Die Worte Eli, Eli, lama asabtani bzw. ihre Übersetzung "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" in Matthäus 27,46 (wie auch in der Parallelstelle in Markus 15,34) zählen zu den Teilen der Schrift, die einer näheren Untersuchung bedürfen, denn in dem Wortlaut und der Übersetzung, wie sie in unseren Bibeln stehen, stehen sie im Widerspruch zu anderen Schriftstellen.

Zunächst wollen wir uns den Wortlaut in der Lutherbibel vor Augen führen.

Matthäus 27,46:
Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Markus 15,34:
Und zu der neunten Stunde rief Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Die Schwierigkeiten mit diesen Worten, die zu den sogenannten "letzten Worten Jesu am Kreuz" gehören und die fast jährlich in den christlichen Kirchen Gegenstand von Predigten während der Karwoche sind, werden schnell offenkundig, wenn man sie zu einigen anderen Aussagen im Wort Gottes in Beziehung setzt.

Die traditionelle Übersetzung "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" wird meist zum Anlaß genommen, ausführliche Erklärungen dafür zu geben, warum Gott in dieser so bedeutsamen Situation seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus verlassen habe. Eine der am meisten propagierten Meinungen, die in vielen Kreisen etablierte Lehre ist, besagt, daß Gott seinen Sohn verließ, weil dieser am Kreuz für uns zur Sünde gemacht wurde, d.h. selbst an der sündhaften Natur Anteil bekam, als er dort unsere Sünden auf sich lud. Das bewirkte diese Trennung von Vater und Sohn, und Gott mußte seinen Sohn, da dieser an der Sünde Anteil hatte, am Kreuz verlassen; zudem sollte der Sohn, um ein vollkommenes Opfer zu sein, die gleiche Trennung von Gott erfahren, wie sie ein jeder Mensch kennt.

Allerdings kann diese Erklärung nicht recht befriedigen. In der Tat stellt sie ein sehr großes Problem für die Auslegung der Schrift dar! Wenn man sich einige andere Verse in der Bibel ansieht, die zu diesem Geschehen – Jesu Tod am Kreuz – in Beziehung stehen, wird schnell deutlich, daß eine solche Argumentation in Widerspruch steht zu einigen Aussagen Jesu und auch noch anderen Wahrheiten der Schrift, in denen uns über das Verhältnis von Gott und seinem eingeborenen Sohn berichtet wird.

In dieser Studie werde ich näher auf die beiden Stellen aus Matthäus und Markus eingehen, dazu vor allem aber auch darlegen, was die Bibel uns darüber mitteilt, wie Jesus Christus für uns zur Sünde gemacht wurde. Eine Reihe von Schriftstellen, die für die rechte Auslegung und das korrekte Verständnis dieser Worte Jesu am Kreuz notwendig sind, werden angeführt und erläutert. So kann mittels des Zeugnisses der heiligen Schrift selbst die wahre Bedeutung der Worte Eli, Eli, lama asabtani dargelegt werden.

Worin besteht das Problem?

Auf den ersten Blick scheinen beide Verse kein so großes Problem darzustellen, denn sie sind, für sich allein betrachtet, im wesentlichen klar verständlich, deutlich und eindeutig. Alle benutzten Wörter, bis auf die offensichtlich fremdsprachigen Wörter, sind leicht und klar verständlich.

Allerdings ergeben sich die Schwierigkeiten, sobald man andere Schriftstellen, die von der gleichen Begebenheit, Jesu Tod am Kreuz, handeln, mit diesen Versen in Matthäus und Markus in Einklang bringen will.

Gottes Wort berichtet uns, was Jesus über sein Verhältnis zu Gott selbst bezeugte.

Johannes 5,30:
Ich kann nichts von mir aus tun. Wie ich höre, so richte ich, und mein Gericht ist gerecht; denn ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.

Johannes 8,29:
Und der mich gesandt hat, ist mit mir. Er läßt mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm gefällt.

Johannes 10,30:
Ich und der Vater sind eins.

Jesus verkündete freimütig, daß er in allem, was er tat, den Willen seines Vaters suchte. Er versicherte, daß Gott ihn nicht allein lassen würde, weil er allezeit das tat, was Gott gefiel. Wenn Jesus Christus allezeit den Willen des Vaters tat, dann muß er auch den Willen seines Vaters getan haben, als er am Kreuz starb! Gerade darin zeigte sich, daß er und sein himmlischer Vater eins waren, also in absoluter Übereinstimmung. Warum sollte der Vater ihn dann verlassen haben, als Jesus am Kreuz offensichtlich doch Gottes Willen erfüllte?

