Dieses Bekenntnis wurde 1530 Seiner Majestät Karl V. in Augsburg von Philip Melanchthon (1497-1560) überreicht.
Erstlich wird einträchtiglich gelehret und gehalten, laut des Beschluß concilii Nicaeni, daß ein einig göttlich Wesen sei, welches genannt wird und wahrhaftiglich ist Gott, und seind doch drei Personen in demselben einigen göttlichen Wesen, gleich gewaltig, gleich ewig, ohne Stück, ohne End, unermeß- licher Macht, Weisheit und Güte, ein Schöpfer und Erhalter aller sichtbaren und unsichtbaren Ding. Und wird durch das Wort Persona nicht verstanden ein Stück, nicht ein Eigenschaft in einem anderen, sondern das selbst bestehet wie denn die Väter in dieser Sachen dies Wort gebraucht haben.
Derhalben werden verworfen alle Ketzereien, so diesem Artikel zuwider seind, als Manichäi, die zween Götter gesetzt haben, ein bosen und ein guten, item Valentiniani, Ariani, Eunomiani, Mahometisten und alle dergleichen, auch Samosateni, alte und neue, so nur ein Person setzen und von diesen zweien, Wort und heilig Geist, Sophisterei machen und sagen, daß es nicht müssen unterschiedene Personen sein, sondern Wort bedeut leiblich Wort oder Stimm, und der heilig Geist sei erschaffene Regung in Kreaturen.
Weiter wird bei uns gelehret, daß nach Adams Fall alle Menschen, so natürlich geboren werden, in Sünden empfangen und geboren werden, das ist, daß sie alle von Mutterleibe an voller böser Lust und Neigung sind und keine wahre Gottesfurcht, kein wahren Glauben an Gott, von Natur haben können: daß auch dieselbige angeborene Seuche und Erbsünde wahrhaftiglich Sünde sei, und verdamme alle die unter ewigen Zorn Gottes, so nicht durch die Taufe und heiligen Geist wiederum neu geborn werden.
Hieneben werden verworfen die Pelagianer und andere, so die Erbsund nicht für Sund halten, damit sie die Natur fromm machen durch naturlich Kräft, zu Schmach dem Leiden und Verdienst Christi.
Item, es wird gelehret, daß Gott der Sohn sei Mensch worden, geboren aus der reinen Jungfrauen Maria, und daß die zwo Naturen, göttliche und menschliche, in einer Person, also unzertrennlich vereinigt, ein Christus sind, welcher wahr Gott und wahr Mensch ist, wahrhaftig geboren, gelitten, gekreuziget, gestorben und begraben, daß er ein Opfer wäre, nicht allein für die Erbsünde, sondern auch für alle andere Sünde, und Gottes Zorn versühnete.
Item daß derselbige Christus sei abgestiegen zur Hölle, wahrhaftig am dritten Tage von den Toten auferstanden, aufgefahren gen Himmel, sitzend zur Rechten Gottes, daß er ewig herrsche über alle Kreaturen und regiere, daß er alle, so an ihn glauben, durch den heiligen Geist heilige, reinige, stärke und tröste, ihnen auch Leben und allerlei Gaben und Güter austeile und wider den Teufel und wider die Sünde schütze und beschirme.
Item, daß derselbige Herr Christus endlich wird öffentlich kommen, zu richten die Lebendigen und die Toten, etc. laut des Symboli Apostolorum.
Weiter wird gelehret, daß wir Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit für Gott nit erlangen mügen durch unser Verdienst, Werk und Gnugtun, sondern daß wir Vergebung der Sünden bekommen und vor Gott gerecht werden aus Gnaden um Christus willen durch den Glauben, so wir gläuben, daß Christus für uns gelitten hat, und daß uns um seinet- willen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird. Denn diesen Glauben will Gott für Gerechtigkeit vor ihm halten und zurechnen, wie St. Paulus sagt zun Römern am 3. und 4.
Solchen Glauben zu erlangen hat Gott das Predigtamt eingesetzt, Evangelium und Sacrament gegeben, dadurch er, als durch Mittel, den heiligen Geist gibt, welcher den Glauben, wo und wann er will, in denen, so das Evangelium hören, wirket, welches da lehret, daß wir durch Christus Verdienst, nicht durch unser Verdienst, einen gnädigen Gott haben, so wir solches gläuben.
