von
Wolfgang Schneider
Matthäus 27,44
Desgleichen schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren.
Lukas 23,39-42
39 Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns!
40 Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist?
41 Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.
42 Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!
Das Problem in diesem scheinbaren Widerspruch ergibt sich durch die Annahme, es wären nur zwei andere Männer mit Jesus gekreuzigt worden und die erwähnten "Räuber" und "Übeltäter" seien jeweils die gleichen Personen. Die biblischen Berichte über die Hinrichtung Jesu sind jedoch sehr präzise in ihren Angaben und ergeben ein anderes Bild.
Wenn man die Berichte in Matthäus 27 (wie auch in Markus 15) liest, erkennt man aus den erwähnten Details, dass "zwei Räuber" mit Jesus hingerichtet wurden. Diese wurden nach Golgatha gebracht und an Pfählen hingerichtet, nachdem Jesus bereits einige Zeit am Holz hing, nachdem seine Kleider verteilt worden waren und die Soldaten ihn eine Weile bewacht hatten. In Lukas 23 wird dagegen berichtet, dass "zwei Übeltäter" bereits mit Jesus zusammen hinausgeführt wurden nach Golgatha und zu gleicher Zeit wie er dort hingerichtet wurden.
Nur wenn man an der vorgefassten Meinung festhält, man habe recht mit der Annahme, es seien nur zwei andere mit Jesus hingerichtet worden, ergeben sich widersprüchliche Angaben in der Bibel und die biblischen Berichte wäre unzuverlässig (genau das wird ja dann von Gelehrten behauptet!). Wenn man dagegen an den Aussagen der biblischen Berichte festhält und willig ist, seine Annahmen zu überprüfen und zu korrigieren, erkennt man die biblische Wahrheit!
Die Wörter für "zwei Räuber" in Matthäus und Markus sind im griechischen Text duo lestai; die Wörter für "zwei Übeltäter" in Lukas dagegen duo kakourgoi. Schon dieser Unterschied in den benutzten Begriffen für die betroffenen Männer sollte zu denken geben, dass es sich um unterschiedliche Männer handelte, denn jeder "Räuber" ist zwar ein "Übeltäter", aber nicht jeder "Übeltäter" ist unbedingt ein "Räuber".
Wenn man nun noch den Bericht über die Kreuzigung im bislang noch nicht erwähnten Evangelium in die Untersuchung einbezieht, wird eigentlich sofort deutlich, dass insgesamt vier andere Männer zusammen mit Jesus Christus hingerichtet wurden.
Johannes 19,18
Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte.
Grundsätzlich könnte zwar der Ausdruck "zwei andere zu beiden Seiten" vielleicht auch so verstanden werden, als wären es insgesamt nur zwei und jeweils einer auf jeder Seite. Wenn man aber die anderen Berichte in die Betrachtung einbezieht, wird klar, dass es sich hier bei "zwei andere zu beiden Seiten" um jeweils zwei auf jeder Seite handelt.
Der griechische Text hat übrigens folgenden Wortlaut:
und mit ihm andere zwei von hier und von da [auf beiden Seiten]
Es wurden andere Männer mit Jesus hingerichtet, und zwar je zwei "hier" und "da", also zwei zu beiden Seiten.
Das sich aus den Berichten über die Kreuzigung in den vier Evangelien ergebende Gesamtbild ist nun klar: Nach der Ankunft auf Golgatha wurde zunächst Jesus mit den zwei Übeltätern gekreuzigt, jeweils ein Übeltäter links und einer rechts von ihm. Einige Zeit später wurden dann die zwei Räuber an gleicher Stätte hingerichtet, wiederum einer links und einer rechts von Jesus. Beide Räuber schmähten und lästerten Jesus, aber nur einer der Übeltäter. Der zweite Übeltäter aber wandte sich an Jesus mit der Bitte, er solle seiner in seiner zukünftigen Herrschaft gedenken.