Dies ist der zweite Teil der Studie über die Söhne Jakobs, insbesondere über Josef, mit der ich in der letzten Ausgabe von Wir vom Weg begonnen hatte. In dem letzten Artikel ging es vor allem darum, den Hintergrund für das mit Josef verbundene Geschehen darzulegen. Ich hatte daher einen kurzen Abriß über die Geschichte Jakobs selbst gegeben und darüber, wie ihm seine zwölf Söhne geboren wurden.

Josef und seine Brüder

In diesem Artikel kommen wir nun zu dem Bericht über Josef in 1. Mose 37, wo uns Ereignisse berichtet werden, die sich zutrugen, als Josef etwa 17 Jahre alt war.

1. Mose 37,1 und 2:
Jakob aber wohnte im Lande, in dem sein Vater ein Fremdling gewesen war, im Lande Kanaan.
Und dies ist die Geschichte von Jakobs Geschlecht: …

Hier beginnt eigentlich der letzte große Abschnitt in 1.Mose: Die Geschichte über Jakobs Geschlecht, d.h. über seine Söhne. Es wird dargelegt, auf welch großartige Weise Gott gewirkt hat, um aus der einen Familie schließlich sein auserwähltes Volk Israel zu machen. Sehr prominent hervorgehoben wird Josef.

Josef war der elfte Sohn Jakobs. Diese elf Söhne wurden in Padan-Aram, in Haran, geboren. Zunächst waren Jakob Söhne von seiner Frau Lea geboren worden, die eigentlich nicht die Frau war, die er gewollt hatte. Sie erwies sich aber als eine bemerkenswerte Frau. Jakob hatte Laban sieben Jahre für Rahel gedient, aber Laban betrog ihn und gab ihm seine ältere Tochter Lea zur Frau. Er war aber dann so „gnädig“, Jakob nach sieben Tagen um den Preis von sieben weiteren Jahren Dienst auch die andere Tochter zu geben. Am Ende der 14 Jahre war dann Josef geboren worden, als Rahel sich schließlich an Gott wandte und Gott sie erhörte. Josef war der elfte der zwölf Söhne Jakobs. Der zwölfte war dann Rahels zweiter Sohn Benjamin, der geboren wurde, nachdem Jakob mit seiner Familie nach insgesamt 20 Jahren Aufenthalt in Padan-Aram zurückkam nach Kanaan. Bei der Geburt starb Rahel, so daß Josef seine Mutter bei der Geburt seines Bruders verlor. Josef war ca. 6/7 Jahre alt, als die Familie schließlich nach Hebron kam und Jakob dort in der Nähe seines Vaters Isaak wohnte.

Der Bericht in 1. Mose 37 greift nun auf, was sich weitere zehn Jahre später ereignete.

1. Mose 37,2:
… Josef war siebzehn Jahre alt und war ein Hirte bei den Schafen mit seinen Brüdern; er war Gehilfe [Unterhirte] bei den Söhnen Bilhas und Silpas, der Frauen seines Vaters, und brachte es vor ihren Vater, wenn etwas Schlechtes über sie geredet wurde.

Es gab anscheinend immer wieder Schlimmes über die Brüder zu berichten, und Josef hat seinen Vater Jakob über den schlechten Ruf informiert, den seine Halbbrüder genossen. Wir sehen auch, daß in dieser Familie durchaus nicht alles ideal und idyllisch und friedlich war; gar manches war nicht sonderlich gut, und es gab auch familiäre Schwierigkeiten.

Josef schien auch die Söhne Leas in besonderer Weise zu meiden, denn er suchte offenbar lieber die Gesellschaft der Söhne Bilhas und Silpas.

1. Mose 37,3:
Israel aber hatte Josef lieber als alle seine Söhne, weil er der Sohn seines Alters war, und machte ihm einen bunten Rock.

Jakob bevorzugte andererseits auch seinen Sohn Josef und „machte ihm einen bunten Rock“. Dieser Rock war ein knöchellanges Gewand. Es war ein Gewand, das normalerweise nur der Stammesfürst bzw. das Familienoberhaupt und der designierte Erbe, der Erstgeborene, trugen.