Eine bedeutsame Aussage in 2. Korinther wirft ebenfalls Licht auf das Verhältnis zwischen Gott und Jesus Christus.

2. Korinther 5,19:
Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber …

Gott war in Christus, er handelte in Christus, wirkte in ihm, und ermöglichte so die Versöhnung des Menschen mit sich selbst. Auch diese Aussage weist darauf hin, daß Gott seinen Sohn sicher nicht verlassen haben konnte, als dieser am Kreuz durch seinen Opfertod gerade diese Versöhnung möglich machte.

Jesus Christus verkörperte Gott, in ihm war Gott gegenwärtig.

Kolosser 2,9:
Denn in ihm [in Christus] wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.

Wie kann die ganze Fülle der Gottheit, die in Christus wohnt, von ihm getrennt werden? Wie kann es unter solchen Gegebenheiten möglich sein, daß Gott Jesus verließ, wenn in Christus die ganze Fülle Gottes leibhaftig wohnte?

In welcher Weise Gott seinem eingeborenen Sohn Jesus Christus zur Seite stand, wird aus einer anderen Aussage Jesu deutlich, die er zum Zeitpunkt der Gefangennahme, nur wenige Tage vor der Kreuzigung, machte.

Matthäus 26,53:
Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, daß er mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schickte?

Jesus hatte offenbar ein gutes Verhältnis zu seinem Vater. Er hätte eine solche Art von Beistand erhalten. Der Vater hätte Jesus mehr als 72 000 Engel geschickt. Jesus hätte einfach mitten aus dieser Gruppe von Männern herausgehen können, wenn er gewollt hätte.

Johannes 16,32:
Siehe, es kommt die Stunde und ist schon gekommen, daß ihr zerstreut werdet, ein jeder in das Seine, und mich allein laßt. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir.

Hier spricht Jesus von der nahenden Stunde seiner Gefangennahme, Kreuzigung und seines Todes, als seine Jünger zerstreut wurden. So sicher, wie er die Zerstreuung seiner Jünger voraussagt, so gewiß ist er im Hinblick auf die Treue seines Vaters, der ihn nicht im Stich lassen würde. Jesus erwähnt, daß er nicht allein sein wird – weil Gott bei ihm ist!
Eine weitere Stelle aus Lukas sei noch erwähnt, in der diese Wahrheit in eindrucksvoller Weise bestätigt wird.

Lukas 23,46:
Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.

Diese Worte sprach Jesus am Kreuz, nachdem Gott ihn angeblich schon verlassen hatte. Falls Jesus zunächst der Meinung war, daß Gott ihn tatsächlich verlassen hatte, würde es nun kaum einen Sinn ergeben, daß Jesus sich nun mit dieser Bitte an Gott wandte.
"Ich und der Vater sind eins", "der Vater ist bei mir", "ich tue allezeit, was ihm gefällt" — all diese Worte zeigen eindeutig auf, daß Jesus Christus glaubte, daß Gott auch während der Kreuzigung bei ihm war und ihn nicht verließ!

Wie kommt es aber dann, daß in den Übersetzungen in Matthäus 27,46 und Markus 15,34 der Eindruck erweckt wird, als habe Gott seinen Sohn verlassen?

Jesus wurde für uns "zur Sünde gemacht"

Das Problem mit den besagten Versen in Matthäus und Markus resultiert schließlich und endlich aus einer falschen Übersetzung. Die falsche Übersetzung wurde aufgrund falscher Lehre weiter propagiert und wird vor allem mit einem falschen Verständnis eines Verses in 2. Korinther 5 gestützt.

2. Korinther 5,21:
Denn er hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.

Aus dieser Aussage wird abgeleitet, daß Jesus Christus wortwörtlich für uns am Kreuz zur Sünde wurde. Es wird gelehrt, daß er unsere sündhafte Natur, die sündhafte Natur des gefallenen Menschen, auf sich nahm, damit er dadurch den Menschen erlösen konnte. Es wird argumentiert, daß er uns eben in allem gleich werden mußte, daß er erst die ganze furchtbare Macht der Sünde und die dadurch verursachte Trennung von Gott erfahren mußte, um der Erlöser der Menschen sein zu können.