Und werden verdammt die Wiedertaufer und andere, so lehren, daß wir ohn das leiblich Wort des Evangelii den heiligen Geist durch eigene Bereitung, Gedanken und Werk erlangen.
Auch wird gelehret, daß solcher Glaub gute Früchte und gute Werke bringen soll, und daß man müsse gute Werke tun, allerlei, so Gott geboten hat, um Gottes willen, doch nicht auf solche Werk zu vertrauen, dadurch Gnade vor Gott zu verdienen. Denn wir empfahen Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit durch den Glauben an Christum, wie Christus selbst spricht Luk. 17: So ihr dies alles getan habt, sollt ihr sprechen: wir sind untüchtige Knechte. Also lehren auch die Väter. Denn Ambrosius spricht: Also ists beschlossen bei Gott, daß, wer an Christum gläubt, selig sei und nicht durch Werk, sondern allein durch den Glauben Verdienst Vergebung der Sünden habe.
Es wird auch gelehret, daß alle Zeit müsse eine heilige christliche Kirche sein und bleiben, welche ist die Versammlung aller Gläubigen, bei welchen das Evangelium rein gepredigt und die heilige Sacrament laut des Evangelii gereicht werden.
Denn dieses ist genug zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirchen, daß da einträchtiglich nach reinem Verstand das Evangelium gepredigt und die Sacrament dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden. Und ist nicht Not zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirchen, daß allenthalben gleichförmige Ceremonien, von den Menschen eingesetzt, gehalten werden, wie Paulus spricht Ephes 4: Ein Leib, ein Geist, wie ihr berufen seid zu einerlei Hoffnung eures Berufs, ein Herr, ein Glaub, ein Taufe.
Item, wiewohl die christliche Kirche eigentlich nicht anders ist dann die Versammlung aller Gläubigen und Heiligen, jedoch dieweil in diesem Leben viel falscher Christen und Heuchler, auch offentlicher Sünder unter den Frommen bleiben, so sind die Sakrament gleichwohl kräftig, obschon die Priester, dadurch sie gereicht werden, nicht fromm sind, wie dann Christus selbs anzeigt: Auf dem Stuhl Moysi sitzen die Pharisäer etc.
Derhalben werden die Donatisten und alle andere verdammt, so anderst halten.
Von der Taufe wird gelehret, daß sie nötig sei und daß dadurch Gnade angeboten werde, daß man auch die Kinder täufen soll, welche durch solche Tauf Gott überantwort und gefällig werden.
Derhalben werden die Wiedertaufer verworfen, welche lehren, daß die Kindertauf nicht recht sei.
Vom Abendmahl des Herrn wird also gelehret, daß wahrer Leib und Blut Christi wahrhaftiglich unter der Gestalt des Brots und des Weins im Abendmahl gegenwärtig sei und da ausgeteilt und genommen wird. Derhalben wird auch die Gegenlehr verworfen.
Von der Beichte wird also gelehrt, daß man in der Kirche privatam absolutionem erhalten und nicht fallen lassen soll, wiewohl in der Beicht nicht not ist, alle Missetat und Sünden zu erzählen, dieweil doch solches nicht muglich ist. Psalm 19,13: Wer kennt die Missetat?
Von der Buße wird gelehret, daß diejenigen, so nach der Taufe gesündigt haben, zu aller Zeit, so sie zur Buße kommen, mögen Vergebung der Sünden erlangen, und ihnen die Absolution von der Kirche nicht soll geweigert werden. Und ist wahre rechte Buße eigentlich Reu und Leid oder Schrecken haben über die Sünde, und doch daneben gläuben an das Evangelium und Absolution, daß die Sünde vergeben und durch Christum Gnad erworben sei, welcher Glaube wiederum das Herz tröstet und zufrieden macht. Darnach soll auch Besserung folgen, und daß man von Sünden lasse; denn dies sollen die Früchte der Buße sein wie Johannes spricht Matth.3: Wirket rechtschaffene Frucht der Buß.