1. Mose 37,4:
Als nun seine Brüder sahen, daß ihn ihr Vater lieber hatte als alle seine Brüder, wurden sie ihm feind und konnten ihm kein freundliches Wort sagen.

Wörtlich heißt das: „Sie konnten ihn nicht anreden in Frieden“, was bedeutet, daß sie ihn nicht einmal mehr grüßten. Sie ignorierten ihn, sie waren ihm feind.

1. Mose 37,5–8:
Dazu hatte Josef einmal einen Traum und sagte seinen Brüdern davon; da wurden sie ihm noch mehr feind.
Denn er sprach zu ihnen: Höret doch, was mir geträumt hat.
Siehe, wir banden Garben auf dem Felde, und meine Garbe richtete sich auf und stand, aber eure Garben stellten sich ringsumher und neigten sich vor meiner Garbe.
Da sprachen seine Brüder zu ihm: Willst du unser König werden und über uns herrschen? Und sie wurden ihm noch mehr feind um seines Traumes und seiner Worte willen.

Es war nicht nur der Inhalt des Traumes, der die Brüder aufregte, sondern die Art und Weise, wie Josef ihnen den Traum erzählte.

1. Mose 37,9:
Und er hatte noch einen zweiten Traum, den erzählte er seinen Brüdern und sprach: Ich habe noch einen Traum gehabt; siehe, die Sonne und der Mond und elf Sterne neigten sich vor mir.

Der erste Traum hatte etwas mit Ackerbau zu tun, der zweite mit Viehzucht. Diesen Traum erzählte er nicht nur den Brüdern, sondern auch seinem Vater.

1. Mose 37,10 und 11:
Und als er das seinem Vater und seinen Brüdern erzählte, schalt ihn sein Vater und sprach zu ihm: Was ist das für ein Traum, den du geträumt hast? Soll ich und deine Mutter und deine Brüder kommen und vor dir niederfallen?
Und seine Brüder wurden neidisch auf ihn. Aber sein Vater behielt diese Worte.

Uns wird nicht gesagt, daß diese Träume gezielte Offenbarung waren, noch wird gesagt, daß Josef sie seinen Brüdern erzählen sollte. Wir wissen im nachhinein, daß sich diese Dinge später auf besondere Weise erfüllten.

Zu der Zeit erschien das den Brüdern sicher eher wie das Hirngespenst eines bevorzugten und verwöhnten jungen Mannes. Sie wurden immer neidischer auf ihn. Sein Vater aber behielt diese Worte.

Die Situation entwickelt sich zur Krise, doch ahnte keiner so recht, wozu das alles dienen sollte. Das Bemerkenswerte an diesem ganzen Bericht ist ja nicht das, was die Brüder und Josef und andere getan haben, sondern was Gott vollbracht und wie Gott gewirkt hat. Wir lesen, wie Gott nun aus dieser Familie schließlich sein Volk macht.

1. Mose 37,12–14:
Als nun seine Brüder hingegangen waren, um das Vieh ihres Vaters in Sichem zu weiden,
sprach Israel zu Josef: Hüten nicht deine Brüder das Vieh in Sichem? Komm, ich will dich zu ihnen senden. Er aber sprach: Hier bin ich. Und er sprach: Geh hin und sieh, ob’s gut steht um deine Brüder und um das Vieh, und sage mir dann, wie sich’s verhält.
Und er sandte ihn aus dem Tal von Hebron, und er kam nach Sichem.

Josefs Brüder sind bei Sichem, mehrere Tagereisen weit von Hebron entfernt. An den Bewohnern von Sichem hatten zuvor Simeon und Levi Rache geübt.

Josefs edle Haltung und sein Gehorsam sind ersichtlich, als er sich in seinem knöchellangen Gewand aufmacht, um die Brüder zu suchen. Freudig zieht er los, seine Aufgabe zu erfüllen, und doch wird er seinem Vater den erwünschten Bericht nicht erstatten können, denn nach Hebron in seines Vaters Haus wird er nie mehr zurückkommen.

