überredet man sie zum Klostergelübde, zuweilen werden sie auch dazu gezwungen und gedrungen. Darum ist es je nicht billig, daß man so schwind und hart von der Gelübde Pflicht disputiere, angesehen, daß sie alle bekennen, daß solches wider die Natur und Art des Gelübdes ist, daß es nicht williglich und mit gutem Rat und Bedacht gelobt wird.
Etlich Canones und bäpstliche Recht zurreißen die Gelubd, die unter funfzehen Jahren geschehen sein. Dann sie haltens dafur, daß man vor derselben Zeit so viel Verstands nicht hat, daß man die Ordnung des ganzen Lebens, wie dasselb anzustellen, beschließen konne. Ein ander Kanon gibt der menschlichen Schwachheit noch mehr Jahre zu; dann er verbeut, das Klostergelubd unter achtzehn Jahren zu tun. Daraus hat der meiste Teil Entschuldigung und Ursach, aus den Klostern zu gehen; dann sie des mehrern Teils in der Kindheit vor diesen Jahren in Kloster kummen seind.
Endlich, wenn gleich die Verbrechung des Klostergelubds möcht getadelt werden, so konnt aber dannoch daraus nicht erfolgen, daß man derselben Ehe zurreißen sollte. Dann Sankt Augustin sagt 26. quaest. I, cap. Nuptiarum, daß man solche Ehe nicht zurreißen soll. Nun ist je Sankt Augustin nicht in geringem Ansehen in der christlichen Kirche, ob gleich etlich hernach anders gehalten.
Wiewohl nun Gottes Gebot von dem Ehestande ihr sehr viel vom Klostergelubd frei und ledig macht, so wenden doch die Unseren noch mehr Ursachen fur, daß Klostergelubd nichtig und unbündig sei. Dann aller Gottesdienst von den Menschen ohn Gottes Gebot und Befehl eingesetzt und erwählet, Gerechtigkeit und Gottes Gnade zu erlangen, ist wider Gott und Evangelio und Gottes Befehl entgegen; wie dann Christus selbs sagt Matth. 15: “Sie dienen mir vergeblich mit Menschengeboten.” So lehret's auch Sankt Paul überall, daß man Gerechtigkeit nicht soll suchen aus unsern Geboten und Gottesdiensten, so von Menschen erdicht seind, sonder daß Gerechtigkeit und Frombheit vor Gott kommt aus dem Glauben und Vertrauen, daß wir glauben, daß uns Gott um seines einigen Sohns Christus willen zu Gnaden nimbt.
Nun ist es je am Tage, daß die Monch gelehret und gepredigt haben, daß die erdachte Geistlichkeit gnugtun fur die Sunde und Gottes Gnad und Gerechtigkeit erlangen. Was ist nun das anders, dann die Herrlichkeit und Preis der Gnade Christi vermindern und die Gerechtigkeit des Glaubens verleugnen? Darum folget aus dem, daß solche gewohnliche Gelubd unrechte, falsche Gottesdienste gewesen. Derhalben seind sie auch unbundig. Denn ein gottlos Gelübd, und das wider Gottes Gebot geschehen, ist unbündig und nichtig; wie auch die Canones lehren, daß der Eid nicht soll ein Band zur Sunde sein.
Sankt Paul sagt zun Galatern am 5.: “Ihr seid ab von Christo, die ihr durch das Gesetz rechtfertig werden wellt, und habt der Gnaden gefehlet.” Derhalben auch die, so durch Gelubd wellen rechtfertig werden, seind von Christo ab und fehlen der Gnad Gottes. Dann dieselben rauben Christo seine Ehr, der allein gerecht macht, und geben solche Ehr ihren Gelubden und Klosterleben.