Hie werden verworfen die, so lehren, daß diejenigen, so einst seind fromm worden, nicht wieder fallen mugen.
Dagegen auch verden verdammt die Novatiani, welche die Absolution denen, so nach der Tauf gesündigt hatten, weigerten.
Auch werden die verworfen, so nicht lehren, daß man durch Glauben Vergebung der Sünde erlange, sondern durch unser Genugtun.
Vom Brauch der Sacramenten wird gelehret, daß die Sacrament eingesetzt sind nicht allein darum, daß sie Zeichen sein, dabei man äußerlich die Christen kennen möge, sondern daß es Zeichen und Zeugnis sind göttliches Willens gegen uns, unsern Glauben dadurch zu erwecken und zu stärken, derhalben sie auch Glauben fordern und dann recht gebraucht werden, so mans im Glauben empfängt und den Glauben dadurch stärket.
Vom Kirchen-Regiment wird gelehret, daß niemand in der Kirchen öffentlich lehren oder predigen, oder Sacrament reichen soll ohne ordentlichen Beruf.
Von Kirchen-Ordnungen, von Menschen gemacht, lehret man diejenigen halten, so ohne Sünde mügen gehalten werden und zu Frieden, zu guter Ordnung in der Kirchen dienen, als gewisse Feier, Feste und dergleichen. Doch geschieht Unterricht dabi, daß man die Gewissen nicht damit beschweren soll; als sei solch Ding nötig zur Seligkeit.
Darüber wird gelehret, daß alle Satzungen und tradition, von Menschen dazu gemacht, daß man dadurch Gott versühne und Gnad verdiene, dem Evangelio und der Lehre vom Glauben an Christum entgegen seind; derhalben sein Klostergelübde und andere Tradition von Unterschied der Speise, Tag usw., dadurch man vermeint Gnade zu verdienen und für Sünde gnug zu tun, untüchtig und wider das Evangelium.
Von Polizei und weltlichem Regiment wird gelehret, daß alle Oberkeit in der Welt und geornete Regiment und Gesetze gut Ordnung von Gott geschaffen und eingesetzt sind, und daß Christen mögen in Oberkeit-, Fürsten- und Richter-Amt ohne Sünde sein, nach kaiserlichen und anderen üblichen Rechten Urteil und Recht sprechen, Uebeltäter mit dem Schwert strafen, rechte Kriege führen, streiten, käufen und verkäufen, aufgelegte Eide tun, eigens haben, ehrlich sein etc.
Hie werden diejenigen verdammt, so lehren, daß christliche Vollkommenheit sei, Haus und Hof, Weib und Kind, leiblich verlassen und sich der vorberührten Stück [ent]äußern; so doch dies allein rechte Vollkommenheit ist: rechte Furcht Gottes und rechter Glaube an Gott.
Denn das Evangelium lehret nicht ein äußerlich, zeitlich, sondern innerlich, ewig Wesen und Gerechtigkeit des Herzens und stößt nicht um weltlich Regiment, Polizei und Ehestand, sondern will, daß man solches alles halte als wahrhaftige Ordnung, und in solchen Ständen christliche Liebe und rechte gute Werke, ein jeder nach seinem Beruf, beweise.
Derhalben sind die Christen schuldig, der Oberkeit untertan und ihren Geboten gehorsam zu sein in allem, so ohne Sünde geschehen mag. Denn so der Oberkeit Gebot ohn Sünde nicht geschehen mag, soll man Gott mehr gehorsam sein denn den Menschen. Actuum 5.
Auch wird gelehret, daß unser Herr Jesus Christus am jüngsten Tage kommen wird zu richten, und alle Toten auferwecken, den Gläubigen und Auserwählten ewiges Leben und ewige Freude geben, die gottlosen Menschen aber und die Teufel in die Hölle und ewige Strafe verdammen.
Derhalben werden die Wiedertaufer verworfen, so lehren, daß die Teufel und verdammte Menschen nicht ewige Pein noch Qual haben werden.
Item, werden hie verworfen auch etlich judisch Lehren, die sich auch itzund eräugen, daß vor der Auferstehung der Toten eitel Heilige, Fromme ein weltlich Reich haben und alle Gottlosen vertilgen werden.