1. Mose 37,15–17:
Da fand ihn ein Mann, wie er umherirrte auf dem Felde; der fragte ihn und sprach: Wen suchst du? Er antwortete: Ich suche meine Brüder; sage mir doch, wo sie hüten.
Der Mann sprach: Sie sind von dannen gezogen; denn ich hörte, daß sie sagten: Laßt uns nach Dotan gehen.
Da zog Josef seinen Brüdern nach und fand sie in Dotan.

Dotan ist noch zwanzig Kilometer weiter weg, und hier zieht nun Josef in seinem Prinzengewand eher hilflos hin, seine Brüder aufzusuchen und zu erfahren, wie es ihnen geht, damit er seinem Vater wahrheitsgetreu berichten kann.

Die Brüder sehen Josef bereits von ferne kommen.

1. Mose 37,18–20:
Als sie ihn nun sahen von ferne, ehe er nahe zu ihnen kam, machten sie einen Anschlag, daß sie ihn töteten,
und sprachen untereinander: Seht, der Träumer kommt daher!
So kommt nun und laßt uns ihn töten und in eine Grube werfen und sagen, ein böses Tier habe ihn gefressen; so wird man sehen, was seine Träume sind [was seine Träume wert sind].

Die eigenen Brüder schmieden Mordpläne, sie wollen verhindern, daß ihres Bruders Träume zustandekommen, indem sie den Träumer beseitigen.

1. Mose 37,21 und 22:
Als das Ruben hörte, wollte er ihn aus ihren Händen erretten und sprach: Laßt uns ihn nicht töten!
Und weiter sprach Ruben zu ihnen: Vergießt nicht Blut, sondern werft ihn in die Grube hier in der Wüste und legt die Hand nicht an ihn! Er wollte ihn aber aus ihrer Hand erretten und ihn seinem Vater wiederbringen.

Ruben war Jakobs Erstgeborener, er spürte eine gewisse Verantwortung gegenüber seinem Vater. Er macht einen Kompromißvorschlag. Den Mut, den anderen offen zu widersprechen, den hat er nicht. Er will später seinen kleinen Bruder wieder holen und nach Hause bringen.

Vers 23 berichtet, wie radikal und unbarmherzig die Brüder mit Josef umgehen, als er zu ihnen kommt.

1. Mose 37,23–25:
Als nun Josef zu seinen Brüdern kam, zogen sie ihm seinen Rock aus, den bunten Rock, den er anhatte,
und nahmen ihn und warfen ihn in die Grube; aber die Grube war leer und kein Wasser darin.
Und sie setzten sich nieder, um zu essen. …

Sie warfen ihn in eine leere Zisterne, ohne Essen und ohne Wasser, dem sicheren Tod geweiht. Nach solcher Tat versorgten sie sich erst einmal.

1. Mose 37,25:
… Indessen hoben sie ihre Augen auf und sahen eine Karawane von Ismaelitern kommen von Gilead mit ihren Kamelen; die trugen kostbares Harz, Balsam und Myrrhe und zogen hinab nach Ägypten.

Währenddessen näherte sich unten im Tal eine Karawane aus Gilead, aus Nordosten, die auf dem Wege nach Ägypten war. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt kam diese dort vorbei.

Das brachte Juda auf eine Idee. Sowohl Ruben als auch Juda konnten sich mit der Idee, ihren Bruder umzubringen, nicht recht anfreunden. Ruben wollte nicht das Blut des Bruders vergießen, und Juda hat eine Idee, womit man das verhindern und trotzdem Josef loswerden könnte.

1. Mose 37,26–27:
Da sprach Juda zu seinen Brüdern: Was hilft’s uns, daß wir unsern Bruder töten und sein Blut verbergen?
Kommt, laßt uns ihn den Ismaelitern verkaufen, damit sich unsere Hände nicht an ihm vergreifen; denn er ist unser Bruder, unser Fleisch und Blut. Und sie gehorchten ihm.

Das gefiel den anderen ebenfalls, erschien ihnen als ein Vorteil. Die Idee des Juda versprach, daß man Josef nun los war, ohne ihn umbringen zu müssen.

