Vorwort

In den Siegeln entfaltet sich der Zorn Gottes und des Lammes, wobei die Katastrophen, die das abtrünnige Israel befallen, zunehmend schlimmer werden. Schließlich steht die Frage im Raum: "Wer kann bestehen?" (vgl. Offb 6,17). Kann überhaupt jemand bestehen? Die Antwort wird im sich nun anschließenden Teil gegeben.

Die nächsten zwei Abschnitte werden dabei oft auf Juden und christliche Gemeinde bezogen, wobei es allerdings vom Inhalt her vielmehr um zwei andere Aspekte geht: Zum einen um die zum Zeitpunkt der kommenden Katastrophe noch lebenden Gläubigen, und zweitens um die bis dahin in dem Konflikt und weiterhin noch zu Tode kommenden Gläubigen. Erstere Gruppe betraf im Wesentlichen an den Messias Jesus Gläubige aus den Juden, die im jüdischen Land lebten; in der zweiten Gruppe waren an den Messias Jesus Gläubige aus Juden wie Heiden, die umgekommen waren bzw. noch zu Tode kommen würden.

"Versiegelte" aus den lebenden Gläubigen

Offenbarung 7,1-8
1 Danach sah ich vier Engel stehen an den vier Ecken der Erde, die hielten die vier Winde der Erde fest, damit kein Wind über die Erde blase noch über das Meer noch über irgendeinen Baum.
2 Und ich sah einen andern Engel aufsteigen vom Aufgang der Sonne her, der hatte das Siegel des lebendigen Gottes und rief mit großer Stimme zu den vier Engeln, denen Macht gegeben war, der Erde und dem Meer Schaden zu tun:
3 Tut der Erde und dem Meer und den Bäumen keinen Schaden, bis wir versiegeln die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen.
4 Und ich hörte die Zahl derer, die versiegelt wurden: hundertvierundvierzigtausend, die versiegelt waren aus allen Stämmen Israels:
5 aus dem Stamm Juda zwölftausend versiegelt,
aus dem Stamm Ruben zwölftausend,
aus dem Stamm Gad zwölftausend,
6 aus dem Stamm Asser zwölftausend,
aus dem Stamm Naftali zwölftausend,
aus dem Stamm Manasse zwölftausend,
7 aus dem Stamm Simeon zwölftausend,
aus dem Stamm Levi zwölftausend,
aus dem Stamm Issachar zwölftausend,
8 aus dem Stamm Sebulon zwölftausend,
aus dem Stamm Josef zwölftausend,
aus dem Stamm Benjamin zwölftausend versiegelt.

Es kommen vier Boten in Sicht, die Macht haben, weiteres Unheil für das Land und Israel zu bringen. Dann erscheint im Osten ("Aufgang der Sonne") ein weiterer Bote, der das "Siegel des lebendigen Gottes" hat, womit symbolisch betont wird, dass Gott einige in dem Krieg verschonen wird, und der Krieg und weiterer Schaden wird nicht losbrechen können, bis diese in Sicherheit sein werden.

Die Versieglung mit Gottes Siegel betrifft Gläubige aus den 12 Stämmen Israels. Die Zahl 144.000 (12 x 12 x 1000) hat dabei sicherlich als Redefigur eine symbolische Bedeutung, und ist nicht buchstäblich (im Sinne von "nicht 143.999, noch 144.001") gemeint, sondern betont die Vollzahl der zu dem Zeitpunkt lebenden gläubigen Juden, die an Jesus glaubten und treu seiner Lehre folgten.

Hier sind Christen aus den Heiden nicht im Fokus und werden auch nicht erwähnt. Zudem geht es insgesamt um das Gericht über das abtrünnige Israel, nicht um die Heiden.

Die Schar der bereits Umgekommenen

Offenbarung 7,9-17
9 Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in ihren Händen,
10 und riefen mit großer Stimme: Das Heil ist bei unserm Gott, der auf dem Thron sitzt, und bei dem Lamm!
11 Und alle Engel standen rings um den Thron und um die Ältesten und um die vier Wesen und fielen nieder vor dem Thron auf ihr Angesicht und beteten Gott an
12 und sprachen: Amen, Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
13 Und einer der Ältesten antwortete und sprach zu mir: Wer sind diese, die mit den weißen Kleidern angetan sind, und woher sind sie gekommen?
14 Und ich sprach zu ihm: Mein Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind’s, die aus der großen Trübsal kommen und haben ihre Kleider gewaschen und haben sie hell gemacht im Blut des Lammes.
15 Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der auf dem Thron sitzt, wird über ihnen wohnen.
16 Sie werden nicht mehr hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf ihnen lasten die Sonne oder irgendeine Hitze;
17 denn das Lamm mitten auf dem Thron wird sie weiden und leiten zu den Quellen lebendigen Wassers, und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.

