Heute hört man oft und in verschiedensten christlichen Kreisen, dass Prediger lehren und behaupten, wir würden jetzt "in den letzten Tagen" leben, wobei sie dann das "baldige" Kommen Christi in Aussicht stellen und versuchen, die schlimmen Zustände in unserer Zeit als Vorboten und Beweise für ihre Lehre hinzustellen. Allerdings sollten wir bei allem, was uns an Lehre begegnet, wachsam sein und diese anhand der biblischen Schriften "prüfen", ob eine Predigt und die darin verkündete Botschaft auch mit den Aussagen der biblischen Schriften in Einklang steht.

Der Ausdruck "in den letzten Tagen" kommt in den NT Schriften nur wenige Male vor; es gibt allerdings noch einige andere ähnliche Ausdrücke wie "letzte Zeit", "letzte Stunde", "jüngste Tag", die man für ein besseres Verständnis dessen, was die NT Schriften über diese Thematik lehren, einbeziehen kann und sollte. In den erwähnten Predigten und Lehren werden diese Ausdrücke meist auf ein Ende des Zeitalters des Neuen Bundes bezogen, ein Ende des Zeitalters der Gnade und der NT Gemeinde. Wichtig ist es daher zu erkunden, ob die NT Schriften in ihren Aussagen eine derartige Auslegung bestätigen, oder ob die NT Stellen eigentlich von dem Ende eines anderen Zeitalters (z.B. des Zeitalters des Alten Bundes) handeln.

Ist es überhaupt vernünftig, von einem Ende des Zeitalters des Neuen Bundes zu sprechen? Ist der Neue Bund nicht vielmehr "ohne Ende"? Gibt es überhaupt ein Ende der NT Gemeinde? Allein ein Blick auf eine Stelle in Eph 3,21 weist bereits darauf hin, dass dem nicht so ist.

Epheser 3,21
dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Ein überaus wichtiger Punkt für die korrekte Auslegung ist der, dass das Zeitalter des Alten Bundes nicht mit Jesu Tod am Kreuz endete, wie leider von vielen gelehrt wird. Ein Blick auf Aussagen im Brief an die Hebräer zeigt auf, dass zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Briefes das Ende des Alten Bundes unmittelbar bevorstand und nahe war (vgl. Heb 8,13 - "Indem er sagt: »einen neuen Bund«, erklärt er den ersten für veraltet. Was aber veraltet und überlebt ist, das ist seinem Ende nahe.") Der Alte Bund war zu dem Zeitpunkt "veraltet und überlebt", aber noch nicht völlig vorbei, sondern vielmehr "seinem Ende nahe". In Heb 9,8-10 wird dann betont, dass der AT Tempel, in dem "Gaben und Opfer dargebracht" werden, ein "Gleichnis [Symbol] für die gegenwärtige Zeit [die damals gegenwärtige Zeit]" war, und dass diese äußerlichen Satzungen "bis zu der Zeit einer besseren Ordnung [die Zeit des Neuen Bundes] auferlegt" waren. Die Ordnungen des Alten Bundes waren noch immer existent und waren erst mit der Zerstörung des Tempels dann endgültig vorbei, womit erkenntlich wird, dass die in den biblischen Schriften davor benutzten Hinweise auf "die letzten Tage" sich nicht auf die letzte Zeit und die letzten Tage des Zeitalters der Gemeinde des Neuen Bundes beziehen, sondern auf die letzten Tage des Alten Bundes.

