von
Wolfgang Schneider
Apostelgeschichte 9,7 -- Seine Begleiter standen sprachlos da; sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand.
Apostelgeschichte 22,9 -- Meine Begleiter sahen zwar das Licht, die Stimme dessen aber, der zu mir sprach, hörten sie nicht.
Der scheinbare Widerspruch zwischen den zwei Stellen löst sich auf, wenn man zunächst den griechischen Text genau beachtet und dazu noch den jeweiligen Kontext einbezieht.
Im deutschen Text lesen wir "hörten die Stimme" bzw. "hörten die Stimme nicht", beide Male folgt auf das Verb "hören" das Substantiv "Stimme" im Akkusativ (wen oder was hörten sie?). Im griechischen Text dagegen wird in diesen Stellen ein Unterschied gemacht: In Apg 9,7 folgt auf das Wort "hören [akouw]" das Wort "Stimme [phones]" im Genitiv; in Apg 22,9 aber folgt auf "hören [akouw]" das Wort "Stimme [phonen]" im Akkusativ. In der griechischen Sprache wird dadurch sprachlich bzw. grammatisch ein Unterschied angezeigt zwischen dem Hören einer Stimme, d.h. des Klanges, des Geräuschs, des Lautes (beim Genitiv) und dem Hören einer Stimme, d.h. des Wortlauts, des Inhalts, des Gesagten (beim Akkusativ).
Die Begleiter des Paulus hörten, genau wie auch Paulus selbst, den Klang, das Geräusch, einer Stimme. Aber nur Paulus hörte die eigentlichen Worte, d.h. nur er verstand, was zu ihm gesagt wurde, die Männer, die bei ihm waren, hörten nicht das, was dem Paulus in dieser Erscheinung mitgeteilt wurde. Wenn man den Zusammenhang der jeweiligen Stellen liest, so wird dies ebenfalls deutlich. Die Begleiter hörten etwas, was Paulus auch hörte, aber sie hörten (d.h. verstanden) nicht, was dem Paulus durch diese Stimme gesagt wurde.