von
Wolfgang Schneider
Bei verschiedenen Gelegenheiten wurde in Unterredungen mit Christen aus unterschiedlichen Kirchen oder auch freien Gemeinden auch das Thema Tod, die Toten und Auferstehung erörtert, wobei hin und wieder dann auch die Gespräche die Thematik "Hölle" und "Fegefeuer" berührte. Im Zusammenhang mit einigen Schriftstellen wandte sich der Austausch auch der Frage des ewigen Heils und der ewigen Verdammnis zu. Einige vertraten die Ansicht, dass die Bibel lehre, dass die Ungläubigen und Verlorenen nach dem Gericht für ewige Zeiten im Höllenfeuer leiden werden. Sie müssten sich dies als gerechte Strafe für ihren Lebenswandel und ihre Weigerung, an Jesus zu glauben, selbst zuschreiben. Zudem, so wurde dann argumentiert, sei ein solches Ende hoffentlich auch Ansporn für uns als Christen, nicht untätig zu bleiben oder weiter in Sünde zu leben, denn das ewige Feuer warte ja schon auf die, die sich von Gott abwenden und nicht an Christus glauben.
Wie bei allen Ansichten und Meinungen, sollte man auch in dieser Sache nicht einfach alles als Wahrheit hinnehmen, sondern in der Bibel selbst die entsprechenden Abschnitte und Aussagen genau anzuschauen und zu prüfen, wie sich die Dinge denn tatsächlich verhalten. Was ist z.B. biblisch eigentlich mit dem Begriff "Hölle" gemeint? Was geschieht dort? Wer ist dort? Werden verstorbene Leute dereinst in der Hölle am Leben sein, um eine endlos lange Strafe zu erleiden? In dieser Studie sollen solche Fragen anhand biblischer Aussagen beantwortet werden.
Als ich dann zusätzlich noch in einigen Kommentaren unter dem Stichwort "Hölle" nachsah, erkannte ich schnell, dass nicht nur heute, sondern über die Jahrhunderte hinweg, Gedanken an die "Hölle" und "ewiges Feuer" Menschen beschäftigt haben. Im Mittelalter wurden Lehren über Fegefeuer und die Hölle von seiten der römischen Kirche in großem Stile zur Unterdrückung vieler Christen eingesetzt, und die Strafe "ewigen Feuers" für die Seele wurde Kirchenabtrünnigen angedroht und "verheißen". In noch ganz anderer Hinsicht wurde solches Gedankengut über die "Hölle" manch frommen Menschen zum Verhängnis, denn es sind auch Fälle von Selbstmorden bekannt, wo Gläubige angesichts solcher Lehren nicht mehr mit dem Bild eines solch grausamen und strafenden Gottes zurechtkamen und verzweifelten.
Heutzutage sind solche Überlegungen eher nicht mehr die Norm, vielmehr wird recht schnell Gott als ein "Gott der Liebe" in Frage gestellt, denn wie soll ein solches Vorgehen, "Menschen für ewig im Höllenfeuer schmoren zu lassen", mit einem liebenden Gott vereinbar sein? Sofort wird angeführt, dass doch Jesus sogar von Feindesliebe sprach, nicht aber von "Feindvernichtung" bzw. - noch schlimmer - von ewiger und unsäglicher Feindquälerei. Schließlich fehlen dann natürlich auch nicht die Argumente, dass es offensichtlich Unrecht sei, wenn Gott etwa "unschuldige Kinder" oder auch "unwissende Erwachsene" zu einer solchen ewigen Strafe verdammt, nur weil sie vielleicht nie alt genug wurden, um das Evangelium von Christus zu hören, oder weil sie in einer Gegend aufwuchsen, wo niemand je von Jesus Christus redete und sie daher gar nichts von ihm gehört hatten.
Wie können solche Fragen beantwortet bzw. solche Überlegungen biblisch beurteilt werden? Stimmen überhaupt die Bilder von der Hölle, die solchen Argumenten zugrunde liegen, mit den biblischen Aussagen über "Hölle" überein? Sind solche Fragen und Sorgen womöglich (wenn auch vielleicht nur teilweise) hinfällig?
Zunächst einmal wollen wir uns ein Bild davon machen, was die Bibel überhaupt als "Hölle" bezeichnet. Die Beschäftigung mit dem Wort "Hölle" allein, vermittelt bereits einige ganz wichtige und interessante Informationen.