Vom freien Willen wird gelehret, daß der Mensch etlichermaßen einen freien Willen hat, äußerlich ehrbar zu leben und zu wählen unter denen Dingen, so die Vernunft begreift; aber ohne Gnad, Hilfe und Wirkung des heiligen Geistes vermag der Mensch nicht Gott gefällig werden, Gott herzlich zu fürchten oder zu gläuben, oder die angeborene böse Lust aus dem Herzen zu werfen; sondern solchs geschieht durch den heiligen Geist, welcher durch Gottes Wort gegeben wird. Dann Paulus spricht 1. Korinth. 2: Der naturlich Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes.
Und damit man erkennen muge, daß hierin kein Neuigkeit gelehret wird, so seind das die klaren Worte Augustini vom freien Willen, die beigeschrieben aus dem dritten Buch Hypognosticon: Wir bekennen, daß in allen Menschen ein freier Will ist; denn sie haben je alle naturlich angeborn Verstand und Vernunft, nicht daß sie etwas vermugen mit Gott zu handeln, als: Gott von Herzen zu lieben, zu fürchten, sonder allein in Werken dieses Lebens haben sie Freiheit, Gutes oder Böses zu wählen. Gut meine ich, das die Natur vermag, als auf dem Acker zu arbeiten oder nicht, zu essen, zu trinken, zu einem Freund zu gehen oder nicht, ein Kleid an- oder auszutun, zu bauen, ein Handwerk zu treiben und dergleichen etwas Nutzlichs und Guts zu tun. Welches alles doch ohne Gott nicht ist noch bestehet, sonder alles aus ihme und durch ihne ist. Dagegen kann der Mensch auch Böses aus eigner Wahl vornehmen, als vor einem Abgott niederzuknieen, einen Totschlag zu tun etc.
Von Ursach der Sünden wird bei uns gelehret, daß, wiewohl Gott der Allmächtige die ganze Natur geschaffen hat und erhält, so wirket doch der verkehrte Wille die Sünde in allen Bösen und Verächtern Gottes, wie denn des Teufels Wille ist und aller Gottlosen, welcher alsbald, so Gott die Hand abgetan, sich von Gott zum argen gewandt hat, wie Christus spricht #Joh 8:44 . Der Teufel redet Lügen aus seinem eigen.
Den Unsern wird mit Unwahrheit aufgelegt, daß sie gute Werke verbieten. Denn ihre Schriften von Zehen Geboten und andere beweisen, daß sie von rechten christlichen Ständen und Werken guten nützlichen Bericht und Ermahnung getan haben, davon man vor dieser Zeit wenig gelehret hat, sondern allermeist in allen Predigten auf kindische, unnötige Werke, als Rosenkränze, Heiligen-Dienst, Mönchewerden, Wallfahrten, gesatzte Fasten, Feier, Brüderschaften usw. getrieben. Solche unnotige Werke ruhmt auch unser Widerpart nu nicht mehr so hoch als vorzeiten. Darzu haben sie auch gelernet, nu vom Glauben zu reden, davon sie doch in Vorzeiten gar nichts geprediget haben; lehren dannoch nu, daß wir nicht allein aus Werken gerecht werden fur Gott, sondern setzen den Glauben an Christum darzu, sprechen, Glauben und Werk machen uns gerecht fur Gott; welche Rede etwas mehr Trosts bringen mag, dann so man allein lehret auf Werk zu vertrauen.
Dieweil nu die Lehr vom Glauben, die das Häuptstück ist in christlichem Wesen, so lange Zeit, wie man bekennen muß, nicht getrieben worden, sondern allein Werkslehre an allen Orten gepredigt, ist davon durch die Unsern solcher Unterricht geschehen: Erstlich, daß uns unsere Werk nicht mögen mit Gott versöhnen und Gnade erwerben, sondern solchs geschieht allein durch den Glauben, so man gläubt, daß uns um Christus willen die Sünde vergeben werden, welcher allein der Mittler ist, den Vater zu versöhnen. Wer nu vermeint solchs durch Werk auszurichten und Gnade zu verdienen, der verachtet Christum und sucht ein eigen Weg zu Gott wider das Evangelium.
