von
Wolfgang Schneider
Als Einleitung in das Buch der Offenbarung dient ein kurzer Abschnitt, in dem ohne Umschweife und in klaren und leicht verständlichen Worten dargelegt ist, worum es in den nachfolgenden Teilen geht, wer diese Informationen gab, und zweimal in betonter Weise, wann die erwähnten Ereignisse sich ereignen würden.
Offenbarung 1,1-3
1 Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, die ihm Gott gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen soll; und er hat sie gedeutet und gesandt durch seinen Engel zu seinem Knecht Johannes,
2 der bezeugt hat das Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Christus, alles, was er gesehen hat.
3 Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe.
Als erstes wird erwähnt, wer als Autorität hinter der Offenbarung und den Visionen steht. Dann folgt eigentlich sofort der Anlass bzw. Grund, warum diese Dinge nun zu dem Zeitpunkt offenbart und aufgezeichnet wurden. Die Offenbarung hatte ihren Ursprung bei Gott und dann Jesus Christus, und der Grund für die Offenbarung war die Dringlichkeit dessen, was mitgeteilt wurde.
Bemerkenswert hierbei ist, dass diese Dinge geschehen "sollen" bzw. "müssen". Es wird also keine Möglichkeit einer Änderung eingeräumt, wie man es manchmal bei anderen Weissagungen von Propheten sieht, als die Zuhörer durch Änderung ihres Verhaltens noch ändern konnten, was angekündigt war (vgl. z.B. Jona und die Situation in Ninive). Die Dinge hier müssen geschehen, und diese Unabänderlichkeit wird noch dadurch betont, dass sie "in Kürze" geschehen werden.
Erst nach diesen Details erwähnt Johannes sich selbst, und bestätigt, dass er derjenige ist, der Gottes Wort bezeugt hat und somit einer der von Jesus Christus berufenen Apostel ist, und dass die ihm gezeigten Visionen wahrhaftig von ihm niedergeschrieben wurden.
Zum Abschluss des einleitenden Abschnitts wird erneut die Dringlichkeit der offenbarten Dinge erwähnt, nunmehr etwas anders formuliert, wenn es heißt "die Zeit ist nahe". Welche Zeit war nahe? Die Zeit der Erfüllung dessen, was hier prophezeit war! Außerdem erfahren wir noch, wie die Information verkündet würde: Das Schreiben des Johannes würde in den Gemeinden laut vorgelesen, so dass die treuen Gläubigen den Inhalt dann hörten. Sie würden gesegnet sein, wenn sie das Gelesene bzw. Gehörte behalten, d.h. beachten und danach handeln würden.
Auf die kurze Einleitung folgt nun der Teil des Schreibens mit einführenden Anmerkungen an die sieben Gemeinden in der Provinz Asia, an die das Buch in besonderer Weise gerichtet ist. Johannes adressiert zuerst alle sieben Gemeinden zusammen und vermittelt Informationen, die alle sieben gleichermaßen betreffen.
Offenbarung 1,4-6
4 Johannes an die sieben Gemeinden in der Provinz Asia: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind,
5 und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und Fürst der Könige auf Erden! Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut
6 und uns zu einem Königreich gemacht hat, zu Priestern vor Gott und seinem Vater, dem sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
In diesen Versen haben wir eine freundliche Begrüßung mit dem Wunsch von Gnade und Frieden. Erstmals wird Gott hier mit dem Titel "der da ist und der da war und der da kommt" bezeichnet. Ähnliche Titel und Bezeichnungen für Gott gibt es auch später noch in der Offenbarung. Der Titel betont, dass Gott "der Seiende", "der Existierende" ist; Gott war schon immer, ist und bleibt auch immer. Der Hinweis auf "der da kommt" weist nicht nur in die Zukunft insgesamt, sondern auf die bevorstehenden Ereignisse des kommenden Gerichts Gottes. Gott wird kommen - in Gestalt des von ihm bereits durch Propheten angekündigten Gerichts.
Neben Gott erwähnt Johannes dann auch den Messias Jesus als Quelle für Gnade und Frieden. Auch ihn umschreibt er mit mehreren Titeln und Umschreibungen. Jesus ist der Messias, der "Christus", der von Gott verheißene Erlöser. Er ist der "treue Zeuge" der allezeit in seinen Worten und Werken Gottes Willen kundtat und bezeugte. Weiterhin ist der Messias der "Erstgeborene von den Toten", da er der erste aller Toten war, der zu ewigem Leben auferstand. Als Messias ist er zudem "Fürst der Könige auf Erden". Er herrscht allerdings nicht mit politischer Macht wie die Könige auf Erden, sondern seine Herrschaft ist nicht von dieser Welt, sondern geschieht mittels Gottes Prinzipien, wie er bereits während seines irdischen Wirkens bekundete und lehrte.