Manchmal wird in diesem Zusammenhang zur Bestätigung noch eine Stelle aus Jesaja 53 mit angeführt, wobei auf den hebräischen Urtext verwiesen wird, da in vielen Übersetzungen der erwähnenswerte Punkt nicht recht zum Ausdruck kommt.

Jesaja 53,9:
Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist.

Der Ausdruck "als er gestorben war" ist wörtlich eher "in seinem Tode", wie es in der Elberfelder Bibel aus dem hebräischen Text etwas genauer übersetzt wurde:

Jesaja 53,9 (Elberfelder Bibel):
Und man hat sein Grab bei Gesetzlosen bestimmt; aber bei einem Reichen ist er gewesen in seinem Tode, weil er kein Unrecht begangen hat und kein Trug in seinem Munde gewesen ist.

Das Wort "Tode" steht an dieser Stelle im hebräischen Urtext im Plural; so daß es wörtlich heißt: "in seinen Toden".

Einige Gelehrte haben diese Verwendung der Pluralform des Wortes für "Tod" in Verbindung mit der Stelle in 2. Korinther 5 genommen und lehren, daß Jesus buchstäblich zur Sünde wurde und vor seinem eigentlichen physischen Tod bereits einen geistlichen Tod (also zwei Tode) starb. Dabei wird zunächst als gegeben angenommen, daß Jesus Christus als Gottes eingeborener Sohn unsterblich war. Als der letzte Adam konnte er gar nicht physisch sterben, bevor er nicht zuerst geistlich gestorben war – analog zum ersten Adam, der auch erst dann physisch starb, als er gesündigt hatte und geistlich gestorben war.

Durch die Sünde wurde Adam ein sündhafter Mensch mit einer sündhaften Natur, was eine Trennung von Gott bewirkte. Dementsprechend wird dann gefolgert, daß Jesus Christus, als er für uns von Gott am Kreuz zur Sünde gemacht wurde (manche legen den Zeitpunkt dafür auf den Beginn der dreistündigen Finsternis), geistlich starb und von Gott verlassen wurde. Einige Zeit danach starb er dann physisch, da er ja nun Anteil hatte an der sündhaften Natur des Menschen und sich so mit uns identifiziert hatte. Gott erklärte ihn dann, nachdem er durch seinen Tod den Preis für die Sünde gezahlt hatte, für gerecht und erweckte ihn am dritten Tage von den Toten.

Diese Art Argumentation bzgl. dessen, was sich auf Golgatha abspielte, mag auf den ersten Blick noch logisch erscheinen, aber sie steht in Widerspruch zu dem, was Jesus Christus glaubte und selbst verkündet hatte – daß Gott ihn nicht allein lassen würde, daß Gott ihn keineswegs verlassen würde! Außerdem ergeben sich eine ganze Reihe weiterer Probleme, wenn man andere Schriftstellen über die Erlösung des Menschen und Jesu Opfer am Kreuz einbezieht. Eine korrekte Auslegung aber muß ergeben, daß alle Schriftstellen zu einem gegebenen Thema miteinander in Einklang stehen, sie dürfen sich nicht widersprechen.

Jesu Tod ist der absolute Höhepunkt des für die Erlösung des Menschen notwendigen Sühneopfers. Gott handelte dabei in allen Aspekten seines Wirkens auf der Grundlage seiner Gerechtigkeit, wobei er allen Beteiligten gegenüber immer absolut gerecht ist und bleibt. Er kann nicht einfach einige Aspekte seiner Gerechtigkeit außer acht lassen bzw. sich einfach über vorgegebene Wahrheiten hinwegsetzen.

Wenn Jesus Christus tatsächlich zur Sünde wurde, also Anteil nahm an der sündhaften Natur des Menschen und dann kurz danach starb, starb er als ein sündiger Mensch. Wenn Jesus wirklich zur Sünde wurde, hätte er sich in dieser Hinsicht nicht mehr von allen anderen Menschen unterschieden, und er hätte eigentlich selbst einen Erlöser benötigt. Er wäre dann selbst ein Gottloser gewesen und sein Opfer hätte nichts bewirken können.