Man kann auch nicht leugnen, daß die Moniche gelehret und gepredigt haben, daß sie durch ihre Gelubd und Klosterwesen und Weise gerecht werden und Vergebung der Sunden verdienen; ja sie haben noch wohl ungeschickter und umgereumbter Ding erdicht und gesaget, daß sie ihre gute Werk den anderen mitteilten. Wann nun einer dies alles wollt unglimpflich treiben und aufmutzen, wie viel Stuck kunnt er zusammenbringen, der sich die Monich auch selbs schämen und nicht wellen getan haben! Uber das alles haben sie auch die Leute des uberredt, daß die erdichte geistliche Orden Ständ seind christlicher Vollkommenheit. Dies ist ja die Werk ruhmen, daß man dadurch gerecht werde. Nun ist es nicht ein geringe Ärgernus in der christlichen Kirchen, daß man dem Volke einen solchen Gottesdienst furträgt, den die Menschen ohn Gottes Gebot erdicht haben, und lehren, daß ein solcher Gottesdienst die Menschen vor Gott frombt und gerecht mache. Dann Gerechtigkeit des Glaubens, die man am meisten in der christlichen Kirchen treiben soll, wird verdunkelt, wann den Leuten die Augen aufgesperret werden mit dieser seltsamen Engelsgeistlichkeit und falschem Furgeben des Armuts, Demut und Keuschheit.
Ueber das werden auch die Gebot Gottes und der rechte und wahre Gottesdienst dadurch verdunkelt, wenn die Leute hören, daß allein die Mönche im Stand der Vollkommenheit sein sollen. Denn die christliche Vollkommenheit ist, daß man Gott von Herzen und mit Ernst fürchtet, und doch auch eine herzliche Zuversicht und Glauben, auch Vertrauen fasset, daß wir um Christus willen einen gnädigen barmherzigen Gott haben, daß wir mügen und sollen bitten und begehren, was uns not ist, und Hilfe von ihm in allen Trübsalen gewißlich nach eines jeden Beruf und Stand gewarten, daß wir auch indes sollen äußerlich mit Fleiß gute Werke tun und unsers Berufs warten. Darin stehet die rechte Vollkommenheit und der rechte Gottesdienst, nicht im betteln oder in einer schwarzen oder grauen Kappen.
Man liest auch der Exempel viel, daß etliche Weib und Kind, auch ihr Regiment verlassen und sich in Klöster gesteckt haben. Dasselbe, haben sie gesagt, heißt aus der Welt fliehen und ein solch Leben suchen, das Gott daß gefiel denn der anderen Leben. Sie haben auch nicht können wissen, daß man Gott dienen soll in den Geboten, die er gegeben hat, und nicht in den Geboten, die von Menschen erdichtet sind. Nu ist je das ein guter und vollkommener Stand des Lebens, welcher Gottes Gebot für sich hat; das aber ist ein gefährlicher Stand des Lebens, der Gottes Gebot nicht für sich hat. Von solchen Sachen ist vonnöten gewesen den Leuten guten Bericht zu tun.
Es hat auch Gerson in Vorzeiten den Irrtumb der Moniche von der Vollkommenheit gestraft und zeigt an, daß bei seinen Zeiten dieses eine neue Rede gewesen sei, daß das Klosterleben ein Stand der Vollkommenheit sein soll.
So viel gottloser Meinung und Irrtumb kleben in den Klostergelubden; daß sie sollen rechtfertigen und frumb vor Gott machen, daß sie die christlich Vollkommenheit sein sollen, daß man damit beide, des Evangeliums Räte und Gebot, halte, daß sie haben die Übermaßwerk, die man Gott nicht schuldig sei. Dieweil dann solchs alles falsch, eitel und erdicht ist, so macht es auch die Klostergelubd nichtig und unbundig.
Von der Bischofen Gewalt ist vorzeiten viel und mancherlei geschrieben und haben manche unschicklich den Gewalt der Bischöfe und das weltliche Schwert untereinander gemengt, und sind aus diesem unordentlichen Gemeng sehr große Kriege, Aufruhr und Empörung erfolget, aus dem, daß die Bischöfe im Schein ihres Gewalts, der ihnen von Christo gegeben, nicht allein neue Gottesdienst angericht haben und mit Fürbehaltung etlicher Fälle und mit gewaltsamen Bann die Gewissen beschwert, sondern sich auch unterwunden, Kaiser und Könige zu setzen und entsetzen ihres Gefallens; welchen Frevel auch lange Zeit hiervor gelehrte und gottfürchtige Leute in der Christenheit gestraft haben.
Derhalben die Unsern zu Trost der Gewissen gezwungen sind worden die Unterschied des geistlichen und weltlichen Gewalts, Schwerts und Regiments anzuzeigen, und haben gelehret, daß man beide Regiment und Gewalt um Gottes gebots willen mit aller Andacht ehren und wohl halten soll als zwo höchste Gaben Gottes auf Erden.