1. Mose 37,28:
Als aber die midianitischen Kaufleute vorüberkamen, zogen sie ihn heraus aus der Grube und verkauften ihn um zwanzig Silberstücke den Ismaelitern; die brachten ihn nach Ägypten.

Die Ismaeliter (Ismael war ein Sohn Abrahams von Hagar, Sarahs Magd) und die Midianiter (Midian war ein Sohn Abrahams von seiner späteren Frau Keturah) hatten sich, wie es scheint, in der gleichen Gegend angesiedelt und werden an manchen Stellen jeweils zusammen erwähnt (vgl. dazu auch Richter 8). Wenn hier einmal von Isamelitern und ein andermal von midianitischen Kaufleuten die Rede ist, so ist das kein Widerspruch, sondern zeigt an, daß in dieser Karawane Kaufleute aus beiden Stämmen zusammen reisten.

Josef wird von seinen Brüdern für 20 Silberstücke in die Sklaverei verkauft. 20 Silberstücke war später, nachdem das Gesetz gegeben war, der Preis für einen Sklaven zwischen fünf und zwanzig Jahren, wenn es darum ging, jemanden auszulösen.

3. Mose 27,5:
Von fünf Jahren bis zwanzig Jahren sollst du, wenn es ein Mann ist, schätzen auf zwanzig Lot Silber.

Josefs Brüder verkauften ihn für 20 Silberstücke den Ismaelitern, die ihn dann in Ägypten auf einem Sklavenmarkt weiterverkauften. Bei dem Handel war Ruben allerdings nicht anwesend.

1. Mose 37,29-30:
Als nun Ruben wieder zur Grube kam und Josef nicht darin fand, zerriß er sein Kleid
und kam wieder zu seinen Brüdern und sprach: Der Knabe ist nicht da! Wo soll ich hin?

Ruben empfand als ältester Sohn Verantwortung vor seinem Vater für den kleinen Bruder, und er befand sich nun in einem großen Dilemma. Immerhin hatte er noch einen Hauch von Wohlwollen und Barmherzigkeit in seinem Herzen, wie auch Jahre später dann deutlich wird.

1. Mose 37,31 und 32:
Da nahmen sie Josefs Rock und schlachteten einen Ziegenbock und tauchten den Rock ins Blut
und schickten den bunten Rock hin und ließen ihn ihrem Vater bringen und sagen: Diesen haben wir gefunden; sieh, ob’s deines Sohnes Rock sei oder nicht.

In ihren Worten zeigt sich der ganze Neid, Haß und die Bosheit ihres Herzens. Nicht ein Wort der Trauer oder Betroffenheit, nur vorwurfsvolle Worte und unterschwellige Anklage, als sie zu ihrem Vater zurückkehren. Sie reden nicht von „unserem Bruder“ – nein! Es ist vielmehr „dein Sohn“! Und dann breiten sie wirkungsvoll ihre Geschichte vor Jakob aus.

1. Mose 37,33 und 34:
Er erkannte ihn aber und sprach: Es ist meines Sohnes Rock; ein böses Tier hat ihn gefressen, ein reißendes Tier hat Josef zerrissen!
Und Jakob zerriß seine Kleider und legte ein härenes Tuch um seine Lenden und trug Leid um seinen Sohn lange Zeit.

„Jakob zerriß seine Kleider“ – das ist eine Geste der Trauer, des Schmerzes und des Leids.

1. Mose 37,35:
Und alle seine Söhne und Töchter kamen zu ihm, ihn zu trösten; aber er wollte sich nicht trösten lassen und sprach: Ich werde mit Leid hinunterfahren zu den Toten, zu meinem Sohn. Und sein Vater beweinte ihn.

Jakob trauerte lange Zeit und niemand konnte ihm Trost spenden, da er keinen Trost wollte. Der erste Sohn seiner Lieblingsfrau war nicht mehr am Leben. All die großen Hoffnungen, die Jakob in den einen Sohn hatte, der offensichtlich eine Menge gute Qualitäten aufwies, waren mit einem Schlag weg. Dies war ein gewaltiger Schlag für Jakob, angesichts der gesamten familiären Umstände.