Dann erinnert Johannes noch an das, was der Messias für die Gläubigen getan hat. Er hat sie aus Liebe mit seinem Opfer von ihren Sünden erlöst und nun zu Gliedern seines Reichs und zu Priestern vor Gott, dem Vater Jesu, gemacht. Gott ist es, dem allezeit Ehre und Gewalt zusteht.
Offenbarung 1,7-8
7 Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben, und es werden wehklagen um seinetwillen alle Stämme der Erde. Ja, Amen.
8 Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.
Hier nun wird ein Bezug hergestellt zu dem, was in Offenbarung dann weiter ausgeführt ist: Das Kommen im Gericht über Israel. Der Text reflektiert zudem Aussagen aus Daniel 7,13 und verweist auf Sacharja 12. Vers 7 redet von den damaligen Juden, und im Blick sind alle Stämme im Land (die Stämme Israels), und diese würden alle erkennen, was über sie hereinbrechen wird, wenn Gottes Gericht in Kürze kommen würde. Weitere Informationen zu Vers 7 gibt es in der Studie Es werden ihn sehen alle Augen?
In Vers 8 bestätigt Gott selbst diese Worte, und erneut benutzt der Text den Titel "der da ist und der da war und der da kommt", zusätzlich zu "A und O" und "der Allmächtige". Gerade der Hinweis auf den Allmächtigen lässt keinen Zweifel, dass die in diesem Buch verkündeten Weissagungen absolut gewiss sind und zustande kommen werden.
Offenbarung 1,9-20
9 Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus, war auf der Insel, die Patmos heißt, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen.
10 Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine große Stimme wie von einer Posaune,
11 die sprach: Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea.
12 Und ich wandte mich um, zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. Und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter
13 und mitten unter den Leuchtern einen, der war einem Menschensohn gleich, der war angetan mit einem langen Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel.
14 Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme
15 und seine Füße gleich Golderz, wie im Ofen durch Feuer gehärtet, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen;
16 und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht.
17 Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte
18 und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.
19 Schreibe, was du gesehen hast und was ist und was geschehen soll danach.
20 Das Geheimnis der sieben Sterne, die du gesehen hast in meiner rechten Hand, und der sieben goldenen Leuchter ist dies: Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind sieben Gemeinden.
In diesem Abschnitt beschreibt Johannes, wie ihm die Offenbarung und Vision zuteil wurde. Zunächst erwähnt er kurz seine Umstände. Er erlebte ebenfalls wie die Gläubigen in den Gemeinden Bedrängnis und teilte mit ihnen die Teilhabe an der Herrschaft und in der Geduld Jesu, was im Begriff "euer Bruder und Mitgenosse" anklingt. Johannes war zu der Zeit auf der Insel Patmos "um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen", was zumeist gedeutet wird als Verbannung wegen seiner Verkündigung von Gottes Wort und des Evangeliums des Messias Jesu.
Als nächstes heißt es in der Lutherfassung, er "wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn". Andere Bibelübersetzungen haben hier z.B.: "Ich war im Geist am Tag des Herrn" (Schlachter 2000), " Ich war an des Herrn Tag im Geist" (Elberfelder Bibel, 2016), "Da geriet ich durch den Geist in Verzückung* am Tage des Herrn (d.h. am Sonntag)" (Menge Bibel 2003). Offenbar sind Bibelübersetzer davon überzeugt, dass "der Tag des Herrn" ein Sonntag sei und Johannes die Offenbarung an einem Sonntag erhielt. Derartiges Denken berücksichtigt jedoch nicht, dass der Ausdruck "Tag des Herrn" in biblischen Kontext eigentlich immer ein "Gericht des Herrn" bezeichnet und "Tag" dabei keine Zeitangabe für einen Wochentag ist, sondern ein Hinweis auf das Tagen des Gerichts (vgl. heutige Begriffe wie "Städtetag", "Landtag", usw.). Johannes tut kund, dass er "im Geist", d.h. mittels einer Offenbarung und Vision, Dinge erfuhr und sah, die sich bei dem nahe bevorstehenden Gerichtstag des Herrn zutragen würden. Was Johannes im Geist als Vision dann sah, folgt in den nächsten Versen.
Seine Aufmerksamkeit wurde erweckt vom lauten Klang einer Stimme, die quasi den Signal Effekt wie bei einer Posaune im Krieg hatte. Jesu Stimme gebot ihm nun, die Visionen ("was du siehst") aufzuschreiben und den hier nun benannten sieben Gemeinden zu senden. Offensichtlich war der Inhalt relevant für diese Gemeinden und die Schwierigkeiten, die sie haben oder die auf sie zukommen würden.