Nu lehren die Unsern also, daß die Gewalt der Schlüssel oder der Bischofen sei, laut des Evangelions, ein Gewalt und Befehlich Gottes das Evangelium zu predigen, die Sünde zu vergeben und zu behalten, und die Sacrament zu reichen und zu handeln. Denn Christus hat die Apostel mit dem Befehlich ausgesandt: Gleich wie mich mein Vater gesandt hat, also sende ich euch auch. Nehmet hin den heiligen Geist; welchen ihr die Sünd erlassen werdet, den sollen sie erlassen sein, und denen ihr sie vorbehalten werdet, denen sollen sie vorbehalten sein.
Denselben Gewalt der Schlüssel oder Bischofen übet und treibet man allein mit der Lehre und Predigt Gottes Worts und mit Handreichung der Sacrament gegen vielen oder einzeln Personen, darnach der Beruf ist. Denn damit werden gegeben nicht leibliche, sondern ewige Ding und Güter, als nämlich ewige Gerechtigkeit, der heilige Geist und das ewige Leben. Diese Güter kann man anders nicht erlangen, denn durch das Amt der Predigt und durch die Handreichung der heiligen Sacrament. Denn S. Paulus spricht: Das Evangelium ist eine Kraft Gottes selig zu machen alle, die daran gläuben.
Dieweil nun die Gewalt der Kirchen oder Bischofen ewige Güter gibt, so hindert sie die Polizei und das weltliche Regiment nichts überall. Denn das weltliche Regiment gehet mit viel anderen Sachen um denn das Evangelium, welche Gewalt schützt nicht die Seelen, sondern Leib und Gut wider äußerlichen Gewalt mit dem Schwert und leiblichen Pönen.
Darum soll man die zwei Regiment, das geistliche und das weltliche, nicht ineinander mengen und werfen. Denn der geistlich Gewalt hat seinen Befehlich das Evangelium zu predigen und die Sacrament zu reichen, soll auch nicht in ein fremd Amt fallen, soll nicht Könige setzen und entsetzen, soll weltlich Gesetz und Gehorsam der Oberkeit nicht aufheben und zerrütten, soll weltlicher Gewalt nicht Gesetz machen und stellen von weltlichen Händeln, wie denn auch Christus selbst gesagt hat: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Item: Wer hat mich zu einem Richter zwischen euch gesetzt! und S. Paulus zum Philippern am 3: “Unser Bürgerschaft ist im Himmel.”.; und in der andern zun Korinth. am 10.: “Die Waffen unserer Ritterschaft sind nicht fleischlich, sondern mächtig fur Gott, zu verstören die Anschläge und alle Hohe, die sich erhebt wider die Erkanntnus Gottes.”
Diesergestalt unterscheiden die Unsern beide Regiment und Gewalt- Amt, und heißen sie beide als die höchste Gabe Gottes auf Erden in Ehren halten.
Wo aber die Bischofe weltlich Regiment und Schwert haben, so haben sie dieselbe nicht als Bischofe aus göttlichen Rechten, sondern aus menschlichen kaiserlichen Rechten, geschenkt von Kaisern und Königen zu weltlicher Verwaltung ihrer Güter, und gehet das Amt des Evangeliums gar nichts an.
Derhalben ist das bischofliche Amt nach göttlichen Rechten: das Evangelium predigen, Sünd vergeben, Lehr urteilen, und die Lehr, so dem Evangelium entgegen, verwerfen, und die Gottlosen, dero gottlos Wesen offenbar ist, aus christlicher Gemeine ausschließen, ohn menschliche Gewalt, sondern allein durch Gottes Wort. Und diesfalls sind die Pfarrleute und Kirchen schuldig den Bischöfen gehorsam zu sein, laut dieses Spruchs Christi, Lukä am 10: “Wer euch höret, der höret mich.”
