Zunächst angeregt durch eine Diskussion in einem christlichen E-Mail Forum, bei dem ich mich auch ab und zu mit einigen Beiträgen beteilige, hatte ich mir im Laufe der letzten Zeit einige Notizen zum Thema des „Zehnten“ gemacht. Kürzlich erhielt ich eine Audiokassette mit zwei Vorträgen von Rev. Vince Finnegan, in denen er dieses Thema ebenfalls behandelte. Dies hat mich angeregt, das Thema in Form dieser Studie zu erörtern, denn diese Angelegenheit ist wahrlich auch für uns Christen heute von großer Bedeutung, und ein rechtes Verständnis der Unterweisung in der Schrift ist immer angebracht.

Allgemeine Überlegungen

In unserem Lande scheint das Thema des Zehnten unter Christen nicht sehr weit verbreitet und auch nicht allzu gut bekannt zu sein. Es scheint, als seien viele Christen diesbezüglich weitgehend unwissend, und außerdem zeigen sie meist sehr wenig Interesse, sich mit dieser Sache auseinanderzusetzen, wenn sie einmal darauf angesprochen werden. Recht häufig beziehen sie eine ablehnende Stellung und wehren ausführlichere Unterweisung schnell ab, manchmal mit dem Hinweis auf die Kirchensteuer, die ja „das Gleiche“ ist und sie somit ihre „Pflicht“ gegenüber der Kirche ja schon getan hätten. Dazu hört man dann auch manchmal, daß in der heutigen wirtschaftlichen Situation es sowieso ein „Unding“ ist, daß die Kirchen es überhaupt wagen, auf das Geben des Zehnten hinzuweisen, wo sie doch lieber auch auf die Kirchensteuer verzichten und sie ganz abschaffen sollten.

Solche Reden lassen einige wichtige Punkte erkennen, die unbedingt aus biblischer Sicht erarbeitet werden müssen. Zunächst fällt auf, daß sich eigentlich kaum jemals einer von denen, die solche Kritik an der Bibel üben, an den Aussagen der heiligen Schrift orientiert und diese Sache von der Warte her angeht bzw. beurteilt. Weiterhin steht bei solchen Reden und Diskussionen immer die „Kirche“ im Mittelpunkt des Interesses. Welche Bedeutung das Geben des Zehnten für die Gemeinschaft und das Verhältnis des einzelnen Gläubigen zu Gott hat, wird dabei meist völlig außer acht gelassen. In dieser Studie möchte ich jegliche Diskussion um „Kirche“ und „Kirchensteuer“ ganz sein lassen. Stattdessen werde ich mich bemühen, die Unterweisung aus der Bibel bzgl. des Zehnten und eines echten göttlichen Gebens darzulegen.

Es geht bei einer Unterweisung bzgl. des Zehnten und des Gebens insgesamt nicht darum, eine Werbekampagne zu inszenieren, um für irgendwen Spenden einzutreiben. Wenn man sich die heutige Situation der Gesellschaft und dann die Situation der christlichen Gläubigen in der heutigen Welt anschaut, wird deutlich, daß viele Christen in einem Maße von den weltlichen Dingen beeinflußt werden, das ihnen kaum Zeit und Gelegenheit bleibt, in größerem Maße ihrem himmlischen Vater zu dienen. So manches davon mag damit zusammenhängen, daß wir heute das Prinzip des Zehnten und des göttlichen Gebens nicht recht verstehen und dann auch nicht in der von Gott gewollten Weise in unserem Leben praktizieren. Das Geben des Zehnten ist eine eminent wichtige Angelegenheit für unser Leben als Christen, es ist Teil unseres Gottesdienstes, und darin haben wir eine große Möglichkeit, Gott unser Vertrauen zu schenken und ihm unsere Dankbarkeit zu erweisen.

Mein Gebet ist daher, daß sich diese Studie als eine große Hilfestellung für jeden Gläubigen erweisen und daß Gott unsere Herzen weit machen möge, daß er uns Verständnis und Einsicht in sein Wort schenken möge, damit wir ihm in größerem Maße dienen können. Möge er unsere Herzen erleuchten und uns immer klarer machen, wie wir ihm in allem dienen können und wie wir ihm gegenüber wohlgefällig leben können.