Diese Lehre vom Glauben ist offentlich und klar im Paulo an vielen Orten gehandelt, sonderlich zun Ephesern 2: Aus Gnaden seid ihr selig worden durch den Glauben, und dasselbig nicht aus euch, sondern es ist Gottes Gab, nicht aus Werken, damit sich niemands ruhme etc.
Und daß hierin kein neuer Verstand eingefuhrt sei, kann man aus Augustino beweisen, der diese Sache fleißig handelt und auch also lehret, daß wir durch den Glauben an Christum Gnad erlangen und fur Gott gerecht werden, und nicht durch Werk, wie sein ganz Buch De spiritu et litera ausweiset.
Wiewohl nun diese Lehre bei unversuchten Leuten sehr veracht wird, so befindet sich doch, daß sie den bloden und erschrockenen Gewissen sehr trostlich und heilsam ist. Das Gewissen kann nicht zu Ruhe und Frieden kommen durch Werk, sondern allein durch Glauben, so es bei sich gewißlich schleußt, daß es um Christus willen einen gnädigen Gott hab, wie auch Paulus spricht Rom. 5.: So wir durch den Glauben sind gerecht worden, haben wir Ruhe und Frieden vor Gott. Diesen Trost hat man vorzeiten nicht getrieben in Predigten, sonder die armen Gewissen auf eigne Werk trieben, und sind mancherlei Werk furgenommen.
Etliche hat das Gewissen in die Klöster gejagt, der Hoffnung daselbst Gnade zu erwerben durch Klosterleben, etliche haben andere Werk erdacht, damit Gnade zu verdienen und für Sünde genug zu tun. Derselbigen viel haben erfahren, daß man dadurch nicht ist zu Frieden kommen. Darum ist not gewesen diese Lehr vom Glauben an Christum zu predigen und fleißig zu treiben, daß man wisse, daß man allein durch den Glauben, ohn Verdienst, Gottes Gnade ergreifet. Es geschieht auch Unterricht, daß man hie nicht von solchem Glauben redet, den auch die Teufel und Gottlosen haben, die auch die Historien glauben, daß Christus gelitten hab und auferstanden sei von Toten, sonder man redet von wahrem Glauben, der da glaubet, daß wir durch Christum Gnad und Vergebung der Sunde erlangen. Und der nun weiß, daß er einen gnädigen Gott durch Christum hat, kennet also Gott, rufet ihn an und ist nicht ohn Gott wie die Heiden. Dann Teufel und Gottlosen glauben diesen Artikel, Vergebung der Sunde, nicht; darum seind sie Gott feind, konnen ihne nicht anrufen, nichts Guts von ihme hoffen. Und also, wie jetzt angezeigt ist, redet die Schrift vom Glauben, und heißet nicht Glauben ein solches Wissen, das Teufel und gottlose Menschen haben. Dann also wird vom Glauben gelehret ad Hebraeos am 11., daß Glauben sei nicht allein die Historien wissen, sonder Zuversicht haben zu Gott, seine Zusag zu empfahen. Und Augustinus erinnert uns auch, daß wir das Wort Glauben in der Schrift verstehen sollen, daß es heiße Zuversicht zu Gott, daß er uns gnädig sei, und heiße nicht allein solche Historien wissen, wie auch die Teufel wissen.
Ferner wird gelehrt, daß gute Werk sollen und müssen geschehen, nicht daß man darauf vertraue, Gnade damit zu verdienen, sondern um Gottes willen und Gott zu Lob. Der Glaub ergreift allzeit allein Gnad und Vergebung der Sünde. Und dieweil durch den Glauben der heilige Geist gegeben wird, so wird auch das Herz geschickt gute Werk zu tun. Dann zuvorn, dieweil es ohn den heiligen Geist ist, so ist es zu schwach; darzu ist es ins Teufel Gewalt, der die arme menschliche Natur zu viel Sunden treibet, wie wir sehen in den Philosophen, welche sich unterstanden, ehrlich und unsträflich zu leben, haben aber dannoch solches nicht ausgericht, sonder seind in viel große offentliche Sunde gefallen. Also gehet es mit dem Menschen, so er außer dem rechten Glauben ohn den heiligen Geist ist und sich allein durch eigne menschliche Kraft regieret.