Wo sie aber etwas dem Evangelio entgegen lehren, setzen oder aufrichten, haben wir Gottes Befehlich in solchem Fall, daß wir nicht sollen gehorsam sein, Matth. am 7.: “Sehet euch fur den falschen Propheten.” Und Sankt Paul zun Galat. am 1.: “So auch wir oder ein Engel vom Himmel euch ein ander Evangelium predigen wurd, der sei verflucht”; und in der 2. Epistel zun Korinth am 13.: “Wir haben kein Macht wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit”; item: “Nach der Macht, welche mir der Herr zu bessern, und nicht zu verderben gegeben hat.” Also gebeut auch das geistlich Recht 2, q.7, im Kap. “Sacerdotes” und im Kap. “Oves”. Und Sankt Augustin schreibt in der Epistel wider Petilianum, man soll auch den Bischofen, so ordentlich gewählet, nicht folgen, wo sie irren oder etwas wider die heilige gottliche Schrift lehren oder ordnen.
Daß aber die Bischofe sonst Gewalt und Gerichtszwang haben in etlichen Sachen, als nämlich Ehesachen oder Zehnten, dieselben haben sie aus Kraft menschlicher Rechte. Wo aber die Ordinarien nachläßig in solchem Amt, so sind die Fürsten schuldig, sie tuns auch gern oder ungern, hierin ihren Untertanen um Friedens willen Recht zu sprechen, zu Verhütung Unfrieden und großer Unruhe in Ländern.
Weiter disputiert man, ob auch Bischofe Macht haben, Ceremonien in der Kirchen aufzurichten, desgleichen Satzungen von Speis, Feiertagen, von unterschiedlichen Orden der Kirchendiener. Dann die den Bischofen diesen Gewalt geben, ziehen diesen Spruch Christi an, Johannes am 16.: “Ich habe euch noch viel zu sagen, ihr aber konnt es itzt nicht tragen; wenn aber der Geist der Wahrheit kummen wird, der wird euch in alle Wahrheit fuhren.” Darzu fuhren sie auch das Exempel Actuum am 15., da sie Blut und Ersticktes verboten haben. So zeucht man auch das an, daß der Sabbat in Sonntag verwandelt ist worden wider die zehen Gebot, darfur sie es achten, und wird kein Exempel so hoch getrieben und angezogen als die Verwandlung des Sabbats, und wellen damit erhalten, daß die Gewalt der Kirchen groß sei, dieweil sie mit den zehen Geboten dispensiert und etwas daran verändert hat.
Aber die unsern lehren in dieser Frag also, daß die Bischofe nicht Macht haben, etwas wider das Evangelium zu setzen und aufzurichten, wie denn obangezeigt ist und die geistlichen Rechte durch die ganze neunte Distinktion lehren. Nu ist dieses öffentlich wider Gottes Befehl und Wort, der Meinung Gesetze zu machen oder zu gebieten, daß man dadurch für die Sünde gnugtue und Gnad erlange. Denn es wird die Ehr des Verdienstes Christi verlästert, wenn wir uns mit solchen Satzungen unterwinden Gnad zu verdienen. Es ist auch am Tage, daß um dieser Meinung willen in der Christenheit menschliche Auffassung unzählig überhand genommen hat, und indes die Lehre vom Glauben und die Gerechtigkeit des Glaubens gar ist untergedruckt gewesen. Man hat täglich neue Feiertage, Heiligen eingesetzt, mit solchen Werken Gnad und alles Gute bei Gott zu verdienen. Item die menschliche Satzung aufrichten, tun und damit wider Gottes Gebot, daß sie Sünde setzen in der Speis, in Tagen und dergleichen Dingen, und beschweren also die Christenheit mit der Knechtschaft des Gesetzes, eben als müßte bei den Christen ein solcher Gottesdienst sein, Gottes Gnade zu verdienen, der gleich wäre dem levitischen Gottsdienst, welchen Gott sollt den Aposteln und Bischofen befohlen haben aufzurichten, wie dann etliche davon schreiben. Stehet auch wohl zu glauben, daß etliche Bischofe mit dem Exempel des Gesetzs Moysi sind betrogen worden. Daher so unzählig Satzungen kummen seind, daß eine Todsunde sein soll, wenn man an Feiertagen eine Handarbeit tut, auch ohn Ärgernus der anderen, daß ein Todsund sei, wenn man die Siebenzeit nachläßt, daß etliche Speise das Gewissen verunreinige, daß Fasten ein solch Werk sei, damit man Gott versuhne, daß die Sunde in einem furbehaltenen Fall werde nicht vergeben, man ersuche dann zuvor den Vorbehalter des Falls, unangesehen, daß die geistlichen Rechte nicht von Furbehaltung der Schuld, sondern von Furbehaltung der Kirchenpeen reden.