Hier nun sieht Johannes eine Schar "vor dem Thron, und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern", was darauf hinweist, dass es sich bei diesen um die toten Gläubigen - die Märtyrer - handelt, die in diesem Konflikt ihr Leben verloren hatten bzw. noch verlieren werden.

Diese Gläubigen haben in der Vision bereits ihren Lohn, die Symbole ihres Überwindens (vgl. die "Palmzweige in ihren Händen") und sie sind bereits geistlich rein (vgl. "weiße Kleider") und stehen in Gottes Gegenwart. Zudem wird dann noch betont, dass diese Gläubigen während des Konflikts ihr Leben verloren haben (vgl. "aus der großen Trübsal kommen"). Weiterhin wird erwähnt, dass sie in Zukunft nicht mehr hungern noch dürsten werden, weil das Lamm sie versorgt. Diese sind es auch, denen Gott "abwischen alle Tränen von ihren Augen", was später dann erneut aufgegriffen wird.

Das siebte Siegel

Offenbarung 8,1-5
1 Und als das Lamm das siebente Siegel auftat, entstand eine Stille im Himmel etwa eine halbe Stunde lang.
2 Und ich sah die sieben Engel, die vor Gott stehen, und ihnen wurden sieben Posaunen gegeben.
3 Und ein anderer Engel kam und trat an den Altar und hatte ein goldenes Räuchergefäß; und ihm wurde viel Räucherwerk gegeben, dass er es darbringe mit den Gebeten aller Heiligen auf dem goldenen Altar vor dem Thron.
4 Und der Rauch des Räucherwerks mit den Gebeten der Heiligen stieg von der Hand des Engels hinauf vor Gott.
5 Und der Engel nahm das Räuchergefäß und füllte es mit Feuer vom Altar und schüttete es auf die Erde. Und da geschahen Donner und Stimmen und Blitze und Erdbeben.

Nach diesen eingeschobenen Abschnitten kommt die Vision wieder zum Lamm und nun dem siebten Siegel zurück. Nun werden weitere Details über das kommende Unheil kundgetan, die sich an die Dinge in den ersten sechs Siegeln anschließen.

Zunächst folgt eine plötzliche Stille vor Gottes Thron. Nach kurzer Pause erscheinen sieben Boten, denen sieben Posaunen gegeben werden. Bevor diese Boten jedoch ihre Botschaften mittels Posaune ankündigen, taucht noch ein weiterer Bote in der Vision auf, der offensichtlich priesterliche Funktion hat.

Er hat ein Räuchergefäß aus Gold mit heißen Kohlen bei sich, und er erhält dann viel Räucherwerk - welches die Gebete der Heiligen repräsentiert - und bringt dies dann vor dem goldenen Altar dar. Die Gebete der Heiligen werden erhört, da der Rauch vom Räucherwerk aufsteigt vor Gott. Die Szene erinnert an das Geschehen in der Stiftshütte und später im Tempel, wenn der Hohepriester Räucherwerk opferte (vgl. etwa 2Mo 30,1-10 und auch 3Mo 16,11-14).

Danach geschieht aber noch etwas ganz anderes. Der Priester-Bote nimmt sein Räuchergefäß, füllt es erneut mit feurigen Kohlen vom Altar und schüttet es aus auf den Boden ... und Gottes mächtige Stimme ertönt als Donner, Blitze und Erdbeben und zeigt Gottes majestätisches Handeln im kommenden Gericht an.

Abschluss

Bevor wir zum nächsten Teil mit den Posaunen weitergehen, soll noch auf einen für ein besseres Verständnis dienenden Punkt hingewiesen werden. Dieser betrifft Aspekte der Gliederung des Inhalts dessen, was Johannes in den ihm gezeigten Visionen sah.

In den Visionen gibt es sieben Siegel, dann sieben Posaunen und danach nochmals sieben Schalen, mit denen jeweils weitere Ereignisse des Gerichts kundgetan werden. Dabei sind die sieben Posaunen eigentlich Teil dessen, was zum Inhalt des siebten Siegels gehört; und weiterhin sind dann die Schalen Teil dessen, was mit der siebten Posaune verkündet wird. Außerdem sind, wie bereits in diesem Artikel gesehen, verschiedentlich inhaltlich kontrastierende und tröstende Abschnitte in den Ablauf des Geschehens eingeschoben, die in gewisser Weise den linearen Fortgang zwecks Innehaltens und Fokussierung unterbrechen. Der Bericht im Buch der Offenbarung über die Visionen ist also nicht immer chronologisch angeordnet, sondern folgt inhaltlichen und nicht unbedingt zeitlichen Aspekten.

 

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