Der Zehnte wird an vielen Stellen in der Bibel erwähnt, besonders im Alten Testament, und eine sorgfältige Untersuchung zumindest einiger Stellen ist notwendig, um die große Bedeutung des Zehnten besser zu verstehen. Nicht alle Stellen können hier angeführt werden, aber die für einen Überblick wichtigen Textabschnitte habe ich in diese Studie aufgenommen.

Abraham

Der Zehnte wird zum ersten Mal in 1. Mose 14 in der Bibel erwähnt. Dies ist an sich schon bemerkenswert, denn es zeigt, daß die Behauptung, die man manchmal hört, daß der Zehnte eine Einrichtung des Gesetzes des Mose war und daher für uns keine Gültigkeit hat, an sich falsch ist. In 1. Mose 14 lesen wir von Abraham, der einem fremden Heer nachgeeilt war, um seinen Neffen Lot und andere, die von jenem Heer aus Sodom verschleppt worden waren, wieder zurück zu bringen. Abraham gelang es mit nur relativ wenigen Männern und mit Gottes Hilfe, jenes Heer zu besiegen, und er kehrte mit großer Beute wieder zurück. Bei seiner Rückkehr traf er Melchisedek und den König von Sodom.

1. Mose 14,17–20:
Als er nun zurückkam von dem Sieg über Kedor-Laomer und die Könige mit ihm, ging ihm entgegen der König von Sodom in das Tal Schawe, das ist das Königstal.
Aber Melchisedek, der König von Salem, trug Brot und Wein heraus. Und er war ein Priester Gottes des Höchsten
und segnete ihn und sprach: Gesegnet seist du, Abram, vom höchsten Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat;
und gelobt sei Gott der Höchste, der deine Feinde in deine Hand gegeben hat. Und Abram gab ihm den Zehnten von allem.
Abraham kehrte nach seinem Sieg zurück, und der König von Sodom ging ihm entgegen, denn er hatte ebenfalls einiges an dieses fremde Heer verloren und war nun wohl daran interessiert, mit Abraham ins Gespräch zu kommen, da dieser ja die Beute wieder zurückgebracht hatte
.

In den Versen 18–20 folgt dann ein sehr wichtiger Einschub, in dem uns etwas über Mechisedek und dessen Beziehung zu Abraham berichtet wird. Melchisedek war der König von Salem (Jerusalem), und er brachte Abraham Brot und Wein heraus. Dies waren Symbole des Segens und des Wohlwollens, die Abraham zugedacht waren. Weiterhin lernen wir, daß dieser Melchisedek nicht nur König von Salem war, sondern auch – und das ist sehr bedeutsam – „ein Priester Gottes des Höchsten“.

Hier wird dieser Begriff „Gott der Höchste“ zum ersten Mal in der Bibel benutzt. Er bezeichnet genau das, was die Worte auch in unserer Übersetzung aussagen: Gott ist der Höchste! Er ist der Größte! Warum er der Höchste ist, wird ebenfalls mitgeteilt: Er hat Himmel und Erde geschaffen! Gott ist der Schöpfer des Himmels und der Erde, er hat Himmel und Erde gemacht. Himmel und Erde gehören ihm, niemand sonst hat etwas mit ihrer Schöpfung zu tun gehabt, er ist der Schöpfer und Besitzer von Himmel und Erde. Gott der Höchste war auch in dieser Situation mit Abraham in Erscheinung getreten, denn er hatte Abraham den Sieg über die Feinde geschenkt.

Melchisedek war Priester Gottes des Höchsten, und er trat Abraham entgegen und segnete Abraham. Hier erkennen wir eine weitere interessante Sache, daß nämlich Melchisedek als Gottes „Repräsentant“ auftritt und Abraham segnet und ihm den Segen vermittelt, den Gott Abraham gegeben hat. Melchisedek ist der Priester Gottes des Höchsten, und er segnet Abraham im Auftrage Gottes.

Daraufhin heißt es dann in Vers 20: „Und Abram gab ihm den Zehnten von allem.“ Hier wird nun erstmals der Zehnte in der Bibel erwähnt. Und diese erste Stelle enthält einige wichtige Wahrheiten, die auch im weiteren Verlauf der Studie von Bedeutung sind.