Woher haben denn die Bischofe Recht und Macht solch Aufsätze der Christenheit aufzulegen, die Gewissen zu verstricken? Dann Sankt Peter verbeut in Geschichten der Apostel am 15., das Joch auf der Jünger Hälse zu legen. Und Sankt Paul sagt zun Korinthern, daß ihnen der Gewalt, zu bessern und nicht zu verderben, gegeben sei. Warumb mehren sie dann die Sunde mit solchen Aufsätzen?
Doch hat man helle Sprüch der göttlichen Schrift, die da verbieten, solche Aufsätze aufzurichten, die Gnad Gottes damit zu verdienen, oder als sollten sie vonnöten zur Seligkeit sein. So sagt Sankt Paul zun Kolossern am 2.: “So laßt nun niemand euch Gewissen machen uber Speise oder Sabbaten, welches ist der Schatten von dem, der zukunftig wäre, aber der Korper selbs ist in Christo”; item: “So ihr dann nun gestorben seid mit Christo von den weltlichen Satzungen, was laßt ihr euch dann fangen mit Satzungen, als wäret ihr lebendig? Die da sagen: Du sollst das nicht anruhren, du sollst das nicht essen noch trinken, du sollst das nicht anlegen, welches sich doch alles unter Händen verzehret, und seind Menschen Gebot und Lehre und haben ein Schein der Weisheit.” Item Sankt Paul zum Tito am 1. verbeut offentlich, man soll nicht achten auf jüdische Fabeln und Menschengebot, welche die Wahrheit abwenden.
So redet auch Christus selbst, Matth. am 15., von denen, so die Leute auf Menschengebot treiben: “Laßt sie fahren, sie seind der Blinden Blindenleiter”; und verwirft solche Gottesdienst und sagt: “Alle Pflanzen, die mein himmlischer Vater nicht pflanzet hat, die werden ausgereut.”
So nun die Bischofen Macht haben, die Kirchen mit unzähligen Aufsätzen zu beschweren und die Gewissen zu verstricken, warumb verbeut dann die gottlich Schrift so oft, die menschliche Aufsätze zu machen und zu horen? Warumb nennet sie dieselben Teufelslehren? Sollt dann der heilig Geist solchs alles vergeblich verwarnet haben?
Derhalben dieweil solcher Ordnung als nötig aufgericht, damit Gott zu versühnen, und Gnad zu verdienen, dem Evangelio entgegen sind, so ziemt sich keineswegs den Bischofen solche Gottesdienst zu erzwingen. Denn man muß in der Christenheit die Lehre von der christlichen Freiheit behalten, als nämlich, daß die Knechtschaft des Gesetzes nicht nötig ist zur Rechtfertigung, wie dann Sankt Paul zun Galatern schreibt am 5.: “So bestehet nun in der Freiheit, damit uns Christus befreiet hat, und laßt euch nicht wiederumb in das knechtische Joch verknupfen.” Denn es muß je der fürnehmste Artikel des Evangeliums erhalten werden, daß wir die Gnade Gottes durch den Glauben an Christum ohn unser Verdienst erlangen, und nicht durch Dienst von Menschen eingesetzt, verdienen.
Was soll man denn halten vom Sonntag und dergleichen andern Kirchenordnung und Ceremonien? Dazu geben die Unsern diese Antwort, daß die Bischofe oder Pfarrherr mögen Ordnung machen, damit es ordentlich in der Kirchen zugehe, nicht damit Gottes Gnad zu erlangen, auch nicht damit fur die Sunde gnugzutun oder die Gewissen damit zu verbinden, solchs fur notige Gottsdienst zu halten und es dafur zu achten, daß sie Sunde täten, wenn sie ohn Ärgernus dieselben brechen. Also hat Sankt Paul zun Korinthern verordnet, daß die Weiber in der Versamblung ihre Haupt sollen decken; item, daß die Prediger in der Versamblung nicht zugleich alle reden, sonder ordentlich, einer nach dem andern.