Apostelgeschichte 2,17
»Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben;

Die "letzten Tage" können nur dann überhaupt als die letzten Tage des Zeitalters des Neuen Bundes interpretiert werden, wenn der Neue Bund bereits mit Jesu Tod am Kreuz begonnen hat. Dies ist aber nicht der Fall, wie die Aussage in Heb 8,13 darlegt. Zum Zeitpunkt der Abfassung des Hebräerbriefs war der Alte Bund zwar veraltet und überlebt, aber zu der Zeit erst "seinem Ende nahe". Weiterhin wird aus Heb 12,18ff und dem dort aufgezeigten Vergleich zwischen Altem und Neuem Bund deutlich, dass der Neue Bund erst dann voll gültig ist, wenn Himmel und Erde "erschüttert" worden sind und das Geschaffene (der Alte Bund) dann entfernt wurde. Falls die "Himmel und Erde erschüttern" noch nicht geschehen ist, ist auch der Alte Bund weiterhin gültig und der Neue Bund noch nicht wirksam.

Von welchen "letzten Tagen" handelt demnach, was Joel verkündete und von dem Petrus zu Pfingsten sagte, das sei das, was Joel vorausgesagt hatte? Offensichtlich sind damit die letzten Tage des Alten Bundes gemeint.

Eine andere oft erwähnte Stelle findet sich im 2. Timmotheusbrief.

2. Timotheus 3,1
Das sollst du aber wissen, daß in den letzten Tagen schlimme Zeiten kommen werden.

Gerade diese Stelle wird dann benutzt, um mittels Hinweis auf unsere "schlimmen Zeiten" heute zu behaupten, dass das Ende der Welt und das Kommen Christi unmittelbar bevorstehen muss. Allerdings ist es auch hier wichtig, die Stelle nicht aus ihrem historischen Kontext zu lösen. Jesus hatte bereits gelehrt, dass die Apostel viel Verfolgung erleiden würden, bevor er wiederkommen würde; auch bezeichnete er diese vor seinem Kommen eintretenden Verfolgungen als eine Zeit großer Bedrängnis und Trübsal.

Matthäus 10,23
Wenn sie euch aber in einer Stadt verfolgen, so flieht in eine andere. Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt.

Matthäus 24,21
Denn es wird dann eine große Bedrängnis sein, wie sie nicht gewesen ist vom Anfang der Welt bis jetzt und auch nicht wieder werden wird.

Es ist leicht zu erkennen, dass Jesus sich mit diesen Worten auf eine Aussage des Propheten Daniel bezog.

Daniel 12,1
Zu jener Zeit wird Michael, der große Engelfürst, der für dein Volk eintritt, sich aufmachen. Denn es wird eine Zeit so großer Trübsal sein, wie sie nie gewesen ist, seitdem es Menschen gibt, bis zu jener Zeit. Aber zu jener Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen.

"Jene Zeit" war die Zeit vor dem Ende des Alten Bundes, die Zeit der großen Bedrängnis, über die Jesus seine Apostel lehrte. Es ging um eine Zeitspanne damals, vor nunmehr ca. 2000 Jahren, und absolut nicht um unsere heutige Zeit. Vor diesem Hintergrund und historischen Kontext müssen auch all die entsprechenden Aussagen in den NT Schriften gelesen und dann ausgelegt werden. Man darf nicht einfach ignorieren, wann diese Aussagen gemacht wurden und an wen sie gerichtet waren.

2. Thessalonicher 1,4-7
4 Darum rühmen wir uns euer unter den Gemeinden Gottes wegen eurer Geduld und eures Glaubens in allen Verfolgungen und Bedrängnissen, die ihr erduldet,
5 ein Anzeichen dafür, daß Gott recht richten wird und ihr gewürdigt werdet des Reiches Gottes, für das ihr auch leidet.
6 Denn es ist gerecht bei Gott, mit Bedrängnis zu vergelten denen, die euch bedrängen,
7 euch aber, die ihr Bedrängnis leidet, Ruhe zu geben mit uns, wenn der Herr Jesus sich offenbaren wird vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht

Wovon redet Paulus hier? Von Gläubigen, die einige hundert oder tausend Jahre später leben? Nein, Paulus schreibt den Gläubigen in Thessalonich damals und erwähnt, dass Gott vergelten wird denen, die "euch (die Thessalonicher)" bedrängen, und das wird geschehen, "wenn der Herr Jesus sich offenbaren wird vom Himmel her ..."! Würde das geschehen, nachdem sie bereits seit Jahrhunderten verstorben sind, oder würde ihnen diese Ruhe gegeben werden, während sie noch am Leben sind? Es ist offensichtlich, dass Paulus hier lehrt, dass der Herr Jesus sich noch zu ihren Lebzeiten vom Himmel her offenbaren würde, dass das Kommen des Herrn noch zu Lebzeiten der Thessalonicher geschehen würde.