Wir können erkennen, daß der Zehnte von Abraham „gegeben“ wurde, d.h. es war Ausdruck seines Herzens und geschah ohne jegliche Aufforderung oder Motivierungs- und Überzeugungsversuche von seiten Melchisedeks. Abraham gab den Zehnten „von allem“ — und dabei ging es um mehr als nur die Beute, die er den Feinden wieder entrissen hatte. Abraham gab den Zehnten von allem, und er gab ihn dem Priester Gottes des Höchsten. Melchisedek erhielt den Zehnten von Abraham, er war der Repräsentant Gottes, der Abraham gesegnet hatte. Weiterhin sehen wir, wie Abraham den Zehnten sozusagen als Erwiderung auf Gottes reichen Segen gibt, den er ja gerade erfahren hatte. Das Geben des Zehnten war Abrahams Antwort an Gott für das Gute, das Gott der Höchste ihm hatte zukommen lassen. Es war auch ein Einstimmen in das Lob Gottes, das über Melchisedeks Lippen gekommen war, da Abraham mit dem Geben des Zehnten Gott loben und preisen konnte für all das Gute, was Gott in Abrahams Leben gewirkt hatte. Den Zehnten zu geben gehörte für Abraham zu seinem Gottesdienst, es war Bestandteil seiner Gottesverehrung.

1. Mose 14,21–24:
Da sprach der König von Sodom zu Abram: Gib mir die Leute, die Güter behalte für dich!
Aber Abram sprach zu dem König von Sodom: Ich hebe meine Hand auf zu dem HERRN, dem höchsten Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat,
daß ich von allem, was dein ist, nicht einen Faden noch einen Schuhriemen nehmen will, damit du nicht sagest, du habest Abram reich gemacht,
ausgenommen, was die Knechte verzehrt haben; doch laß die Männer Aner, Eschkol und Mamre, die mit mir gezogen sind, ihr Teil nehmen.

Nun tritt der König von Sodom erneut auf, und wir lesen noch eine wichtige Sache bzgl. Abrahams Einstellung und seiner Hinwendung zu Gott. Der König von Sodom wollte Abraham einiges von der Beute zukommen lassen, sozusagen als Entlohnung für Abrahams Einsatz in der Sache. Abraham jedoch weigerte sich entschieden, mit diesem König von Sodom irgend etwas weiter zu tun zu haben und auch nur einen Faden oder Schuhriemen von ihm zu nehmen. Er wollte keine Hilfestellung noch einen „Beitrag“ des Königs von Sodom, auch wollte er absolut keinerlei Möglichkeit offen lassen, die dem König von Sodom in irgendeiner Weise ermöglicht hätte zu sagen, er habe etwas mit Abrahams Reichtum zu tun gehabt. Abraham setzte sein Vertrauen bzgl. seines Wohlergehens einzig auf Gott den Höchsten. Er kannte den Segen Gottes des Höchsten, und das genügte. Er benötigte keinerlei „Segen“ aus irgendeiner anderen Quelle.

Jakob

Der nächste Bericht im Alten Testament ist Teil dessen, was uns die Bibel über Jakob, den Enkel Abrahams, berichtet. Dieser hatte von Gott eine große Zusage erhalten, und in Jakobs Antwort wird erneut auch der Zehnte erwähnt. Später dann, als er mit Laban zu tun hatte, dem Vater seiner geliebten Frau Rahel, versuchte dieser ihn mehrfach zu betrügen und ungerecht zu behandeln, aber solche Anschläge endeten doch im Segen für Jakob.

Zunächst wollen wir beachten, was Gott Jakob zuvor bereits gesagt hatte und wie Jakob darauf antwortete.

1. Mose 28,13–15:
Und der HERR stand oben darauf und sprach: Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott; das Land, darauf du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben.
Und dein Geschlecht soll werden wie der Staub auf Erden, und du sollst ausgebreitet werden gegen Westen und Osten, Norden und Süden, und durch dich und deine Nachkommen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden.
Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe.

Gott gab Jakob diese großartigen Zusagen, als er den Traum von der „Himmelsleiter“ hatte. Gott verhieß, daß er allezeit bei Jakob sein würde, daß er ihn behüten, schützen und segnen würde gemäß all dem, was er ihm zugesagt hatte. Bemerkenswert ist nun Jakobs Antwort.

1. Mose 28,20–22:
Und Jakob tat ein Gelübde und sprach: Wird Gott mit mir sein und mich behüten auf dem Wege, den ich reise, und mir Brot zu essen geben und Kleider anzuziehen
und mich mit Frieden wieder heim zu meinem Vater bringen, so soll der HERR mein Gott sein.
Und dieser Stein, den ich aufgerichtet habe zu einem Steinmal, soll ein Gotteshaus werden; und von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben.

