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Einleitung

2. Thessalonicher (2Th) gehört zu den unbestrittenen Paulus Briefen und wurde recht bald nach dem 1. Brief an die Thessalonicher geschrieben, vermutlich von Korinth (vgl. Apg 18) in 51-52 n.Chr., vermutlich nachdem Silas und Timotheus dort angekommen waren (vgl. Apg 18,5).
Der Brief ist kurz und Paulus spricht 2 wesentliche Punkte an: Zum einen gab es in Thessalonich einige, die behaupteten, das Kommen des Herrn im Gericht über Israel wäre bereits im Gange, wobei die dortige Verfolgung der Gläubigen durch die Juden vielleicht Grund für diese Vermutungen war. Zum anderen gab es Leute, die offenbar behaupteten, "Gottes Werk" zu tun, sich aber von anderen aushalten ließen.

Kapitel 1

1 Paulus und Silvanus und Timotheus an die Gemeinde der Thessalonicher in Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. 2 Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!
Hier, wie in 1Th 1,1ff, finden wir den gleichen Hinweis auf Silvanus (Silas) und Timotheus, obgleich der Brief in der Hauptsache von Paulus stammte.
3 Wir sind es Gott schuldig, allezeit für euch zu danken, Brüder, wie es sich auch geziemt, weil euer Glaube über die Maßen wächst und die Liebe jedes einzelnen von euch zunimmt allen gegenüber, 4 so daß wir selbst uns im Hinblick auf euch rühmen in den Gemeinden Gottes wegen eures standhaften Ausharrens und eurer Glaubenstreue in allen euren Verfolgungen und Bedrängnissen, die ihr zu ertragen habt. 5 Sie sind ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes, daß ihr des Reiches Gottes würdig geachtet werdet, für das ihr auch leidet;
Zunächst lobt Paulus den Glauben und die Liebe unter den Gläubigen in Thessalonich, die trotz Verfolgung wachsen und zunehmen.
6 wie es denn gerecht ist vor Gott, daß er denen, die euch bedrängen, mit Bedrängnis vergilt, 7 euch aber, die ihr bedrängt werdet, mit Ruhe gemeinsam mit uns, bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht, 8 in flammendem Feuer, wenn er Vergeltung üben wird an denen, die Gott nicht anerkennen, und an denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorsam sind. 9 Diese werden Strafe erleiden, ewiges Verderben, vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Kraft, 10 an jenem Tag, wenn Er kommen wird, um verherrlicht zu werden in seinen Heiligen und bewundert in denen, die glauben — denn unser Zeugnis hat bei euch Glauben gefunden.
Paulus verweist auf Gottes gerechte Vergeltung, und diesen Verfolgern der Gemeinde in Thessalonich würde in Kürze in dem Strafgericht vergolten, während die treuen Gläubigen belohnt würden, wenn in ihnen der Messias verherrlicht würde.
11 Deshalb beten wir auch allezeit für euch, daß unser Gott euch der Berufung würdig mache und alles Wohlgefallen der Güte und das Werk des Glaubens in Kraft zur Erfüllung bringe, 12 damit der Name unseres Herrn Jesus Christus in euch verherrlicht werde und ihr in ihm, gemäß der Gnade unseres Gottes und des Herrn Jesus Christus.
Der einleitende Abschnitt endet mit dem Hinweis, dass Paulus und seine Mitarbeiter von dem guten Wandel der Gläubigen wußten und ständig für sie beteten, damit auch weiterhin der Name Jesu Christi durch ihren bewundernswerten Lebensstil verherrlicht würde.