1. Mose 37,36:
Aber die Midianiter verkauften ihn in Ägypten an Potifar, des Pharao Kämmerer und Obersten der Leibwache.

So kam Josef nun nach Ägypten, und als Sklave wurde er dort von den Midianitern (bzw. den Ismaelitern) an einen einflußreichen Mann verkauft, der eine hohe Stellung am Hofe des Pharao innehatte.

Juda

An dieser Stelle ist (in 1. Mose 38) eine Begebenheit erklärender Art über Juda eingeschoben. Hier können wir einen der besten von Jakobs Söhnen sehen und in welch zwiespältige Situation er hineingerät in der Umgebung, in der sie im Lande Kanaan sind. Dieser Bericht hilft uns ebenfalls, besser zu verstehen, was sich später ereignete und wie Gott dafür schon hier Vorsorge traf, daß sein Volk, diese Familie Jakobs, dann aus dieser Umgebung herauskommt in eine andere Umgebung, die wesentlich vorteilhafter für ihre weitere Entwicklung war.

1. Mose 38,1 und 2:
Es begab sich um diese Zeit, daß Juda hinabzog von seinen Brüdern und gesellte sich zu einem Mann aus Adullam, der hieß Hira.
Und Juda sah dort die Tochter eines Kanaaniters, der hieß Schua, und nahm sie zur Frau. …

Juda nahm eine Kanaaniterin zur Frau; er hätte vielleicht besser von seinen Vorfahren lernen sollen, denn bereits einmal in der Generation davor, hatte eine solche Wahl zu keinem guten Ende geführt. Esau und seine Frauen hatten Isaak und Rebekka nur Herzeleid gebracht. Juda hatte offenbar ein wenig Abstand von seinen Brüdern gesucht, und er gründet nun hier eine Familie.

1. Mose 38,3:
… Und als er zu ihr einging, ward sie schwanger und gebar einen Sohn, den nannte er Er.

Manche Texte haben übrigens: „den nannte sie ‘Er’.“ „Er“ ist der Name seines Sohnes.

1. Mose 38,4 und 5:
Und sie ward abermals schwanger und gebar einen Sohn, den nannte sie Onan.
Sie gebar abermals einen Sohn, den nannte sie Schela; und sie war in Kesib, als sie ihn gebar.

Wir sehen hier, daß die Mutter den Söhnen diese Namen gab, nicht Juda.

1. Mose 38,6–9:
Und Juda gab seinem ersten Sohn Er eine Frau, die hieß Tamar.
Aber Er war böse vor dem HERRN [das Resultat des Kanaanitertums], darum ließ ihn der HERR sterben.
Da sprach Juda zu Onan: Geh zu deines Bruders Frau und nimm sie zur Schwagerehe, auf daß du deinem Bruder Nachkommen schaffest.
Aber da Onan wußte, daß die Kinder nicht sein eigen sein sollten, ließ er’s auf die Erde fallen und verderben, wenn er einging zu seines Bruders Frau, auf daß er seinem Bruder nicht Nachkommen schaffe.

Onan war ebenfalls ein übler Geselle. Er wollte zwar das sexuelle Vergnügen „mitnehmen“, aber der ihm obliegenden Pflicht gegenüber der Witwe seines Bruders wollte er nicht nachkommen. Auch er hatte seine Rechnung ohne den HERRN gemacht.

1. Mose 38,10 und 11:
Dem HERRN mißfiel aber, was er tat, und er ließ ihn auch sterben.
Da sprach Juda zu seiner Schwiegertochter Tamar: Bleibe eine Witwe in deines Vaters Hause, bis mein Sohn Schela groß wird. Denn er dachte, vielleicht würde der auch sterben wie seine Brüder. …

Auch Juda war in falscher Weise in seinem Denken beeinflußt von dem, was hier um ihn herum vorging.