Jakob richtete seinen Blick ganz auf Gott. Er entschied sich aufgrund dieser Zusage Gott wahrlich zu seinem Gott zu machen, ihm in allem zu vertrauen und ihn zu ehren. Jakobs Antwort auf Gottes Verheißung ist sein Gelübde, von allem, was Gott ihm geben würde, den Zehnten zu geben.

Der Zehnte ist die rechte, angebrachte, liebevolle, vertrauende Antwort an Gott, den Schöpfer Himmels und der Erde, der Verheißungen gibt und uns gemäß seiner Verheißungen gesegnet hat. Damit verbunden sehen wir hier auch eine Einstellung der Gottesverehrung, der Anbetung und Ehrfurcht Gott gegenüber. Es geht nicht darum, durch das Zahlen irgendeiner Summe sich etwas von Gott zu erkaufen – absolut nicht! Der Zehnte ist keine Schutzgebühr, auch keine Einlage in einen Fond, von dem man sich möglichst viel an Zinsen verspricht, nichts dergleichen! Es geht nicht um Drohungen, daß der, der ihn nicht zahlt, entsprechende Konsequenzen zu erwarten hat. Darauf liegt das Augenmerk nicht. Die Schrift vermittelt uns ein klares Bild, daß das Geben des Zehnten Ausdruck einer ehrfürchtigen und dankbaren Einstellung des Herzens gegenüber Gott ist.

Jakob kam danach nach Aram und wurde von Laban ziemlich betrogen, und er blieb dort einige Jahre, während der er für seine Frauen in den Diensten Labans stand. Laban war recht gerissen und versuchte immer wieder, Jakob auszunutzen und ihm Schaden zuzufügen. Interessant ist, was Jakob dazu berichtet, als er seinen Frauen mitteilt, daß sie nun von Aram weg nach Kanaan ziehen werden.

1. Mose 31,5–10:
und sprach zu ihnen: Ich sehe an eures Vaters Angesicht, daß er gegen mich nicht ist wie zuvor; aber der Gott meines Vaters ist mit mir gewesen.
Und ihr wißt, daß ich aus allen meinen Kräften eurem Vater gedient habe.
Und er hat mich getäuscht und zehnmal meinen Lohn verändert; aber Gott hat ihm nicht gestattet, daß er mir Schaden täte.
Wenn er sprach: Die Bunten sollen dein Lohn sein, so trug die ganze Herde Bunte. Wenn er aber sprach: Die Sprenkligen sollen dein Lohn sein, so trug die ganze Herde Sprenklige.
So hat Gott die Güter eures Vaters ihm entwunden und mir gegeben.
Denn wenn die Brunstzeit kam, hob ich meine Augen auf und sah im Traum, und siehe, die Böcke, die auf die Herde sprangen, waren sprenklig, gefleckt und bunt.

Laban war nicht ehrlich mit Jakob umgegangen, hatte immer wieder versucht, ihn reinzulegen und ihn um seinen wohlverdienten Lohn zu bringen. Bemerkenswert ist aber, daß Gott eingriff und auch weiterhin Jakob segnete und ihm beistand. Jakob hatte sein Vertrauen auf Gott gesetzt, wie wir zuvor gerade gelesen hatten. Er hatte auf Gott vertraut, er gab den Zehnten von allem und erwartete, daß Gott seine Verheißungen einhält. Jakobs Vertrauen ruhte nicht auf dem Arbeitgeber, nicht auf weltlicher Weisheit, sondern auf Gott und dessen Verheißungen, wie aus den nächsten Angaben erichtlich wird.

1. Mose 31,11–13:
Und der Engel Gottes sprach zu mir im Traum: Jakob! Und ich antwortete: Hier bin ich.
Er aber sprach: Hebe deine Augen auf und sieh! Alle Böcke, die auf die Herde springen, sind sprenklig, gefleckt und bunt; denn ich habe alles gesehen, was Laban dir antut.
Ich bin der Gott, der dir zu Bethel erschienen ist, wo du den Stein gesalbt hast, und du hast mir daselbst ein Gelübde getan. Nun mach dich auf und zieh aus diesem Lande und kehre zurück in das Land deiner Verwandtschaft.

