"Im Kontext"

Einleitung

Wenn ein Vers nicht da, wo etwas geschrieben steht, ausgelegt werden kann, ist oft der Zusammenhang (der direkte bzw. unmittelbare, oder der indirekte, erweiterte Kontext) der Schlüssel zur rechten Auslegung.

Jede Stelle muss grundsätzlich immer in ihrem Kontext gesehen werden, obwohl - wie gesehen - viele Aussagen auch für sich allein korrekt ausgelegt werden können. Einzelne Aussagen können eine allgemein gültige Wahrheit enthalten, die auch vom Kontext losgelöst unterrichtet werden kann und soll! Aber all zu oft werden Verse aus ihrem Zusammenhang gelöst, um etwas zu beweisen, und Aussagen werden verdreht, verstümmelt und auf andere Weisen zerschnitten.

Prinzipien zur Auslegung der Bibel (II. Kategorie)

Die Auslegung des Wortes Gottes muss durch die Schrift selbst erfolgen:

I. Die einzelne Schriftstelle für sich ("im Vers" - wo etwas geschrieben steht)

  1. Wie es geschrieben steht
  2. Sprachgebrauch von Wörtern
  3. Redefiguren
  4. Orientalische Sitten und Bräuche
  5. Begriffserklärung an anderer Stelle

II. Im Zusammenhang

  1. direkter, unmittelbarer Zusammenhang
  2. indirekter, erweiterter Zusammenhang

Bzgl. des Kontextes gibt es 2 grundlegende Bereiche - den direkten, unmittelbaren Kontext, und den indirekten oder erweiterten Kontext.

1. Direkter, unmittelbarer Zusammenhang

a. "Völker zum Erbe"?

Psa 2,8

Handelt es sich hier wirklich um eine geeignete Botschaft für eine missionarische Predigt oder zur Evangelisation (manchmal vor dem Hintergrund, durch missionarische Anstrengungen die in diesem Psalm angesprochene Herrschaft Christi herbeizuführen)?

Der unmittelbare Kontext gibt Aufschluss.

Psa 2,7-9

Der Kontext zeigt auf, dass diese Aussage prophetisch vorausschauend von Gottes Sohn berichtet und Bezug nimmt auf eine Zeit des Gerichts, wenn Jesus Christus Herrschaft hat und Gericht halten wird. Die Stelle handelt gar nicht von der Gemeinde und ihren Bemühungen, andere für den Glauben an Christus zu gewinnen.

b. Gleichnis in Mat 13

Mat 13,2-9

Manche lesen ein Gleichnis, um dann anschließend zu überlegen und zu vermuten, was die Auslegung sein könnte. Was bedeuten die Ausdrücke "fiel einiges auf den Weg, da kamen die Vögel und fraßen es auf" oder "fiel auf felsigen Boden ... und ging bald auf ... als aber die Sonne aufging ..." und "Dornen erstickten es" und "etliches fiel auf gutes Land"?

Die Verse selbst, wo dies geschrieben steht, geben keinen Aufschluss; aber nur ein kleines Stückchen weiter, im Zusammenhang des gleichen Kapitels, wird die Auslegung gegeben.

Mat 13,18-23

Im Kontext wird uns hier die Erläuterung, die Deutung, die Auslegung gegeben.

c. "Auferstehung von den Toten"

Mat 22,32

Diese Aussage wird oft bei Grabreden benutzt und, es wird daraus abgeleitet, die Toten seien nicht tot, sondern sogar ohne Auferstehung bereits wieder am Leben, denn "Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden."

Was aber hat Jesus gemeint? Der unmittelbare Kontext gibt Aufschluss. Was geht diesem Vers voraus? Worum geht es überhaupt in diesem Abschnitt in Jesu Worten?

Mat 22,23-29

Es geht in der Auseinandersetzung der Sadduzäer mit Jesus um die Frage der Auferstehung der Toten!

Mat 22,30-32

Es geht sowohl den Sadduzäern wie auch Jesus Christus um die zu jenem Zeitpunkt zukünftige Auferstehung der Toten - die Sadduzäer glaubten nicht daran; Jesus Christus zeigte anhand der Schrift auf, dass es eine Auferstehung der Toten geben muss. Der Gedanke, dass Tote nicht tot sondern irgendwie bereits am Leben seien und gar keine Auferstehung notwendig wäre, war allen Beteiligten an dieser Unterredung fremd!

"Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs." Für sich alleine handelt das Zitat nicht direkt von der Auferstehung; aber gekoppelt mit der Wahrheit "Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden" belegt es die Auferstehung von den Toten. "Gott ist ein Gott der Lebenden" - derer, die von ihm Leben bzw. die Verheißung ewigen Lebens erhalten haben. Als Gott zu Mose sagte: "Ich bin der Gott Abrahams ..." war Abraham bereits lange tot. Da Gott nicht ein Gott der Toten ist, sondern derer, die Leben haben bzw. denen ewiges Leben verheißen ist, ergibt sich, dass Abraham, Isaak und Jakob wieder von den Toten auferstehen müssen. Nur so sind Gottes Worte an Mose Wahrheit.

Gott ist nicht der Gott der Toten, aber auch nicht der Gott der Gottesverächter und Ungläubigen, die zwar rein körperlich am Leben sind, ihn aber nicht als ihren Gott verehren.