1. Mose 38,11–14:
… So ging Tamar hin und blieb in ihres Vaters Hause.
Als nun viele Tage verlaufen waren, starb Judas Frau, die Tochter des Schua. Und nachdem Juda ausgetrauert hatte, ging er hinauf, seine Schafe zu scheren, nach Timna mit seinem Freunde Hira von Adullam.
Da wurde der Tamar gesagt: Siehe, dein Schwiegervater geht hinauf nach Timna, seine Schafe zu scheren.
Da legte sie die Witwenkleider von sich, die sie trug, deckte sich mit einem Schleier und verhüllte sich und setzte sich vor das Tor von Enajim an dem Wege nach Timna; denn sie hatte gesehen, daß Schela groß geworden war, aber sie wurde ihm nicht zur Frau gegeben.

Tamar ergreift nun ein etwas drastische Mittel (immerhin wartet sie bis nach dem Tode von Judas Frau!), um endlich doch noch zu ihrem Recht zu kommen.

1. Mose 38,15–17:
Als Juda sie nun sah, meinte er, es wäre eine Hure, denn sie hatte ihr Angesicht verdeckt.
Und er machte sich zu ihr am Wege und sprach: Laß mich doch zu dir kommen; denn er wußte nicht, daß es seine Schwiegertochter war. Sie antwortete: Was willst du mir geben, wenn du zu mir kommst?
Er sprach: Ich will dir einen Ziegenbock von der Herde senden. Sie antwortete: So gib mir ein Pfand, bis du ihn mir sendest.

Tamar hatte keine finanziellen Interessen sondern hatte etwas ganz anderes im Sinn.

1. Mose 38,18–20:
Er sprach: Was willst du für ein Pfand, das ich dir geben soll? Sie antwortete: Dein Siegel und deine Schnur und deinen Stab, den du in der Hand hast. Da gab er’s ihr und kam zu ihr; und sie ward von ihm schwanger.
Und sie machte sich auf und ging hinweg und legte den Schleier ab und zog ihre Witwenkleider wieder an.
Juda aber sandte den Ziegenbock durch seinen Freund von Adullam, damit er das Pfand zurückholte von der Frau. …

Juda war wohl aufgegangen, daß er ein wenig zu weit gegangen war, und er wollte sein Pfand zurückhaben. Aber eine unangenehme Überraschung wartete auf ihn.

1. Mose 38,20–23:
… Und er fand sie nicht.
Da fragte er die Leute des Ortes und sprach: Wo ist die Hure, die zu Enajim am Wege saß? Sie antworteten: Es ist keine Hure da gewesen.
Und er kam wieder zu Juda und sprach: Ich habe sie nicht gefunden; dazu sagen die Leute des Ortes, es sei keine Hure da gewesen.
Juda sprach: Sie mag’s behalten, damit wir nur nicht in Verruf geraten! …

Juda will Stillschweigen bewahren, denn das Ganze entwickelt sich langsam zu einer undurchsichtigen und auch unangenehmen Sache.

1. Mose 38,23:
… Siehe, ich habe den Bock gesandt, und du hast sie nicht gefunden.

Er beruhigte sein Gewissen, denn immerhin hatte er getan, was er gesagt hatte.

1. Mose 38,24:
Nach drei Monaten wurde Juda angesagt: Deine Schwiegertochter Tamar hat Hurerei getrieben; und siehe, sie ist davon schwanger geworden. Juda sprach: Führt sie heraus, daß sie verbrannt werde.

Juda hatte sich wohl immer wieder Gedanken gemacht bzgl. seiner Schwiegertochter und ihrer Situation mit den verstorbenen Ehemännern. Nun wurde ihm berichtet, sie hätte Hurerei getrieben, was unannehmbar war und worauf er mit der Anweisung, sie zu verbrennen, antwortete.

1. Mose 38,25 und 26:
Und als man sie hinausführte, schickte sie zu ihrem Schwiegervater und sprach: Von dem Mann bin ich schwanger, dem dies gehört. Und sie sprach: Erkennst du auch, wem dies Siegel und diese Schnur und dieser Stab gehören?
Juda erkannte es und sprach: Sie ist gerechter als ich; denn ich habe sie meinem Sohn Schela nicht gegeben. Doch wohnte er ihr nicht mehr bei.