In der Lutherbibel (1984) kommt der Begriff "Hölle" im Alten Testament nur einmal in Hiob 11 vor, allerdings nicht im heute gängigen Sinne als "Ort eines ewig brennenden Feuers". Auch findet sich im hebräischen Text eigentlich kein Begriff für das gängige Bild der "Hölle" als eines Ortes ewig andauernden Höllenfeuers und ewiger Verdammnis.
Im Neuen Testament gibt es mehrere Stellen, an denen das Wort "Hölle" als Übersetzung von zwei griechischen Wörtern benutzt wird. Eines dieser griechischen Wörter ist das Wort hades, es bezeichnet eigentlich den Bereich des Todes, das Totenreich; der "Ort" oder besser Zustand, in welchem die Toten sind. Das entsprechende hebräische Wort im Alten Testament ist sheol, es bezeichnet ebenfalls den Zustand oder Ort der Toten, das Totenreich, in welchem alle Verstorbenen vor der Auferstehung der Toten am jüngsten Tage sind. Es ist ein Ort, an dem es kein Bewusstsein, keine Erinnerung, kein Gedenken, Leben gibt. Das Wort "Grab" bezeichnet den physischen Ort, wo man den Leichnam eines Menschen begrub, sheol bzw. hades bezeichnen nicht unbedingt den realen Ort der Grabesruhe, sondern den "Bereich", den "Zustand", das "Reich", in welchem die Toten weilen bis zum Zeitpunkt ihrer Auferweckung zum Leben oder zum Gericht. Dabei sollte man beachten, dass hades im Neuen Testament nicht die ansonsten aus griechischer Mythologie und Sagenwelt bekannte Bedeutung eines Ortes in der Unterwelt hat, wo Tote in irgendeiner Form am Leben sind, sondern tatsächlich einfach den Bereich des Todes umschreibt. Diese Wörter haben absolut nichts mit einem ewigen Feuer zu tun. Was also mit diesen Worten bzgl. des Zustands der Toten ausgesagt wird, lässt in keiner Weise auf eine ewige Feuerqual oder ein von Gott als Strafe verordnetes Höllenfeuer nach dem Tode schließen.
Das zweite griechische Wort, das im Neuen Testament mit "Hölle" übersetzt wurde, ist das Wort gehenna. Dieses Wort ist eigentlich die griechische Bezeichnung für das nahe bei Jerusalem liegende Ben Hinnom Tal, das den Juden seit langem als Müllhalde diente und wo sie ihren Müll und ihren Unrat hinbrachten und verbrannten. Dieser Ort war in der Tat als ein "Ort ewigen Feuers" bekannt, weil der Müll nämlich ständig brannte und das Feuer dort nicht erlosch. Die Gehenna war daher ein Ort von Feuer, Unrat, Gestank usw. und es war der Inbegriff des Abscheulichen schlechthin. Gehenna ist also biblisch zunächst die Bezeichnung für einen buchstäblich existierenden Ort nahe bei Jerusalem. Auf dieses Tal und den fortwährend brennenden Müllhaufen dort nahm u.a. auch der Prophet Jesaja Bezug, als er in sehr drastischer Weise das Gericht Gottes über Juda und Jerusalem beschrieb.
Jesaja 66,24
Und sie werden hinausgehen und schauen die Leichname derer, die von mir abtrünnig waren; denn ihr Wurm wird nicht sterben, und ihr Feuer wird nicht verlöschen, und sie werden allem Fleisch ein Greuel sein.
Auch Jesus sprach von dieser Gehenna und nutzte dieses Bild abscheulichen Unrats und der ewigen Müllverbrennung in der Bergpredigt, als er zur Umkehr aufrief und das Ende jeglichen Verharrens in der Sünde mit dem "auf die Müllhalde Jerusalems geworfen werden" verglich.
Matthäus 5,29-30
29 Wenn dich aber dein rechtes Auge zum Abfall verführt, so reiß es aus und wirf's von dir. Es ist besser für dich, daß eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib in die Hölle [gehenna] geworfen werde.
30 Wenn dich deine rechte Hand zum Abfall verführt, so hau sie ab und wirf sie von dir. Es ist besser für dich, daß eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib in die Hölle [gehenna] fahre.
Jesu Zuhörern war dieses Bild natürlich gegenwärtig und sie verstanden sicherlich genau, was Jesus mittels dieses Vergleichs und dem Hinweis auf die Gehenna ihnen ganz betont vorhielt. Jesus redete gar nicht von einem zukünftigen buchstäblichen Ort "ewigen Feuers", von "einer Hölle" in dem uns aus (eigentlich falscher) religiöser Unterweisung bekannten Sinne. Die Übersetzung "Hölle" ist an sich bereits missverständlich, man sollte vielmehr das Wort Gehenna bzw. Ben Hinnom beibehalten, wodurch klar wäre, dass wir es zunächst mit einem Eigennamen eines Ortes in der Nähe von Jerusalem zu tun haben.
