von
Wolfgang Schneider
Matthäus 5,16
So laßt euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.
Matthäus 6,1
Habt acht auf eure Frömmigkeit, daß ihr die nicht übt vor den Leuten, um von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel.
Diese zwei Verse scheinen widersprüchlich, wenn man sie lediglich jeweils für sich selbst jeweils liest. Ein rechtes Verständnis ergibt sich jedoch erst, wenn beide Verse in ihrem Zusammenhang gelesen werden, und dann wird schnell klar, daß es keinen Widerspruch zwischen ihnen gibt. Der Kontext ist der Schlüssel zu einem korrekten Verständnis und zum Lösen dieser Schwierigkeit. Beide Verse sind Teil der gleichen Unterweisung Jesu, der sogenannten "Bergpredigt", und es wäre sicherlich befremdlich, dass Jesus sich selbst in der gleichen Predigt widersprechen würde.
In Matthäus 5,16 redet Jesus im Zusammenhang davon, Zeugnis zu geben, das Salz der Erde zu sein, die gute Nachricht des Himmelreichs nicht nur mit Worten sondern auch mit Taten zu verkünden. Er redet von den Werken, die getan werden nicht um der Menschen willen oder um seiner selbst willen, sondern die dem Zwecke der Verherrlichung Gottes dienen, wie es heißt: "und euren Vater im Himmel preisen."
In Matthäus 6,1 redet Jesus im Zusammenhang davon, "Frömmigkeit vor Leuten zu üben" - ein großer Kontrast zu dem, was er zuvor in dem vorherigen Abschnitt seiner Unterweisung beschrieben hatte. Dies hier sind "gute Werke", die einige Leute in einer Art von "Selbstgerechtigkeit"-Bewusstsein tun, mit der Absicht, dadurch Aufmerksamkeit zu erregen ("um von ihnen [anderen Leuten] gesehen zu werden"). Diese Frömmigkeit oder "guten Werke" hier wären nicht das Gleiche wie das zuvor Erwähnte - vielmehr beschreibt Jesus zwei völlig unterschiedliche Situationen und völlig unterschiedliche Absichten hinter den jeweiligen Werken.
Wenn wir gute Werke im Dienst an anderen hilfsbedürftigen Menschen tun, so tun wir dies ohne eine große Werbekampagne, wir tun sie demütig und im Stillen. Solche Werke werden beachtet, zumindest bei denen, denen damit gedient wird, und auf jeden Fall bei dem Vater im Himmel, der in das Verborgene sieht. Und so lassen wir dann, wenn sich solche Gelegenheit ergibt, unser Licht scheinen, um damit Gott zu preisen. Würden wir solche Hilfestellung für andere nur mit lautstarkem Gerede und viel Werbung tun, um damit die Anerkennung von Leuten zu erzielen, wären wir in der zweiten und unangebrachten Kategorie, die Jesus erwähnte. "Gute Werke" zu tun in Übereinstimmung mit der ersten Anleitung wird schließlich Leute zu Gott hinführen und wird ihn verherrlichen und preisen, etwas in der Art zu tun, die Jesus ablehnte, wird Gott absolut nicht verherrlichen.