Es stellt sich nun lediglich die Frage, ob das, was Paulus lehrte und schrieb, sich auch erfüllte oder ob Paulus mit seiner Aussage falsch lag bzw. sich das, was er schrieb, von Gott auf eine spätere Zeit "vertagt" wurde -- wie heutzutage von vielen, um nicht zu sagen fast allen, christlichen Kreisen gelehrt wird. Nirgends in den NT Schriften wird auch nur im geringsten erwähnt, dass Gott die prophetischen Aussagen Jesu oder seiner Apostel oder des Apostels Paulus bzgl. des "nahe" bzw. "bald" bevorstehenden Kommens des Herrn Jesus revidiert hätte. Da eine derartige zeitliche Verschiebung nirgends erwähnt wird, ist davon auszugehen, dass sich die Aussagen tatsächlich auch "nahe" und "bald" und noch zu Lebzeiten der Gläubigen im 1. Jahrhundert n.Chr. erfüllten! Es ist sicherlich eher davon auszugehen, dass die Aussagen Jesu und seiner Apostel korrekt waren und die Interpretationen von Theologen und Lehrern einen Irrtum darstellen, als dass man davon ausgeht, dass die zu den biblischen Aussagen eigentlich in Widerspruch stehenden Interpretationen korrekt sind und letztendlich Jesus und seine Apostel gar als falsche Propheten dastehen.

Es gibt noch einige andere NT Stellen, die ebenfalls klar davon handeln, dass sich das dort über "die letzten Tage" Gesagte auf die Gläubigen damals bezog (vgl. z.B. obige Anmerkung zu 2. Timotheus 3,1).

Jakobus 5,3.7-9
Euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird gegen euch Zeugnis geben und wird euer Fleisch fressen wie Feuer. Ihr habt euch Schätze gesammelt in diesen letzten Tagen!
...
7 So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen.
8 Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe.
9 Seufzt nicht widereinander, liebe Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet. Siehe, der Richter steht vor der Tür.

Die angesprochenen Gläubigen damals sollten geduldig sein, denn sie lebten "in diesen letzten Tagen" und zu ihrer Zeit war das Kommen des Herrn "nahe", sogar so nahe, dass es heißt, "der Richter steht vor der Tür"! Ihre Erwartung war es, dass das Kommen des Herrn sich zu ihren Lebzeiten ereignen würde, dass der Richter zu ihren Lebzeiten "durch die Tür eintreten" würde. War diese Erwartung korrekt und hat sie sich erfüllt? Das angekündigte Gericht Gottes trat ein, nämlich in den Ereignissen um das Jahr 70 n.Chr. mit der Zerstörung Jerusalems und des Tempels.

2. Petrus 3,3-4
3 Ihr sollt vor allem wissen, daß in den letzten Tagen Spötter kommen werden, die ihren Spott treiben, ihren eigenen Begierden nachgehen
4 und sagen: Wo bleibt die Verheißung seines Kommens? Denn nachdem die Väter entschlafen sind, bleibt es alles, wie es von Anfang der Schöpfung gewesen ist.

Sowohl in 2. Petrus als auch in anderen NT Schriften werden Spötter erwähnt, die "in den letzten Tagen" bzw. "in dieser letzten Zeit" auftreten würden, woraus ersichtlich wird, dass sich diese Ausdrücke auf die gleiche Zeitspanne beziehen.