Juda lernte hier eine gewaltige Lektion. Diese Sache erwies sich für ihn als ein Schritt zum Guten, wie hinterher dann deutlich zu sehen war in dem, was er später bereit war zu tun, als es um etwas noch Bedeutenderes ging, das dann auch Josef betraf.

1. Mose 38,27:
Und als sie gebären sollte, wurden Zwillinge in ihrem Leibe gefunden.

Erneut werden Zwillinge in dieser Familie geboren, und auch hier gibt es eine Besonderheit in der Reihenfolge der Geburt.

1. Mose 38,28–30:
Und als sie gebar, tat sich eine Hand heraus. Da nahm die Wehmutter einen roten Faden und band ihn darum und sprach: Der ist zuerst herausgekommen.
Als aber der seine Hand wieder hineinzog, kam sein Bruder heraus, und sie sprach: Warum hast du um deinetwillen solchen Riß gerissen? Und man nannte ihn Perez.
Danach kam sein Bruder heraus, der den roten Faden um seine Hand hatte. Und man nannte ihn Serach.

Erstaunlich ist nun bei dieser Angelegenheit, daß durch dieses sicher etwas eigenmächtig erscheinende Handeln der Tamar bewirkt wird, daß sich die Linie, die dann zu Jesus Christus führt, fortgesetzt wird. Perez ist nämlich der Sohn Judas, über den sich die Linie dann fortsetzt zu David und schließlich zu Jesus Christus, wie ein Blick auf den Stammbaum Jesu Christi in Mat 1:1-17 zeigt.

Abschluß

1. Mose 38 ist in die Erzählung über Josef und was mit ihm geschah eingeschoben. In Kapitel 39 wird dann das Thema von vorher aufgegriffen.

1. Mose 39,1:
Josef wurde hinab nach Ägypten geführt, und Potifar, ein ägyptischer Mann, des Pharao Kämmerer und Oberster der Leibwache, kaufte ihn von den Ismaelitern, die ihn hinabgebracht hatten.

In dem Bericht selber wird uns hier nichts darüber berichtet, was sich zutrug, als die 10 Brüder Josef ihren kleinen Bruder damals an die Ismaeliter verkauften.

In Kapitel 42, wo über ein Ereignis berichtet wird, das sich viele Jahre später zuträgt (als nämlich die Brüder vor Josef erscheinen), erfahren wir in wenigen Worten, daß Josef sie angefleht und gebeten hatte, daß sie doch nicht so mit ihm umgehen sollten.

1. Mose 42,21:
Sie sprachen aber untereinander: Das haben wir an unserem Bruder verschuldet! Denn wir sahen die Angst seiner Seele, als er uns anflehte, und wir wollten ihn nicht erhören; darum kommt nun diese Trübsal über uns.

Als sie Josef an die Ismaeliter verkauften, hatte er schon gefleht und seine Seele war erfüllt gewesen von Angst. Er hatte absolut keinerlei Verlangen, nach Ägypten zu gehen, und schon gar nicht als Sklave.

Und so war nun Josef in dieser Karawane auf dem Wege nach Ägypten. Nach kurzer Zeit konnte er gar Hebron auf den Hügeln sehen, den Ort, wo seines Vaters Haus stand und wo sein Vater Jakob auf die Rückkehr seines geliebten Sohnes wartete, um von ihm zu hören, wie es um seine anderen Söhne stand. Aber ohne daß Jakob auch nur im geringsten ahnte, was vor sich ging, zog Josef als Sklave auf dem Wege nach Ägypten an ihm vorbei.

Kein Josef kam mehr zu Jakob nach Hause, lediglich die anderen Söhne. Sie tauchten eine Weile später auf und überbrachten Jakob einen mit Blut beschmierten Rock, womöglich etwa zu der Zeit, als ihr 17 Jahre alter Bruder Josef womöglich gerade auf dem Sklavenmarkt in Ägypten von Potifar gekauft und in dessen Haus gebracht wurde.

 

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