von
Wolfgang Schneider
In der Studie Die Geburt Christi und die Bibel wurde ersichtlich, dass die Festlegung des Geburtsjahres Jesu auf 1 AD auf einem Irrtum bei der Gregorianischen Kalenderreform im 16. Jahrhundert n.Chr. beruht und die Geburt Jesu sich anhand der in den biblischen Berichten gemachten Angaben auf das Jahr 3 (2) v.Chr. festlegen lässt.
Wie zuvor ebenfalls schon erwähnt, wurde der 25. Dezember als der Geburtstag Jesu erst im 4. Jahrhundert durch den Papst festgelegt, wobei es sich eigentlich um eine "Um-Etikettierung" eines heidnischen Festes handelte. Nun wollen wir erörtern, ob es anhand der Berichte in den Evangelien und anderer Stellen in der Schrift möglich ist, die wahre Jahreszeit bzw. den Tag der Geburt Jesu näher zu bestimmen.
Im Buch der Offenbarung berichtet Johannes in Kapitel 12,1ff von einer Vision von einem Zeichen am Himmel, in welchem verschiedene Aspekte bzgl. des kommenden Messias erwähnt werden. Die Sprache ist voller Symbole, und verweist gleichzeitig auch auf bestimmte Positionen von Sternbildern am Himmel mit Angaben zu Position und Beziehung zu anderen Gestirnen.
Off 12,1-3
Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen
und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.
Und sie war schwanger und schrie in Kindsnöten und hatte große Qual bei der Geburt.
Und es erschien ein anderes Zeichen am Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter
und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen,
Die erwähnte Position der Frau, am Sternenhimmel die Konstellation Virgo (Jungfrau), "mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen" beschreibt die Stellung von Virgo, Sonne und Mond. Die Sonne durchläuft in einem Jahr die 12 Konstellationen und befand sich im Jahr 3/2 v.Chr. zwischen Ende August und Mitte September in Virgo. Die genaue Position am westlichen Horizont, da die Sonne kurz vor Sonnenuntergang vor Virgo stand und der Mond unter den Füßen der Virgo sichtbar wurde, ergab sich am Abend des 11. September 3 v.Chr. bzw. nach anderer Berechnung am Abend des 30. August 2 v.Chr.
Bemerkenswert ist dabei, dass mit diesem Tag, an dem der Mond erstmals wieder als Neumondsichel sichtbar war, im jüdischen Kalender der Monat Tischri begann. Dieses Detail der Vision des Johannes weist uns darauf hin, dass Jesus am 1. Tischri geboren wurde. Nach dem Auszug aus Ägypten wurde der Kalender der Israeliten neu geordnet, und Nisan im Frühjahr wurde zum 1. Monat bestimmt, Tischri war nunmehr der 7. Monat. Der 1. Tischri war der Tag der Posaunen, an dem die schofar (Widderhörner) geblasen wurden. Der 1. Tischri war dabei ein besonderes Fest, da Tischri als Beginn des zivilen Jahres (Nisan als der Beginn des "heiligen" Jahres) galt. Die Jahre der Könige in Israel wurde von Tischri an gezählt, Jahre mit Bezug auf den Tempel und Gottesdienst dagegen von Nisan an. U.a. wurde das Blasen der Posaunen am 1. Tischri auch mit der Krönung der Könige verbunden. An jenem 1. Tischri kündeten die Posaunen die Geburt des Königs der Könige, des verheissenen Messias, an ... ohne dass in Jerusalem jemand davon wußte.
Im Zusammenhang mit der Geburt Jesu wird uns in der Bibel über die Geburt Johannes des Täufers und die Umstände vor seiner Geburt berichtet. Unter anderem erfahren wir eine wichtige Sache über dessen Vater, Zacharias, die für die Bestimmung des Zeitpunkts der Empfängnis und Geburt des Johannes und dann in der Folge für den Zeitpunkt der Empfängnis und Geburt Jesu von Bedeutung ist.
Lk 1,5
Zu der Zeit des Herodes, des Königs von Judäa, lebte ein Priester von der Ordnung Abija, mit Namen Zacharias, und
seine Frau war aus dem Geschlecht Aaron und hieß Elisabeth.