Solche Ordnung gebührt der christlichen Versammlung um der Liebe und Friedens willen zu halten, und den Bischofen und Pfarrherrn in diesen Fällen gehorsam zu sein, und dieselben sofern zu halten, daß einer den anderen nicht ärgere, damit in der Kirchen keine Unordnung oder wüstes Wesen sei; doch also, daß die Gewissen nicht beschwert werden, daß man's fur solche Ding halte, die not sein sollten zur Seligkeit, und es dafur achten, daß sie Sunde täten, wenn sie dieselben ohn der anderen Ärgernus brechen; wie dann niemands sagt, daß das Weib Sund tue, die mit bloßem Haupt ohn Ärgernus der Leute ausgeht.
Also ist die Ordnung vom Sonntag, von der Osterfeier, von den Pfingsten und dergleichen Feier und Weise. Denn die es dafür achten, daß die Ordnung vom Sonntag für den Sabbath als nötig aufgerichtet sei, die irren sehr. Denn die heilige Schrift hat den Sabbath abgetan und lehret, daß alle Ceremonien des alten Gesetzes nach Eröffnung des Evangelions mögen nachgelassen werden und dennoch, weil vonnöten gewesen ist einen gewissen Tag zu verordnun, auf daß das Volk wüßte, wann es zusammen kommen sollte, hat die christliche Kirche den Sonntag dazu verordnet und zu dieser Veränderung desto mehr Gefallens und Willens gehabt, damit die Leut ein Exempel hätten der christlichen Freiheit, daß man wüßte, daß weder die Haltung des Sabbaths noch eines anderen Tags vonnöten sei.
Es sind viel unrichtige Disputation von der Verwandlung des Gesetzes, von den Ceremonien des neuen Testaments, von der Veränderung des Sabbaths, welche alle entsprungen sind aus falscher und irriger Meinung, als müßte man in der Christenheit einen solchen Gottesdienst haben, der dem levitischen oder jüdischen gemäß wäre, und als sollt Christus den Aposteln und Bischofen befohlen haben neue Ceremonien zu erdenken, die zur Seligkeit nötig wären. Dieselben Irrtum haben sich in die Christenheit eingeflochten, da man die Gerechtigkeit des Glaubens nicht lauter und rein gelehret und gepredigt hat. Etliche disputieren also vom Sonntage, daß man ihn halten müsse, wiewohl nicht aus gottlichen Rechten, dennoch schie als viel als aus göttlichen Rechten; stellen Form und Maß, wiefern man am Feiertag arbeiten moge. Was seind aber solche Disputationes anders denn Fallstricke des Gewissens? Dann wiewohl sie sich unterstehen, menschliche Aufsätze zu lindern und epikeiziern, so kann man doch keine epikeia oder Linderung treffen, solange die Meinung stehet und bleibet, als sollten sie vonnoten sein. Nun muß dieselb Meinung bleiben, wenn man nichts weiß von der Gerechtigkeit des Glaubens und von der christlichen Freiheit.
Die Apostel haben geheißen, man soll sich enthalten des Blutes und Erstickten. Wer hält's aber itzo? Aber dennoch tun die kein Sund, die es nicht halten; dann die Apostel haben auch selbst die Gewissen nicht wellen beschweren mit solcher Knechtschaft, sondern haben's umb Ärgernus willen ein Zeitlang verboten. Dann man muß Achtung haben in dieser Satzung auf das Hauptstuck christlicer Lehre, das durch dieses Dekret nicht aufgehoben wird.
Man hält schier kein alte Canones, wie sie lauten; es fallen auch derselben Satzungen täglich viel weg, auch bei denen, die solche Aufsätze allerfleißigst halten. Da kann man den Gewissen nicht raten noch helfen, wo diese Linderung nicht gehalten wird, daß wir wissen, solche Aufsätze, also zu halten, daß man's nicht dafur achte, daß sie notig sein, daß auch den Gewissen unschädlich sei, obgleich solche Aufsätze fallen.