Außer diesen beiden Wörtern bzw. ihrer Übersetzung ins Deutsche als "Hölle" hat noch ein weiterer Begriff aus der Offenbarung des Johannes die Vorstellung einer "Hölle" geprägt, nämlich der Begriff des "Pfuhls aus Feuer und Schwefel" oder "feurigen Pfuhls".
Offenbarung 20,10.14
10 Und der Teufel, der sie verführte, wurde geworfen in den Pfuhl von Feuer und Schwefel, wo auch das Tier und der falsche Prophet waren; und sie werden gequält werden Tag und Nacht, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
14 Und der Tod und sein Reich wurden geworfen in den feurigen Pfuhl. Das ist der zweite Tod: der feurige Pfuhl.
Allerdings sollte man beachten, dass vielfach in der Offenbarung Umschreibungen und Bilder aus dem hebräischen Sprachraum benutzt werden, um bestimmte Zustände zu beschreiben und zu verdeutlichen. Wenn wir uns an die Gehenna erinnern und wie sie als Bild für Gottes Gericht verwendet wurde, so wird deutlich, dass das Bild des "feurigen Pfuhls" eigentlich das gleiche umschreibt. Es handelt sich bei dem "feurigen Pfuhl" nicht um einen buchstäblichen "Pfuhl" oder "See" gefüllt mit "Feuer" statt "Wasser" eine solche Vorstellung begegnet uns zwar immer wieder auf Gemälden apokalyptischer Szenen, aber eine nüchterne Betrachtung des biblischen Textes belehrt uns eines Besseren. Schon die Feststellung, dass auch "der Tod und sein Reich" in diesen feurigen Pfuhl geworfen werden, zeigt auf, dass es sich nicht um einen wörtlich bzw. buchstäblich zu verstehenden Ausdruck handeln kann.
Ein wichtiger Punkt, den man ebenfalls beachten muss, ist der, dass das Gericht Gottes am Ende jenes Zeitalters (Ende des Äons, Ende der Welt) stattfand. Bis dahin, so ergibt sich aus einigen Schriftstellen, war und litt niemand in "der Hölle".
2. Petrus 2,9
Der Herr weiß die Frommen aus der Versuchung zu erretten, die Ungerechten aber festzuhalten für den Tag des Gerichts, um sie zu strafen.
Erst am Tag des Gerichts konnten die Ungerechten eine Strafe erhalten, aber nicht davor. Würden sie bereits vor dem Gericht ihre Strafe haben, dann wäre Gott kein gerechter Richter. Auch aus Jesu Worten in dem Gleichnis vom Unkraut (vgl. Matthäus 13,40-42Mt 13,40-42
40 Wie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird's auch am Ende der Welt gehen. 41 Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alles, was zum Abfall verführt, und die da Unrecht tun, 42 und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein.) wird deutlich, dass erst am "Ende der Welt" (wörtlich: dem "Ende des Äons", "Ende des Zeitalters") und nicht davor, Gottes Gericht über die Gottlosen ergehen würde. Bis zu jenem Zeitpunkt verharrten die Verstorbenen im Grab, im Totenreich, aber nicht in der Hölle (vgl. Johannes 5,22ffJoh 5,22
Denn der Vater richtet niemand, sondern hat alles Gericht dem Sohn übergeben,), und aus dem Grab würden sie auferstehen zum Gericht, wobei es für die Gerechten eine Auferstehung zum Leben, für die anderen aber eine Auferstehung zum Gericht (zur Verdammnis) sein würde. Für die Gläubigen, die Gerechten, wurde dieser Zeitraum und Zustand im Grab als "Schlaf" bezeichnet, da ihm eine Auferweckung zum Leben folgt und der Aufenthalt im Totenreich nur vorläufig war.
Was auch immer buchstäblich geschah, als das Böse, Satan und seine Mächte, die Gottlosen, oder "das Tier" und der "falsche Prophet" und schließlich dann auch der Tod und sein Reich in diesen feurigen Pfuhl geworfen wurden, ist nicht im einzelnen gesagt. Es wird deutlich anhand des Bildes der Gehenna, des Ben Hinnom Tals bei Jerusalem, dass all das "wie der Müll und Unrat verbrannt" bzw. vernichtet werden wird.
Matthäus 13,40.42
40 Wie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird's auch am Ende der Welt gehen.
42 und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein.