Wir erfahren hier eine wichtige Information über Zacharias, den zukünftigen Vater Johannes des Täufers. Er war ein Priester, also aus dem Stamme Levi und dem Hause Aaron, und bzgl. seines priesterlichen Dienstes gehörte er zur "Ordnung Abija". Dieser Hinweis ermöglicht, im Zusammenhang mit den weiteren Ereignissen, die uns bzgl. der Empfängnis und Geburt Johannes des Täufers und der Empfängnis Jesu berichtet werden, ebenfalls eine ungefähre Bestimmung der Jahreszeit, zu der Jesus dann geboren wurde.
Die priesterlichen Ordnungen wurden zunächst zur Zeit König Davids eingerichtet, um den priesterlichen Dienst am Tempel zu regeln. Die Priester wurden entsprechend ihrer Familien in 24 Gruppen ("Ordnungen") eingeteilt (vgl. 1.Chr 23,6 - 24,19). Jede dieser Ordnungen verrichtete zweimal im Jahr für eine bestimmte Woche priesterlichen Dienst im Tempel; außerdem dienten alle Priester während der drei großen jährlichen Feste gemeinsam im Tempel. Nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft wurden die 24 Ordnungen neu geordnet, und Abija war die 8. Gruppe (vgl. 1.Chr 24,10). Die Ordnungen begannen ihren Dienst nach dem 1. Fest, dem Passafest, welches im März/April des Jahres war. Zacharias, von der Ordnung Abija, war dann ungefähr Ende Mai/Anfang Juni zum erstenmal im Tempel, um dort als Priester Dienst zu verrichten. Die 2. Woche des Dienstes der Ordnung Abija wäre dann etwa 1/2 Jahr später.
Während seines Dienstes im Tempel erschien ihm der Engel Gabriel und kündigte ihm an, dass seine Frau Elisabeth schwanger und einen Sohn gebären würde. Wie der Engel angekündigt hatte, so geschah es, dass Elisabeth nach Zacharias Rückkehr schwanger wurde.
Lk 1,23-24
Und es begab sich, als die Zeit seines Dienstes um war, da ging er heim in sein Haus.
Nach diesen Tagen wurde seine Frau Elisabeth schwanger und hielt sich fünf Monate verborgen und sprach:
Elisabeth wurde also sehr bald nach der Rückkehr ihres Mannes Zacharias vom priesterlichen Dienst schwanger. Die ersten Monate ihrer Schwangerschaft lebte sie sehr zurückgehalten. Im 6. Monat ihrer Schwangerschaft dann erschien der Engel Gabriel der Jungfrau Maria und verkündete ihr, dass sie mit dem Messias schwanger würde.
Lk 1,26-27
Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth,
zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria.
Wenn wir den Bericht weiter lesen, lernen wir, dass Maria nach der Ankündigung des Engels Gabriel mit Jesus schwanger wurde und kurz darauf drei Monate bei Elisabeth verweilte, bis die Zeit ihrer (Elisabeths) Niederkunft kam (vgl. Lk 1,56).
Aus diesen Angaben lässt sich nun rekonstruieren, zu welcher Jahreszeit Johannes und dann Jesus geboren wurden. Die Empfängnis und die Geburt lagen jeweils 6 Monate auseinander. Elisabeth wurde schwanger unmittelbar nach der Rückkehr ihres Mannes von seinem Priesterdienst im Tempel. Die Frage ist: Nach welcher Woche des Dienstes der Ordnung Abija geschah das - der ersten Woche ca. Ende Mai oder der zweiten Woche ca. Anfang Dezember? Im ersten Fall ergibt sich für die Geburt Johannes des Täufers ein Datum ca. Anfang März und für Jesu Geburt ein Datum ca. Ende August/Anfang September; im zweiten Falle läge die Geburt jeweils ca. 6 Monate später.
Nimmt man nun die Information aus Off 12,1ff mit hinzu, so ergibt sich, dass der erste Fall zutrifft. Der Engel Gabriel erschien der Jungfrau Maria ca. Ende November/Anfang Dezember und sie wurde mit Jesus schwanger. Dann hielt sie sich für drei Monate bei Elisabeth auf, bis deren Niederkunft nahte und Johannes der Täufer geboren wurde. Sechs Monate später dann, Ende August/Anfang September, am 1. Tischri jenen Jahres, wurde dann Jesus, der verheissene Messias, in Bethlehem geboren.
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