Es wurden aber die Bischof leichlich den Gehorsam erhalten, wo sie nicht darauf drungen, diejenigen Satzungen zu halten, so doch ohn Sund nicht mogen gehalten werden. Itzo aber tun sie ein Ding und verbieten beide Gestalten des heiligen Sakraments, item den Geistlichen den Ehestand, nehmen niemands auf, er tu dann zuvor ein Eid, er welle diese Lehr, so doch ohn Zweifel dem heiligen Evangelio gemäß ist, nicht predigen.
Unsere Kirchen begehren nicht, daß die Bischofen mit Nachteil ihrer Ehre und Würden wiederumb Fried und Einigkeit machen, wiewohl solches den Bischofen in der Not auch zu tun gebuhrt; allein bitten sie darum, daß die Bischofen etlich unbillige Beschwerung nachlassen, die doch vorzeiten auch in der Kirchen nicht gewesen und angenommen sein wider den Gebrauch derchristlichen gemeinen Kirchen; welche vielleicht im Anheben etlich Ursach gehabt, aber sie reimen sich nicht zu unsern Zeiten. So ist's auch unleugbar, daß etlich Satzungen aus Unverstand angenommen seind. Darum sollten die Bischofe der Gutigkeit sein, dieselbigen Satzungen zu miltern, sintemal eine solche Änderung nichts schadet, die Einigkeit christlicher Kirchen zu erhalten. Denn viel Satzung, von Menschen aufkommen, seind mit der Zeit selbst gefallen und nicht notig zu halten, wie die bäpstlichen Rechtselbs zeugen. Kann's aber je nicht sein, er auch bei ihnen nicht zu erhalten, daß man solche menschliche Satzung mäßige und abtu, welche man ohn Sund nicht kann halten, so mussen wir der Apostel Regel folgen, die uns gebeut, wir sollen Gott mehr gehorsam sein denn den Menschen.
Sankt Peter verbeut den Bischofen die Herrschaft, als hätten sie Gewalt, die Kirchen, worzu sie wollten, zu zwingen. Jetzt gehet man nicht damit umb, wie man den Bischofen ihr Gewalt nehme, sondern man bittet und begehrt, sie wollten die Gewissen nicht zu Sunden zwingen. Wenn sie aber solches nicht tun werden und diese Bitte verachten, so mogen sie gedenken, wie sie deshalben Gott werden Antwort geben müssen, dieweil sie mit solcher ihrer Härtigkeit Ursach geben zu Spraltung und Schisma, das sie doch billig sollen verhuten helfen.
Dies seind die furnehmsten Artikel, die fur streitig geachtet werden. Dann wiewohl man viel mehr Mißbräuche und Unrichtigkeit hätt anziehen konnen, so haben wir doch, die Weitläufigkeit und Länge zu verhuten, allein die furnehmsten vermeldet, daraus die anderen leichtlich zu ermessen. Dann man hat in Vorzeiten sehr geklagt uber den Ablaß, uber Wallfahrten, uber Mißbrauch des Banns. Es hatten auch die Pfarrer unendliche Gezänke mit den Monichen von wegen des Beichthorens, des Begräbnis, der Beipredigten und unzähliger anderer Stuck mehr. Solchs alles haben wir im Besten und umb Glimpfs willen ubergangen, damit man die furnehmbsten Stucke in dieser Sachen dester daß vermerken mocht. Darfur soll es auch nicht gehalten werden, daß in dem jemands ichtes zu Haß wider oder Unglimpf geredet oder angezogen sei, sonder wir haben allein die Stuck erzählt, die wir für notig anzuziehen und zu vermelden geacht haben, damit man daraus dester daß zu vernehmen habe, daß bei uns nichts, weder mit Lehre noch mit Ceremonien, angenommen ist, das entweder der heiligen Schrift oder gemeiner christlichen Kirchen zuentgegen wäre. Dann es ist je am Tage und offensichtlich, daß wir mit allem Fleiß, mit Gottes Hilf (ohne Ruhm zu reden) verhutt haben, damit je kein neue und gottlose Lehre sich in unseren Kirchen einflöchte, einreihe und uberhand nähme.
Die abgemeldten Artikel haben wir dem Ausschreiben nach ubergeben wollen, zu einer Anzeigung unser Bekenntnus und der Unsern Lehre. und ob jemands befinden wurde, der daran Mangel hätt, dem ist man ferneren Bericht mit Grund gottlicher heiliger Geschrift zu tun urpietig.
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