Hier wird der Zusammenhang deutlich zwischen dem, was Gott für Jakob tat in den Zeiten, als Laban versuchte, ihn zu betrügen und ihm Schaden zuzufügen. Gott blieb seinen Verheißungen treu, und Jakob hatte sein Vertrauen weiterhin auf Gott gesetzt und sich nicht davon abbringen lassen, den Zehnten zu geben, so wie er es einst gelobt hatte. Von Jakobs Gelübde hatten wir zuvor gerade gelesen, er hatte Gott versprochen, den Zehnten von allem zu geben, womit er gesegnet werden würde. Das war Ausdruck seines völligen Vertrauens auf Gottes Hilfe und seine Fürsorge.

Israel und das Gesetz des Mose

Jakob kam schließlich mit seinen Söhnen und der ganzen Familie nach Ägypten. Später dann erlöste Gott die Israeliten aus der Knechtschaft in Ägypten, und kurz nach ihrem Auszug gab er ihnen sein Gesetz am Berg Sinai, als er Israel zu seinem Volk erwählte und einen Bund mit ihnen schloß. Teil dieses Gesetzes, das auch als Gesetz des Mose bekannt ist, waren auch ausführliche Angaben und Gebote bzgl. des Zehnten. Allerdings muß man bemerken, daß der Zehnte nicht erst mit dem Gesetz begann, vielmehr hatte Gott das Prinzip des Zehnten schon lange vor dem Gesetz offenbart und zum Segen derer, die ihm vertrauen, eingerichtet.

Das Gesetz enthält einige aufschlußreiche Angaben zum Geben des Zehnten, vor allem vor dem Hintergrund, daß Gott sich aus dem ganzen Volk Israel einen der zwölf Stämme auserwählt hatte, der in ganz besonderer Weise ihm „gehören“ sollte. Der Stamm Levi wurde von Gott auserkoren, den Dienst am Heiligtum zu verrichten. Der Stamm Levi sollte sich völlig dem Gottesdienst widmen und in der Stiftshütte (und später dann im Tempel) dienen. Ihnen wurde von Gott kein Land zugeteilt, auch sollten sie selbst kein Land zum Bewirtschaften besitzen, sondern die anderen elf Stämme wurden von Gott beauftragt, mit ihren Zehnten die Leviten zu versorgen. Dadurch wurde eine großartige Sache ermöglicht, die ansonsten gar nicht so hätte eingerichtet werden können – ein Gottesdienst an einem Heiligtum, durch den Gott in den absoluten Mittelpunkt des gesamten Volkes gestellt werden konnte. Gott war der zentrale Punkt des gesamten Lebens des Volkes Israel.

Einige Stellen über den Zehnten aus dem Gesetz vermitteln uns weitere Einsicht in das Wesen und die Absicht hinter dem Zehnten.

5. Mose 14,22 und 23:
Du sollst alle Jahre den Zehnten absondern von allem Ertrag deiner Saat, der aus deinem Acker kommt,
und sollst davon essen vor dem HERRN, deinem Gott, an der Stätte, die er erwählt, daß sein Name daselbst wohne, nämlich vom Zehnten deines Getreides, deines Weins, deines Öls und von der Erstgeburt deiner Rinder und deiner Schafe, auf daß du fürchten lernst den HERRN, deinen Gott, dein Leben lang.

Auch diese Schriftstelle weist uns darauf hin, daß der Zehnte etwas mit Gottesfurcht zu tun hat. Das Geben des Zehnten gab Israel Gelegenheit, die bedeutendste Lektion ihres Lebens zu lernen: Gott allezeit zu fürchten (d.h. Ehrfurcht vor Gott zu haben)! Der Zehnte ist eine immer wiederkehrende Möglichkeit, Gott zu ehren, ihm mit Ehrfurcht zu begegnen, seine Verheißungen ins Gedächtnis zu rufen, an seiner Treue festzuhalten, unser ganzes Vertrauen auf ihn zu setzen, was unser Auskommen und unser Leben angeht.

5. Mose 26,9–11:
und brachte uns an diese Stätte und gab uns dies Land, darin Milch und Honig fließt.
Nun bringe ich die Erstlinge der Früchte des Landes, das du, HERR, mir gegeben hast. - Und du sollst sie niederlegen vor dem HERRN, deinem Gott, und anbeten vor dem HERRN, deinem Gott,
und sollst fröhlich sein über alles Gut, das der HERR, dein Gott, dir und deinem Hause gegeben hat, du und der Levit und der Fremdling, der bei dir lebt.