Derhalben ist die Lehr vom Glauben nicht zu schelten, daß sie gute Werk verbiete; sondern vielmehr zu rühmen, daß sie lehre gute Werk zu tun, und Hilf anbiete, wie man zu guten Werken kommen möge. Denn außer dem Glauben und außerhalt Christo ist menschliche Natur und Vermögen viel zu schwach gute Werk zu tun, Gott anzurufen, Geduld zu haben im Leiden, den Nächsten zu lieben, befohlene Ämter fleißig auszurichten, gehorsam zu sein, böse Lust zu meiden. Solche hohe und rechte Werk mögen nicht geschehen ohne die Hilf Christi, wie er selbst spricht Joh. 15: Ohne mich könnt ihr nichts tun.
Vom Heiligendienst wird von den Unsern also gelehret, daß man der Heiligen gedenken soll, auf daß wir unsern Glauben stärken, so wir sehen, wie ihnen Gnade wiederfahren, auch wie ihnen durch Glauben geholfen ist; dazu daß man Exempel nehme von ihren guten Werken, ein jeder nach seinem Beruf, gleichwie Kaiserliche Majestät seliglich und gottlich dem Exempel Davids folgen mag, Krieg wider den Turken zu fuhren; denn beide sind sie in koniglichem Amt, welches Schutz und Schirm ihrer Untertanen fordert.
Durch Schrift aber mag man nicht beweisen, daß man die Heiligen anrufen, oder Hilf bei ihnen suchen soll. Denn es ist allein ein einiger Versühner und Mittler gesetzt zwischen Gott und den Menschen, Jesus Christus, 1.Timoth.2, welcher ist der einige Heiland, der einig oberst Priester, Gnadenstuhl und Fursprech fur Gott, Rom. 8. Und der hat allein zugesagt, daß er unser Gebet erhoren welle. Das ist auch der hochste Gottesdienst nach der Schrift, daß man denselbigen Jesum Christum in allen Noten und Anliegen von Herzen suche und anrufe: So jemand sundiget, haben wir einen Fursprecher bei Gott, der gerecht ist, Jesum etc.
Dies ist fast die Summe der Lehre, welche in unseren Kirchen zu rechtem christlichen Unterricht und Trost der Gewissen, auch zu Besserung der Glaubigen gepredigt und gelehret ist; wie wir dann unsere eigene Seelen und Gewissen je nicht gern wollten fur Gott mit Mißbrauch gottlichen Namens oder Wortes in die hochste großte Gefahr setzen oder auf unsere Kinder und Nachkommen eine andere Lehre, dann so dem reinen gottlichen Wort und christlicher Wahrheit gemäß, fällen oder erben. So dann dieselbige in heiliger Schrift klar gegrundet und darzu gemeiner christlichen, ja auch romischer Kirchen, so viel aus der Väter Schriften zu vermerken, nicht zuwider noch entgegen ist, so achten wir auch, unsere Widersacher konnen in obangezeigten Artikeln nicht uneinig mit uns sein. Derhalben handeln diejenigen ganz unfreundlich, geschwind und wider alle christliche Einigkeit und Lieb, so die Unseren derhalben als Ketzer abzusondern, zu verwerfen und zu meiden, ihnen selbst ohne einigen beständigen Grund gottlicher Gebot oder Schrift vornehmen.
Dann die Irrung und Zank ist vornehmlich über etlichen Traditionen und Mißbräuchen. So denn nun an den Hauptartikeln kein befindlicher Ungrund oder Mangel, und dies unser Bekenntnis gottlich und christlich ist, sollten sich billig die Bischofe, wann schon bei uns der Tradition halben ein Mangel wäre, gelinder erzeigen, wiewohl wir verhoffen, beständigen Grund und Ursach darzutun, warumb bei uns etliche Tradition und Mißbräuch geändert seind.
Teil 2 des Augsburger Bekenntnisses (1530)