1. Petrus 1,5
die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, daß sie offenbar werde zu der letzten Zeit.

1. Petrus 1,20
Er ist zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt wurde, aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen,

Judas 18
als sie euch sagten, daß zu der letzten Zeit Spötter sein werden, die nach ihren eigenen gottlosen Begierden leben.

Diese "letzte Zeit", das "Ende der Zeiten", die "letzten Tage" handeln nicht von unterschiedlichen, und tausende von Jahren auseinander liegenden Zeiträumen, sondern beziehen sich alle auf die gleiche Zeitspanne, nämlich das Ende des Zeitalters des Alten Bundes.

Dies wird um so deutlicher, wenn man nun einige bemerkenswerte Aussagen aus den Evangelien in die Überlegungen mit einbezieht, in denen "der jüngste (letzte) Tag" erwähnt wird.

Johannes 6, 39-40.44.54
39 Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat, sondern daß ich's auferwecke am Jüngsten Tage.
40 Denn das ist der Wille meines Vaters, daß, wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.
...
44 Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.
..
54 Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken.

Johannes 11,24
Marta spricht zu ihm: Ich weiß wohl, daß er auferstehen wird - bei der Auferstehung am Jüngsten Tage.

Johannes 12,48
Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht an, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am Jüngsten Tage.

Diese Aussagen handeln vom "jüngsten (letzten) Tage", dem Tage, an dem die Auferstehung von den Toten und das Gericht stattfinden würde. Von diesem Tage weissagten bereits die Propheten des AT, und dieser "jüngste (letzte) Tag" markierte das Ende des Zeitalters des Alten Bundes, nicht aber des Neuen Bundes. Alle AT Weissagungen müssen zunächst erfüllt worden sein, bevor das AT Gesetz und die Propheten erfüllt worden sind und vergehen (vgl. dazu Matthäus 5,18 und Hebräer 10,9).

1. Johannes 2,18
Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr gehört habt, daß der Antichrist kommt, so sind nun schon viele Antichristen gekommen; daran erkennen wir, daß es die letzte Stunde ist.

Hier erkennt man, dass für Johannes zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Briefs nicht nur "die letzten Tage" angebrochen waren, sondern er die unmittelbare Nähe des Kommens Jesu und Endes des Zeitalters als "die letzte Stunde" bezeichnet. Es mag sein, dass er zu der Zeit diesen Ausdruck wählte, liegt wohl darin, dass weil in jenen Tagen bereits viele "Widerchristen" aufgetreten waren, womit eine Weissagung Jesu aus Matthäus 24,5 erfüllt wurde: "Denn es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin der Christus, und sie werden viele verführen."

Es sollte eigentlich klar und einfach erkennbar sein, dass sich die in den NT Schriften erwähnten "letzten Tage" nicht auf eine selbst nach ca. 2000 Jahren noch immer zukünftige Zeit und das Ende des Zeitalters der NT Gemeinde beziehen, sondern auf das Ende des Zeitalters des Alten Bundes, welches zu der Zeit Jesu und seiner Apostel wahrhaftig "nahe" war und "bald" kam. Die meisten Christen heute leugnen die damalige Erfüllung dieser Schriftstellen und lehren und glauben, die christliche Gemeinde und wir heute würden "in den letzten Tagen" leben und es sei somit seit nunmehr fast 2000 Jahren "die letzte Stunde". Allerdings verlieren Wörter und Begriffe angesichts solcher Lehren ihre Bedeutung ...

Das historische Ereignis, welches dem von Jesus und den Propheten bereits prophezeiten Gericht über das apostate Israel entspricht und die Erfüllung dieser Weissagungen ist, war die Zerstörung Jerusalems und des Tempels in 70 n.Chr. Dies belässt die biblischen Aussagen in ihrem textlichen und historischen Zusammenhang, verfälscht auch nicht die Bedeutung von Wörtern und Begriffen, sondern steht in Einklang mit der Schrift als einem großen Ganzen.

 

Übersicht Artikel