5. Mose spielt sich zum größten Teil während des letzten Monats im letzten Jahr der Wanderung in der Wüste ab, kurz bevor Israel dann unter Josuas Führung ins gelobte Land einzog. Mose erinnert Israel erneut an Anweisungen, die Gott gegeben hatte, auch an Gebote bzgl. des Zehnten, den sie von all ihren Erträgen bringen sollten.

Wahrlich bedeutsam ist in dieser Stelle die Verknüpfung des Zehnten mit der Anbetung Gottes. Sie sollten den Zehnten zum Heiligtum bringen, ihn „niederlegen vor dem HERRN, deinem Gott“, und sie sollten „anbeten vor dem HERRN, deinem Gott“! Hier wird uns deutlich vor Augen geführt, wie das Geben des Zehnten mit Anbetung Gottes einhergeht. Es ist ein Teil der Anbetung, ein Teil des Gottesdienstes.

Wenn man die verschiedenen Stellen im Gesetz betrachtet, wo der Zehnte erwähnt wird, erkennt man, daß der zehnte Teil eigentlich sozusagen das Minimum war. Aus den Berichten geht eher hervor, daß Israel wohl viel mehr als nur den zehnten Teil ihres Ertrages gab; manche meinen, es seien sicher 20%, andere, es seien vielleicht sogar insgesamt bis zu 30% ihres Einkommens gewesen, die für Gott und im Dienste Gottes gegeben wurden. Das ist schon bemerkenswert.

Man schaut manchmal auf Israel und konzentriert sich auf ihr Versagen, auf die Stellen, wo uns berichtet wird, wie sie sich von Gott entfernt hatten in der Verstockung ihres Herzens, und dabei wird leider übersehen, daß sie auch einige wirklich wunderbare und ganz großartige Dinge taten, um Gott zu dienen und ihn zu ehren. Für uns ist es manchmal gar nicht recht zu erfassen, welch zentrale Stellung Gott eigentlich in ihrem Leben haben sollte und auch hatte, wenn Israel nach Gottes Anweisungen handelte.

Wir lesen von den Zehnten, die sie darbrachten, und auch vom Geben ihrer Zeit, etwa im Einhalten des Sabbats. Im Gesetz war der Sabbat ein Tag, an dem jede reguläre Arbeit untersagt war, um eben diesen Tag ganz dem Herrn zu widmen. Ein Tag der Woche war auf diese Weise geheiligt, und alles an jenem Tage war auf Gott und Gottesdienst ausgerichtet. In unserer heutigen Gesellschaft haben wir es zwar möglich gemacht, zwei oder mehr Tage pro Woche arbeitsfrei zu halten, aber von diesen Tagen wenden viele nicht einmal eine Stunde auf, um an Gott zu denken oder ihm zu dienen. Die Freizeit wird für das „Selbst“ benötigt, und da würde dann Gott doch nur „stören“. Das ist schon eine recht traurige Situation.

Neben dem wöchentlichen Sabbat gab es weitere Tage, die dem HERRN geweiht waren, wie etwa die drei jährlich wiederkehrenden Feste, bei denen sich die Männer Israels jeweils eine ganze Woche in Jerusalem versammelten, um dem HERRN zu dienen. Manche hatten dazu noch 2-3 Tage für Hin- und Rückreise einzuplanen, so daß ca. 4 Wochen an Zeit darauf entfielen. Viele Leute heute haben auch pro Jahr ungefähr diese Zeit als Urlaub zur Verfügung, nur wieviele verwenden auch nur einen Bruchteil davon, um sich an einer Form von Gottesdienst zu beteiligen?

Dazu kamen dann gar noch jeweils Sabbatjahre, wo ein ganzes Jahr lang nicht die Arbeit im Vordergrund des täglichen Lebens stand, sondern Gott. Jedes 50. Jahr dann war noch ein besonderes Jubeljahr, während dem ebenfalls der Dienst und das Gedenken an Gott absolut zentrale Bedeutung hatte. Alle sieben Jahre etwa ein ganzes Jahr für den Dienst an Gott einzuplanen, erscheint heute fast undenkbar und eher unmöglich.