Kapitel 2

1 Wir bitten euch aber, ihr Brüder, wegen der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus und unserer Vereinigung mit ihm:
Nun kommt Paulus auf den ersten wichtigen Grund für den Brief zu sprechen: Erläuterungen bzgl. der Wiederkunft ("Gegenwart") Christi, und wie die Gläubigen mit Jesus "vereint" würden.
2 Laßt euch nicht so schnell in eurem Verständnis erschüttern oder gar in Schrecken jagen, weder durch einen Geist, noch durch ein Wort, noch durch einen angeblich von uns stammenden Brief, als wäre der Tag des Christus schon da.
Einige Leute hatten offenbar das Gerücht verbreitet, dass die Ereignisse, mit denen das Messianische Zeitalter beginnen würde, bereits stattfanden. Es könnte sein, dass gefälschte Schreiben verbreitet wurden, oder aber dass einige die Angaben aus dem 1. Brief an die Thessalonicher als Beweis interpretierten, als hätten der Tag Christi bereits begonnen (etwa, indem sie auf die Verfolgungen verwiesen, die sie ja am eigenen Leibe erfuhren).
Paulus betont hier, dass noch einige Zeit bleibt, so dass sich die Thessalonicher sich durch nichts (Weissagungen, Predigten oder Briefe) erschüttern und von ihrem lobenswerten rechten Lebenswandel abbringen lassen sollten. Die Ereignisse waren nahe, aber noch hatte der Tag nicht eingesetzt.
3 Laßt euch von niemand in irgendeiner Weise verführen! Denn es muß unbedingt zuerst der Abfall kommen und der Mensch der Sünde geoffenbart werden, der Sohn des Verderbens, 4 der sich widersetzt und sich über alles erhebt, was Gott oder Gegenstand der Verehrung heißt, so daß er sich in den Tempel Gottes setzt als ein Gott und sich selbst für Gott ausgibt.
Was würde ein sicherer Hiweis auf den Beginn des Kommens des Herrn im Gericht sein? Wie konnte man falsche Berichte und Gerüchte entlarven?
Der "Abfall" war das erste sichere Zeichen. "Abfall" bezeichnet nicht nur eine Revolte, einen Aufstand in politischer oder physischer Hinsicht, sondern auch aus geistlicher Sicht ein sich Auflehnen gegen Gott, und der "1. Aufstand (66 - 73/74 n.Chr.) war - aus christlicher Sicht - beides. Indem die jüdischen Aufständischen in ihrem Bemühen um politische Unabhängigkeit von Rom für eine physische Nation Israel und den irdischen Tempel und das priesterliche System der Gottesanbetung eintraten, propagierten sie weiterhin eine Religion und einen Lebensstil, der auf irdischen und physischen Elementen beruhte. Dieses aber widersprach den Lehren Jesu und seiner Predigt vom Reich Gottes, welches nicht auf physischen Dingen gegründet war.
Weiterhin würde "der Mensch der Sünde geoffenbart werden" ... eine Personifikation des priesterlichen Judentums, das in direktem Gegensatz stand zu Gottes geistlicher Lehre durch Jesus, und so würde in Kürze dieses jüdische System als Sünde bzw. "Gesetzlosigkeit", als Opposition gegen Gottes Willen, geoffenbart werden. Hier ging es nicht um eine "rassistische" Angelegenheit, denn Paulus schreibt nicht, dass Gott gegen "alle Juden" oder "das Judentum" war; vielmehr waren diejenigen Gottes Widersacher, die rituelle Religion (entgegen der Anweisung Jesu zu freiheitlichem Leben in Liebe und Vertrauen) unterstützten und sich so Gott widersetzten.
Dieses jüdische religiöse System würde sich über Gott und alles "august" ("Gegenstand der Verehrung") hieß, möglicherweise ein Hinweis darauf, dass sich das religiöse System gegen das Römische Reich auflehnen würde. Durch einen solchen "Abfall" bzw. Revolte, um bestimmte religiöse Überzeugungen durchzusetzen, plazierten sich diese Vertreter einer irdischen Theokratie mit ihrem religiösen System an die Stelle Gottes als Quelle für "göttliche Vergebung und Segen" (sie nahmen metaphorisch den Platz Gottes im Tempel ein).
5 Denkt ihr nicht mehr daran, daß ich euch dies sagte, als ich noch bei euch war? 6 Und ihr wißt ja, was jetzt noch zurückhält, damit er geoffenbart werde zu seiner Zeit. 7 Denn das Geheimnis der Gesetzlosigkeit ist schon am Wirken, nur muß der, welcher jetzt zurückhält, erst aus dem Weg sein; 8 und dann wird der Gesetzlose geoffenbart werden, den der Herr verzehren wird durch den Hauch seines Mundes, und den er durch die Erscheinung seiner Wiederkunft beseitigen wird, 9 ihn, dessen Kommen aufgrund der Wirkung des Satans erfolgt, unter Entfaltung aller betrügerischen Kräfte, Zeichen und Wunder 10 und aller Verführung der Ungerechtigkeit bei denen, die verlorengehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, durch die sie hätten gerettet werden können. 11 Darum wird ihnen Gott eine wirksame Kraft der Verführung senden, so daß sie der Lüge glauben, 12 damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern Wohlgefallen hatten an der Ungerechtigkeit.
