von
Wolfgang Schneider
In einigen Gemeinden wird eine Stelle aus 1. Korinther 14 benutzt, um ein allgemeines Redeverbot für Frauen in einer Versammlung der Gemeinde zu begründen. In diesen Gruppen wird dabei auch argumentiert, dass es eben generell eine Gott gewollte Ordnung gibt, wonach sich Frauen quasi grundsätzlich Männern unterordnen müssten und dieses eben in besonderem Maße dann in der Gemeinde darin deutlich wird, dass Frauen in Gemeindetreffen nicht reden oder laut beten dürfen.
Die benutzte Bibelstelle findet sich in 1. Korinther 14 in einem größeren Abschnitt, in welchem Paulus auf einige Missstände in der Gemeinde in Korinth bei deren Versammlungen eingeht.
1. Korinther 14,33b-35
Wie in allen Gemeinden der Heiligen
34 sollen die Frauen schweigen in den Gemeindeversammlungen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt.
35 Wollen sie aber etwas lernen, so sollen sie daheim ihre Männer fragen. Es steht einer Frau schlecht an, in der Gemeindeversammlung zu reden.
Man sollte zunächst einmal zumindest einige Verse zurückgehen, um etwas von dem Kontext zu verstehen, in welchem diese Aussage steht. Den Kontext zu beachten ist absolut notwendig bzgl. einer jeden Aussage, denn Wörter und Sätze erhalten ihre Bedeutung immer durch den Kontext, in welchem sie gemacht wurden und stehen.
1. Korinther 14,29-33
29 Auch von den Propheten lasst zwei oder drei reden, und die andern lasst darüber urteilen.
30 Wenn aber einem andern, der dabeisitzt, eine Offenbarung zuteilwird, so schweige der Erste.
31 Ihr könnt alle prophetisch reden, doch einer nach dem andern, damit alle lernen und alle ermahnt werden
32 Die Geister der Propheten sind den Propheten untertan.
33 Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens.
Worum geht es hier? Paulus erörtert den Gebrauch einiger geistlicher Angelegenheiten in der Gemeinde, hier nun besonders die Situation, wenn einige in der Gemeinde weissagen („prophetisch reden“). Dabei soll es kein chaotisches Durcheinander geben, sondern höchstens zwei oder drei sollen reden und nacheinander, was kein Problem darstellt, weil die Redenden in Kontrolle über ihr Tun sind („Geister der Propheten sind den Propheten untertan“). Die anderen in der Gemeinde sollen zuhören und über das Gehörte nachdenken und urteilen.
Nun stellt sich natürlich die Frage: Warum schwenkt Paulus dann nun plötzlich auf die Sache mit den Frauen ab?
Im Zusammenhang mit den Erörterungen über geistliche Dinge und deren Nutzung in der Gemeinde in Korinth gab es offenbar eine Situation mit einigen Ehefrauen die immer wieder fast aus Gewohnheit dazwischen redeten und laufend Zwischenfragen stellten. Dieses andauernde Zwischenreden unterbrach natürlich, was die Propheten zu sagen hatten, daher wird ihnen geboten, zu schweigen und nicht dazwischen zu reden.
1. Korinther 14,33b-35
Wie in allen Gemeinden der Heiligen
34 sollen die Frauen schweigen in den Gemeindeversammlungen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt.
35 Wollen sie aber etwas lernen, so sollen sie daheim ihre Männer fragen. Es steht einer Frau schlecht an, in der Gemeindeversammlung zu reden.
Das Problem schien eine spezielle Sache in Korinth zu sein. In allen anderen Gemeinden verhielten sich die Ehefrauen offenbar ehrbar und ordentlich, anders dagegen die Ehefrauen in der Gemeinde in Korinth, die offenbar recht vorlaut und schnell beim Reden waren. Dass sich der Kontext auf Ehefrauen bezieht, und es womöglich gerade die Ehefrauen der Männer waren, die da weissagten, wird deutlich aus dem Hinweis, sie „sollen daheim ihre Männer fragen“. Sie konnten ja jederzeit später zu Hause ihre Ehemänner fragen über Dinge, die sie vielleicht nicht gehört oder nicht verstanden hatten.
Es geht offensichtlich um das Verhalten dieser Ehefrauen in der Gemeindeversammlung in Korinth, nicht um ein allgemeines Redeverbot für Frauen in jeder christlichen Gemeinde, nur weil sie Frauen sind und in der Anwesenheit von Männern nichts sagen dürften. Mit diesem „Störfeuer“ brachten diese Ehefrauen Schande und Unehre auf ihre Männer und auch auf die Gemeinde insgesamt. Sie erweckten mit ihrer Fragerei den Eindruck, als wären ihre Männer unwissend und ahnungslos, was christlichen Lebenswandel und das Wort Gottes betraf. Daher war es diesen Ehefrauen nicht gestattet zu "reden" und mit ihrer Fragerei die Weissagenden zu unterbrechen und zu stören und für Unordnung in der Gemeinde zu sorgen.