Solches war möglich, weil Gott entsprechend für sein Volk sorgte. Er hatte ihnen verheißen, daß er ihre Genüge in allem sein würde, solange sie ihn verehrten und ihm dienten entsprechend der von ihm gegebenen Gebote. Sie sollten am 6. Tag mehr einsammeln, und am 6. Tag war mehr einzusammeln. Sie sollten ihn ehren und ihm die Zehnten bringen und er würde für sie sorgen, und haargenau so war es, solange sie Gottes Gebot befolgten. Solange sie Gott ehrten und ihm dienten bzw. ihn anbeteten, erfreuten sie sich an Gottes Segnungen.

Es scheint, als liege gerade in der Unkenntnis dieses Sachverhalts auch mit die größte Ursache dafür, daß es vielen unter uns heute so schwer fällt, auch nur annähernd so zu leben, wie Israel es tat, wenn sie Gott vertrauten. Wir haben keine Zeit für Gott und Gottesdienst, warum? Weil wir die ganze Zeit über arbeiten müssen und manchmal selbst zwei Stellen nicht ausreichen, um genügend Geld zu verdienen. Dann brauchen wir noch mehr und haben noch weniger Zeit, und es bleibt kaum Zeit, um sich körperlich zu erholen. Wir sind in einem Teufelskreis gefangen und einer Illusion erlegen. Der Ausweg aus dem Dilemma liegt nur im Ausbruch aus dem Teufelskreis – Gott muß in die Sache hineingebracht werden! Er hat denen, die an Christus glauben und nun zur Gemeinde Gottes gehören, nicht weniger an Segnungen verheißen als Israel damals! Nur, wenn wir heute – wie auch Israel zu manchen Zeiten tat – uns nicht zuerst um Gott und seine Angelegenheiten bemühen, wenn wir ihn nicht suchen und ihn nicht ehren, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir keine Zeit für nichts haben.

Wir sollten neu überdenken, was für uns wirklich zentrale Bedeutung in unserem Leben hat. Ist es Geld, Arbeit, Urlaub, Vergnügen? Oder ist es Gott, der Allmächtige? Wir mögen zwar denken, daß Geld und Arbeit uns Sicherheit im Leben geben, aber dem ist nicht so, wie manch einer im Laufe der Geschichte hat erkennen müssen. Gott ist der einzige, der „sicher“ ist – nur auf ihn ist Verlaß! Die verschiedenen Dinge in unserem Leben müssen im rechten Verhältnis zueinander stehen und Gott muß erste Priorität haben. Ihn zu ehren, ihn zu loben und zu preisen, ihm zu dienen, das muß ganz oben stehen. Dann kommen auch die weiteren Dinge zum Segen zusammen.

Das Geben des Zehnten nimmt dabei eine bedeutsame Stellung ein, wie auch aus einem Abschnitt in Sprüche zu erkennen ist.

Sprüche 3,5–10:
Verlaß dich auf den HERRN von ganzem Herzen, und verlaß dich nicht auf deinen Verstand,
sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.
Dünke dich nicht weise zu sein, sondern fürchte den HERRN und weiche vom Bösen.
Das wird deinem Leibe heilsam sein und deine Gebeine erquicken.
Ehre den HERRN mit deinem Gut und mit den Erstlingen all deines Einkommens,
so werden deine Scheunen voll werden und deine Kelter von Wein überlaufen.

Die Ermutigung, sich auf den HERRN zu verlassen von ganzem Herzen, an ihn in allen Wegen zu gedenken, ihn zu fürchten, wird fortgesetzt mit dem Gebot, den HERRN zu ehren mit den Erstlingen all unseres Einkommens. Im Geben des Zehnten, das sind die Erstlinge des Einkommens, zeigt sich unser Vertrauen auf den HERRN, darin bekunden wir, daß wir uns auf ihn von ganzem Herzen verlassen wollen. Solches Vertrauen bringt in reichem Maße Segen, wie Gottes Zusage von „vollen Scheunen“ und „überlaufenden Keltern“ uns anzeigt.

Welch wichtiger Bestandteil unseres Gottesdienstes und unserer Verehrung Gottes der Zehnte ist, wird auch ersichtlich aus einem Bericht in Maleachi, wo Gottes Wort aufzeigt, was geschieht, wenn das Geben des Zehnten nicht bzw. nicht mit der rechten Einstellung und Gottesfurcht geschieht.