Johannes drehte sich dann in Richtung der Stimme und als erstes nahm Johannes sieben goldene Leuchter wahr, und mitten unter den Leuchtern sah er jemanden, der einem Menschen ähnlich war, wobei dann die weiteren Details wie Gewand und goldenen Gürtel, Haupt mit weißem Haar und Augen wie Feuerflammen, Füße wie gehärtetes Golderz, und Stimme wie großes Wasserrauschen deutlich machen, dass hier Redefiguren und ungewöhnliche Sprachbilder genutzt werden, um bestimmte Eigenschaften dieser Person zu betonen. Er hält sieben Sterne in der rechten Hand, aus seinem Mund geht ein scharfes Schwert und sein Angesicht leuchtet wie die Sonne im Zenit.
Bedeutungsvoll in diesem Bild von Jesus in dieser Vision ist z.B. das lange Gewand, was an sein Amt als Hohepriester erinnert (vgl. 2. Mose 28,4; 29,5); wobei man beachten sollte, dass ja mit den kommenden Ereignissen das levitische jüdische Priestertum endgültig abgelöst und für immer obsolet würde. Der goldene Gürtel um die Brust mag hindeuten auf seinen Status als der Hohepriester über "ein Königreich von Priestern" (vgl. 2. Mose 19,5). Das weiße Haar wie Schnee deutet wohl darauf hin, dass er nun in der Gegenwart Gottes steht (vgl. etwa Daniel 7,9, oder auch des Mose Gesicht in 2. Mose 34). Allerdings leuchtet Jesu Angesicht voll wie die Sonne, da er Gottes volle Herrlichkeit gesehen hat. Die feurigen Augen weisen darauf hin, dass er durch Äußerlichkeiten hindurch sieht auf die Intentionen des Herzens von Leuten. Füße aus gehärtetem Golderz stehen für Beständigkeit, Festigkeit und zudem Reinheit (in zu den tönernen und eisernen zerbrechlichen Füßen in Daniel 2). Jesu "Stimme wie großes Wasserrauschen" deutet darauf hin, dass seine Worte in dieser Weissagung unaufhaltsam sind (vgl. Hesekiel 43,1-2), und seine Worte sind wie ein "scharfes, zweischneidiges Schwert", die eine klare Trennung und Unterscheidung bewirken (vgl. Hebräer 4,12). Diese Umschreibungen werden dann später erneut in den nachfolgenden Botschaften an die verschiedenen Gemeinden einzeln benutzt.
Angesichts dieses dramatischen, übermächtigen und Ehrfurcht einflößenden Eindrucks fiel Johannes wie tot vor Schreck und Angst zu Boden zu Füßen der Person. Jesus berührte ihn dann aber mit der rechten Hand und beruhigte ihn mit einem "Fürchte dich nicht!", was Johannes womöglich an Situationen aus der Zeit erinnerte, als die Apostel Jahre zuvor Jesus begleiteten.
Als nächstes identifiziert sich die Person als der Messias Jesus mit verschiedenen Umschreibungen, ähnlich wie zuvor bereits auf Gott hingewiesen wurde. Er ist zu dem Zeitpunkt der einzige ("Erste und Letzte"), der tot war und zu ewigem Leben auferstanden war und nun Gewalt ("Schlüssel") hatte über Tod und Grab (vgl. hierzu auch die Studie Wer ist "der Erste und der Letzte"?).
Nachdem Johannes dann wieder bereit war zu schreiben, wiederholt Jesus die Anweisung, diese und die weiteren Visionen aufzuschreiben. Es folgt nun die Erklärung für die Bedeutung der sieben Leuchter und sieben Sterne, die Johannes sah.
Die sieben Leuchter symbolisieren die sieben Gemeinden, und Jesus steht mitten unter ihnen. Jesus hat Autorität über die Gemeinden, kann auch Leuchter entfernen. Zudem wird deutlich, dass die Leuchter ja nur in eingeschränktem Maße Licht geben, Jesus aber die ganze Herrlichkeit Gottes als Licht in vollem Glanz ausstrahlt.
Die Sterne in seiner rechten Hand symbolisieren die Boten der sieben Gemeinden. Jesus sendet die Boten aus, sie überbringen seine Worte, seine Botschaft. Man sollte Acht haben, dass das Wort "Engel" als Übersetzung des griechischen Wortes ἄγγελος eigentlich "Bote, Gesandter" bedeutet. Mit "Engel" verbinden sich Vorstellungen von real existierenden "himmlischen Geist-Lebewesen", was aber hier zu einem falschen Verständnis führen würde. In der Schlachter Bibel findet sich zu dem Wort "Engel" der hilfreiche Hinweis "od. Boten. Es kann sich hier um Sendboten der Gemeinden handeln oder um Verantwortliche bzw. symbolische Vertreter".
Erleuchtung und Weisheit und wahre Erkenntnis kommen direkt von Gott zu Jesus Christus; er sendet dann das Licht durch von ihm ausgesandte Boten in das Dunkel von Unwissenheit und Ignoranz in der Welt.