2. Indirekter, erweiterter Zusammenhang

Neben dem direkten oder unmittelbaren Kontext ist auch der erweiterte mehr indirekte Kontext zu beachten, d.h. Stellen, die mit dem Vers thematisch in irgendeiner Weise in Beziehung stehen.

Mehrere Himmel und Erden, die zeitlich aufeinander folgen

2Pe 3,5.6

"Ein Himmel und eine Erde, die vorzeiten war" ist im gr. Text wörtlich: "die damalige Welt". Diese damalige Welt wurde "in der Sintflut" (wörtlich: "von Wasser überschwemmt") vernichtet bzw. ging zugrunde.

Das kann sich nicht um die Sintflut zu Noahs Zeit handeln, denn da waren die Himmel nicht betroffen, und selbst die Erde wurde nicht derart vernichtet, ging nicht in einem Ausmaß zugrunde, dass eine neue Erde notwendig gewesen wäre. 2Pe 3,6 redet also von einer anderen Flut, durch die die damalige, die vorzeitige Welt, die ersten Himmel und Erde, von Wasser überschwemmt, zugrunde ging.

2Pe 3,7

Eine Welt, "die jetzt ist" - wörtlich: "die jetzigen Himmel und Erde" - wird aufgespart für das Feuer.

2Pe 3,13

Wir warten auf einen "neuen Himmel und eine neue Erde".

Der gesamtheitliche Aufbau der Himmel und Erde, umfasst insgesamt also mehrere Welten:

  1. Die vorzeitige Welt, der damalige Himmel und die damalige Erde, die durch Wasser vernichtet wurden.
  2. Die jetzige Welt, der jetzige Himmel und die jetzige Erde, die durch Feuer vernichtet werden.
  3. Die zukünftige Welt, der neue Himmel und die neue Erde, die Gott bereits verheißen hat, die erst noch kommen wird.

Paulus spricht an anderer Stelle von dem "dritten Himmel" und von "Paradies", wobei es sich offensichtlich dann um die Zeit des neuen Himmels und der neuen Erde handelt.

Entstehung der Himmel und der Erde

"Am Anfang" schuf Gott schuf den ersten Himmel und die erste Erde -- wann dieser Anfang war, weiß jedoch kein Mensch, weil es uns nicht offenbart ist. Diese erste Welt war die "damalige Welt", die "vorzeitige Welt".

1Mo 1,1
Jes 45,18

Dies ist der Bericht darüber, was Gott "am Anfang" tat - dass er Himmel und Erde schuf! Die Erde wurde nicht erschaffen, "dass sie leer [hebr. tohu] sein soll ..."

In 1Mo 1,2 folgt dann ein interessanter Hinweis.

1Mo 1,2

Die Erde "war wüst und leer" ... wie kann das sein? Das Wort für "war" wird im Hebräischen auch für "wurde" benutzt, und wenn man es so übersetzt, ergibt sich folgendes: Die damalige Welt "wurde wüst und leer" (tohu va bohu), als sie anscheinend, wie 2Pe 3,5.6 berichten, durch eine ungeheure Flutkatastrophe zerstört wurde.

Danach stellte Gott dann den jetzigen Himmel und die jetzige Erde in 6 Tagen (6 Tagen plus einem Ruhetag) wieder her.

1Mo 1,3ff

Im wesentlichen ordnete Gott neu, er "stellte wieder her". Er tat das kraft seines Wortes und nutzte, was von der vorherigen Erde und dem vorherigen Himmel bereits vorhanden war!

Nur bzgl. zwei ganz spezifischer Dinge wird danach nämlich berichtet, dass Gott sie "geschaffen" habe:

  1. das Leben in Tieren (vgl. 1Mo 1,21)
  2. den Menschen zu Gottes Bilde (vgl. 1Mo 1,27)

Das Wort Gottes ist genau und akkurat - man muss es aber auch genau lesen!

Frage nach dem Alter der Erde

Anhand einiger chronologischer Angaben im AT geben manche das bisherige Alter der Erde mit ca. 6000 Jahren an, es ergeben sich etwa 4000 Jahre zwischen Adam und der Geburt Christi, dazu kommen dann 2000 Jahre bis heute. Dabei gibt es aber gewaltige Schwierigkeiten mit einigen anderen Erkenntnissen (z.B. Fossilienfunde, geologische Studien), die trotz vieler Unsicherheiten in der Datierungsmethode doch auf ein wesentlich höheres Alter als 6000 Jahre hindeuten.

Eine Antwort auf solche Schwierigkeiten könnte biblisch jedoch möglich sein: Am Anfang - vor einer unbekannten Zeit - schuf Gott den ersten Himmel und die erste Erde; diese wurden in einer Flut zerstört (wurde "wüst und leer"). Danach, und das vor ca. 6000 Jahren, ordnete Gott dann die jetzige Welt durch sein Wort aus den Trümmern der vorigen, und er bevölkerte die Erde mit Tieren und dem Menschen. Darin könnte die Erklärung für so manches urzeitliche Rätsel im Zusammenhang mit Fossilien, Dinosauriern und anderen Dingen liegen. Von den möglichen Lebewesen vor dem Untergang des ersten Himmels und der ersten Erde sind keine übriggeblieben, und über ihre Lebensform ist im Grunde nichts bekannt.

 

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