Paulus hatte bereits von diesen Dingen gesprochen, als er noch bei ihnen war. Noch wartete Gott für die "richtige Zeit", aber sie konnten bereits deutlich erkennen, dass diese Sünde und Gesetzlosigkeit bereits "geheim" am Werke war, immerhin waren ja die Vertreter genau dieses priesterlichen Systems die größten Verfolger der Leser. Paulus betont, dass Gott sehr bald und plötzlich in Aktion treten würde, um dieses gesetzlose System zu entlarven (was geschah, als der Jüdische Aufstand sich gegen die Juden zu wenden begann, nachdem Vespasian Kaiser geworden war).
Erst dann würde das zweite Kommen Jesu - das Kommen des Menschensohns im Gericht über Israel - sein. Jesus und die Apostel hatten Israel gewarnt, dass ihr politischer Staat und ihr religiöses System gerichtet würden. Als Titus Jerusalem und den Tempel einnahm und Masada schließlich fiel, war Israel als Staat aufgelöst, und Jesu Weissagungen waren eingetreten. Aus der Sicht des Schreibers, Paulus (der kurz vor der Zeit des Eintretens der Ereignisse schreibt), war es, als würde durch Jesu eigene Worte ("durch den Hauch seines Mundes") das priesterliche System des Judaismus "verzehrt", all seiner Macht beraubt.
Bis dahin würde das System, personifiziert in dem "Mensch der Sünde", dem "Gesetzlosen", mit allen Mitteln an Verführung und Ungerechtigkeit versuchen, Christen wieder in rituelle Religion zurück zu locken und Leute aus den Juden davon abzuhalten, Jesu Lehren anzunehmen. Die Gegener würden diese Lügen akzeptieren und sich weigern, Jesu Lehre, die geistliche Wahrheit hinter dem Buchstaben der Torah, anzunehmen, durch welche sie gerettet werden könnten. Stattdessen würde Gott es zulassen, dass sie sich mit ihren eigenen Lügen verführen würden und gerichtet würden, sobald das Gericht über Israel hereinbrach. All das war dann 74 n.Chr. eingetreten, und seit der Zeit hat es keinen Tempel mehr und keinen priesterliches Judaismus mehr gegeben. Seither ist es unmöglich, jemandes Abstammung auf Abraham zurück zu verfolgen und zu belegen, was aber für das Judentum wesentlich und bestimmend war.
Auch hier ist zu beachten, dass sowohl Jesus wie Paulus auf die Zerstörung des Systems des priesterlichen Judaismus hinwiesen, dass sie aber NICHT etwa eine gewaltsame Verfolgung von Juden propagierten.
13 Wir aber sind es Gott schuldig, allezeit für euch zu danken, vom Herrn geliebte Brüder, daß Gott euch von Anfang an zur Errettung erwählt hat in der Heiligung des Geistes und im Glauben an die Wahrheit, 14 wozu er euch berufen hat durch unser Evangelium, damit ihr die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus erlangt.
Die Gläubigen der Gemeinde waren nicht dazu berufen, sich an der jüdischen Revolte zu beteiligen, sondern in Liebe zu wandeln und der frohen Botschaft (wie sie von Jesus und seinen Aposteln gelehrt wurde) als der Wahrheit zu vertrauen und so die Herrlichkeit des Herrn Jesus zu erlangen.
15 So steht denn nun fest, ihr Brüder, und haltet fest an den Überlieferungen, die ihr gelehrt worden seid, sei es durch ein Wort oder durch einen Brief von uns.
Die Leser würden erretet, falls sie festhielten an einem geistlichen Lebenswandel festhielten, wie Jesus gelehrt hatte, und wie es ihnen durch die Apostel entweder persönlich oder in einem Brief "überliefert" worden war.
16 Er selbst aber, unser Herr Jesus Christus, und unser Gott und Vater, der uns geliebt hat und uns einen ewigen Trost und eine gute Hoffnung gegeben hat durch Gnade, 17 er tröste eure Herzen und stärke euch in jedem guten Wort und Werk!
Diesen Abschnitt abschließend, beten Paulus und seine Mitarbeiter zu Gott, dass er die Leser trösten und stärken möge, damit sie auf ihre Errettung schauen würden und dass sie weiterhin in Wort und Werk auf "Gutes" bedacht sein würden.