Maleachi 3,7 und 8:
Ihr seid von eurer Väter Zeit an immerdar abgewichen von meinen Geboten und habt sie nicht gehalten. So bekehrt euch nun zu mir, so will ich mich auch zu euch kehren, spricht der HERR Zebaoth. Ihr aber sprecht: »Worin sollen wir uns bekehren?«
Ist’s recht, daß ein Mensch Gott betrügt, wie ihr mich betrügt! Ihr aber sprecht: »Womit betrügen wir dich?« Mit dem Zehnten und der Opfergabe!

Israel versäumte es auch mitunter, Gottes Gebote einzuhalten. Gott spricht durch den Propheten Maleachi recht starke Worte. Das Versäumnis, den Zehnten und die Opfergabe zu geben, bezeichnet Gott selbst als Betrug an ihm. Der Zehnte, wie wir hier erneut sehen, war nicht nur des Menschen Idee. Es war nicht eine Sache, die sich ein Mensch irgendwann nur so mal ausgedacht hatte, sondern es war ein Bestandteil von Gottes Plan. Es war Betrug an Gott, ihm den Zehnten und die Opfergabe vorzuenthalten, also ihm nicht zu vertrauen und ihm nicht die zentrale Stellung zu geben, die ihm gebührte. Als Israel den Zehnten nicht gab bzw. ihre Opfergabe nicht brachte, war das nicht nur eine Sache, die allein sie selbst betraf. Gott war betroffen!

Maleachi 3,9–12:
Darum seid ihr auch verflucht; denn ihr betrügt mich allesamt.
Bringt aber die Zehnten in voller Höhe in mein Vorratshaus, auf daß in meinem Hause Speise sei, und prüft mich hiermit, spricht der HERR Zebaoth, ob ich euch dann nicht des Himmels Fenster auftun werde und Segen herabschütten die Fülle.
Und ich will um euretwillen den »Fresser« bedrohen, daß er euch die Frucht auf dem Acker nicht verderben soll und der Weinstock auf dem Felde euch nicht unfruchtbar sei, spricht der HERR Zebaoth.
Dann werden euch alle Heiden glücklich preisen, denn ihr sollt ein herrliches Land sein, spricht der HERR Zebaoth.

Das Ergebnis eines solchen Verhaltens war nicht Segen, sondern Fluch. Gott zeigt ihnen jedoch sogleich auch den Weg auf, wie sie ihre Situation ändern können. Ihr Herz muß sich ändern, ihr Blick muß auf den HERR und seinen Plan gerichtet sein. Ihm müssen sie vertrauen, was sie tun, wenn sie den Zehnten in voller Höhe zum Tempel bringen. Dann ist Segen zu erwarten, und zwar „Segen die Fülle“! Gott verheißt ein Öffnen der „Fenster des Himmels“, um seinen Segen auszuschütten. Das einzige Mal, wo sonst in der Bibel die Fenster des Himmels erwähnt werden, ist zur Zeit Noahs, als sich die Fenster des Himmels auftaten und es ungeheure Wassermengen regnete, die die gesamte Erde bedeckten. Hier verheißt Gott, daß er großen und überreichen Segen ausschütten wird auf die, die ihren Zehnten geben. Es folgt noch eine weitere Zusage Gottes, der nicht nur Segen die Fülle schenken wird, sondern uns auch seinen Schutz angedeihen läßt. Er trägt dafür Sorge, daß der „Fresser“ nicht unser Hab und Gut verderben wird. Ob solchen Segens werden andere die glücklich preisen, die Gott vertrauen und ihre Zehnten und Opfergaben bringen.

Anwendung auch in unserem Leben

Selbst aus diesen wenigen Schriftstellen des Alten Testaments über den Zehnten, sind bereits die grundlegenden Punkte zu erkennen, die wir beachten sollten:

All diese Punkte sind auch für uns heute als Glieder der Gemeinde von Bedeutung und gültig. Der Zehnte war, wie wir zu Beginn schon gesehen haben, nicht erst ein Gebot des mosaischen Gesetzes, er war vielmehr bereits vor dem Gesetz gültig. Der Zehnte ist auch in unserer Zeit eine notwendige Maßnahme, um Gott zu ehren, um ihm eine zentrale Stellung in unserem Leben zu geben und uns an seinem Segen zu erfreuen.

 

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