Dieses Geschehen für die Ungerechten wird dann auch als "der zweite Tod" bezeichnet.
Offenbarung 20,14
Und der Tod und sein Reich wurden geworfen in den feurigen Pfuhl. Das ist der zweite Tod: der feurige Pfuhl.
Es bleibt schlicht und einfach nichts mehr von all dem Bösen und den Gottlosen (vgl. dazu Psalm 37,1-2Ps 37,1-2
1 Von David. Entrüste dich nicht über die Bösen, sei nicht neidisch auf die Übeltäter. 2 Denn wie das Gras werden sie bald verdorren, und wie das grüne Kraut werden sie verwelken.; Psalm 145,20Ps 145,20
Der HERR behütet alle, die ihn lieben, und wird vertilgen alle Gottlosen.; Jesaja 47,14Jes 47,14
Siehe, sie sind wie Stoppeln, die das Feuer verbrennt, sie können ihr Leben nicht erretten vor der Flamme Gewalt. Denn es wird nicht eine Glut sein, an der man sich wärmen, oder ein Feuer, um das man sitzen könnte.; Maleachi 3,19.21Mal 3,19.21
19 Denn siehe, es kommt ein Tag, der brennen soll wie ein Ofen. Da werden alle Verächter und Gottlosen Stroh sein, und der kommende Tag wird sie anzünden, spricht der HERR Zebaoth, und er wird ihnen weder Wurzel noch Zweig lassen. 21 Ihr werdet die Gottlosen zertreten; denn sie sollen Staub unter euren Füßen werden an dem Tage, den ich machen will, spricht der HERR Zebaoth.; Offenbarung 20,9Offb 20,9
Und sie stiegen herauf auf die Ebene der Erde und umringten das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt. Und es fiel Feuer vom Himmel und verzehrte sie.).
Bzgl. des feurigen Pfuhls muss jedoch noch ein scheinbarer Widerspruch ausgeräumt werden, der aufgrund der vorliegenden Übersetzung von Offenbarung 20,10 bzw. des daraus resultierenden Missverständnisses entsteht.
Offenbarung 20,10
Und der Teufel, der sie verführte, wurde geworfen in den Pfuhl von Feuer und Schwefel, wo auch das Tier und der falsche Prophet waren; und sie werden gequält werden Tag und Nacht, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Mit dieser Übersetzung scheint es sich bei dem feurigen Pfuhl tatsächlich um einen Ort zu handeln, wo jemand fortwährend und für ewige Zeiten gequält wird. Das aber ist nicht recht vereinbar mit dem, was sich aus den anderen Stellen ergibt. Wo liegt nun die Schwierigkeit bei dieser Stelle?
Das Wort für "Ewigkeit" ist im griechischen Text das Wort aion, das in der Lutherbibel auch mit "Welt" (vgl. 2. Korinther 4,42Kor 4,4
den Ungläubigen, denen der Gott dieser Welt [aion] den Sinn verblendet hat, daß sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes.; Galater 1,4Gal 1,4
der sich selbst für unsre Sünden dahingegeben hat, daß er uns errette von dieser gegenwärtigen, bösen Welt [aion] nach dem Willen Gottes, unseres Vaters;) übersetzt wurde und für sich auch "Zeitalter" bedeuten kann. Von "Zeitalter zu Zeitalter" (statt "Ewigkeit zu Ewigkeit") kann als Redefigur einen unbestimmten aber nicht unbedingt "endlosen" Zeitraum anzeigen, bzw. im übertragenen Sinne dann einschließen, dass etwas "endgültig" ist. Und genau das ist wohl, was hier in Offenbarung 20,10 eigentlich der Fall ist, denn das erwähnte Gericht über den Teufel usw. ist ja endgültig.
Bzgl. der neuen Welt, eines "neuen Himmels und einer neuen Erde", berichtet uns die Schrift in Offenbarung 21, dass dort kein Leid mehr sein wird, nichts Böses mehr, usw. Auch daraus wird deutlich, dass das Böse, der Teufel und die Gottlosen eben nicht mehr weiter und in alle Ewigkeit hinein existieren und fortwährend gequält werden, sondern dass es mit ihnen wahrhaftig ein Ende haben wird dass sie nicht mehr sein werden. Die Offenbarung berichtet uns von diesem Ende als "dem zweiten Tod" und nicht etwa von einem ewigen Leben in Qual oder Pein. Die Folge der Sünde oder Strafe für die Sünde ist der Tod, und nicht etwa ein "ewiges Leben voller Pein und Qual und Schmerzen". Der "zweite Tod" markiert das endgültige Ende.