Kapitel 3

1 Im übrigen betet für uns, ihr Brüder, damit das Wort des Herrn [ungehindert] läuft und verherrlicht wird, so wie bei euch, 2 und daß wir errettet werden von den verkehrten und bösen Menschen; denn nicht alle haben den Glauben.
Nun bittet Paulus um Gebet für sich und seine Mitarbeiter, damit sie tun können, wozu Gott sie berufen hat und vor bösen Menschen erretet werden. Nicht alle werden die Botschaft von Jesus und der geistlichen Torah annehmen.
3 Aber der Herr ist treu; er wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen. 4 Wir trauen euch aber zu im Herrn, daß ihr das tut und auch tun werdet, was wir euch gebieten. 5 Der Herr aber lenke eure Herzen zu der Liebe Gottes und zum standhaften Ausharren des Christus!
Wieder wendet Paulus das Augenmerk von sich weg und den Gläubigen in Thessalonich zu, und weist darauf hin, dass der Herr treu ist, und dass Gott sie auch weiterhin stärken wird, so dass sie treu ihren Weg in der Liebe und der Lehre Christi gehen werden, auch wenn die Opposition größer wird.
6 Wir gebieten euch aber, Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, daß ihr euch von jedem Bruder zurückzieht, der unordentlich wandelt und nicht nach der Überlieferung, die er von uns empfangen hat. 7 Ihr wißt ja selbst, wie ihr uns nachahmen sollt; denn wir haben nicht unordentlich unter euch gelebt, 8 wir haben auch nicht umsonst bei jemand Brot gegessen, sondern mit Mühe und Anstrengung haben wir Tag und Nacht gearbeitet, um niemand von euch zur Last zu fallen. 9 Nicht daß wir kein Recht dazu hätten, sondern um euch an uns ein Vorbild zu geben, damit ihr uns nachahmt.
Paulus greift eine neue Sache auf, und mit dem Hinweis auf das Vorbild, das er und seine Mitarbeiter gaben, betont er, dass die Gläubigen in Liebe wandeln sollen, ohne für andere eine Bürde zu sein. Keiner sollte anderen zur Last fallen.
Es geht nicht darum, dass Gläubige in Thessalonich aufgrund ihres Glaubens an das baldige Kommen des Herrn nun herumsaßen und nichts taten! Es geht darum, dass einige nicht in Liebe wandelten, und nicht dem Beispiel der Apostel und der Unterweisung zu einem Wandel in Liebe folgten (= "unordentlich wandeln").
Die Apostel und mit ihnen reisende Helfer hatten das Recht, bei anderen Christen zu wohnen und von ihnen unterstützt zu werden (vgl. Jesu Worte in Mt 10,11), was aber als Privileg zu verstehen ist, nicht als "muss" oder "Notwendigkeit".
10 Denn als wir bei euch waren, geboten wir euch dies: Wenn jemand nicht arbeiten will, so soll er auch nicht essen! 11 Wir hören nämlich, daß etliche von euch unordentlich wandeln und nicht arbeiten, sondern unnütze Dinge treiben. 12 Solchen gebieten wir und ermahnen sie im Auftrag unseres Herrn Jesus Christus, daß sie mit stiller Arbeit ihr eigenes Brot verdienen. 13 Ihr aber, Brüder, werdet nicht müde, Gutes zu tun!
Nach dem Hinweis auf ihr Beispiel folgt nun der Hinweis auf das, was sie gelehrt hatten. Ein jeder sollte sich bemühen, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, keiner sollte der Faulheit frönen, anscheinend gaben einige in Thessalonich vor, sie "hätten wichtigeres zu tun als einer Arbeit nachzugehen". Die Apostel aber zeigen auf, dass ein jeder arbeiten sollte, und eine Unterstützung als Privileg ansehen sollte.
14 Wenn aber jemand unserem brieflichen Wort nicht gehorcht, den kennzeichnet und habt keinen Umgang mit ihm, damit er sich schämen muß; 15 doch haltet ihn nicht für einen Feind, sondern weist ihn zurecht als einen Bruder.
Gläubige, die der Lehre nicht folgten, sollten nicht weiter unterstützt werden, damit ihre Faulheit öffentlich würde, und sie "sich schämend" zu eigener Arbeit angehalten würden. Solche waren jedoch nicht als Feinde zu betrachten, sondern als Brüder, die in Liebe eine Lektion lernten.
16 Er aber, der Herr des Friedens, gebe euch den Frieden allezeit und auf alle Weise! Der Herr sei mit euch allen!
Der eigentliche Abschluß des Briefs mit dem Segenswunsch, dass Gott ihnen Frieden geben möge.
17 Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand; dies ist das Zeichen in jedem Brief, so schreibe ich. 18 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen! Amen.
Paulus unterzeichnet den Brief und fügt noch in eigener Handschrift einen persönlichen Grüß am Ende hinzu.

 

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