Sprüche 15,8:
Der Gottlosen Opfer ist dem HERRN ein Greuel; aber das Gebet der Frommen ist ihm wohlgefällig.

Weiterhin, wie hätte Gott ihn dann erlösen und gerecht sprechen können, ohne daß es dadurch ein Ansehen der Person gegeben hätte? Wenn Gott Jesus Christus in einem Zustand der Sünde gerecht sprechen konnte, hätte er dies lange vor Jesu Tod auch bereits bei anderen Menschen tun können und müssen. Dann wäre eigentlich gar kein Erlöser notwendig.

Sprüche 24,23 und 24:
Auch dies sind Worte der Weisen: Die Person ansehen im Gericht ist nicht gut.
Wer zum Schuldigen spricht: »Du hast recht«, dem fluchen die Völker, und die Leute verwünschen ihn.

Gott selbst wäre mit einem solchem Rechtsspruch sich selbst ein Greuel geworden, genau wie auch dadurch, daß er Jesus wörtlich zur Sünde machte.

Sprüche 17,15:
Wer den Schuldigen gerecht spricht und den Gerechten schuldig, die sind beide dem HERRN ein Greuel.

Da Jesus selbst ja doch keine Sünde kannte und keine Sünde begangen hatte, hätte Gott dadurch, daß er ihn zur Sünde machte, Jesu Gerechtigkeit von ihm genommen. Gott hätte ihn sozusagen als Gerechten schuldig gesprochen!

Auch diese Verse weisen darauf hin, daß Jesus unmöglich wörtlich zur Sünde gemacht wurde. Er identifizierte sich nicht mit uns darin, daß er selbst zur Sünde wurde und Anteil an der sündhaften Natur des Menschen nahm.1

Jesu Tod – Opfer für unsere Sünde

Wenn man die Schriftstellen betrachtet, die über die durch Christus gewirkte Erlösung berichten, stellt man auch fest, daß es bei seinem Opfer überhaupt nicht um einen "geistlichen Tod" ging, sondern um seinen physischen Tod! Jesu Blut wurde vergossen für unsere Sünde, nicht sein Geist.

Römer 5,9:
Um wieviel mehr werden wir nun durch ihn bewahrt werden vor dem Zorn, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind!

Epheser 1,7:
In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade,

Unsere Erlösung wurde nicht dadurch bewirkt, daß Christus "geistlich starb", sondern daß er sein Leben, sein physisches Leben, gab – daß sein Blut für uns vergossen wurde!2

Dabei spielte eine entscheidende Rolle, daß sich sein Blut von dem aller anderen Menschen in einem Aspekt unterschied.

1. Petrus 1,18 und 19:
denn ihr wißt, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise,
sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes.

Diese Aussage macht deutlich, daß Jesus sein Leben gab, daß sein Blut vergossen wurde, als er unschuldig und unbefleckt war. Der Ausdruck "eines unschuldigen und unbefleckten Lammes" weist darauf hin, daß Jesus nicht als Sünder starb, sondern als Gerechter! Er hatte keine Sünde und blieb auch ohne Sünde. Er gab sein Leben für unsere Sünden.3 Daß Jesus einmal als Gerechter für die Ungerechten gelitten hat und gestorben ist, wird aus einem anderen Vers deutlich.

1. Petrus 3,18:
Denn auch Christus hat einmal für die Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch zu Gott führte, und ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist.

Jesus Christus trug die Sünde der Welt ans Kreuz, aber er selbst wurde nicht wörtlich zur Sünde. Sünde zu tragen, bedeutet nicht, ein Sünder zu sein bzw. sündhaft zu werden. Jesus war gerecht und blieb gerecht, er war das unbefleckte und unschuldige Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnahm.

Johannes 1,29:
Am nächsten Tag sieht Johannes, daß Jesus zu ihm kommt, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!

Die Ankündigung Johannes des Täufers war absolut korrekt und entsprach der Wahrheit. Jesus Christus war das endgültige Opferlamm für die Sünden der Welt. Während der Zeit des Gesetzes hatte Gott verschiedene vorläufige Opfer verordnet, die ein sündiger Israelit bringen konnte, um vorläufige Sühne für seine Sünde zu erlangen. All diese Tieropfer blickten voraus auf das eine endgültige Opfer Jesu Christi, des eingeborenen Sohnes Gottes. Sie waren lediglich ein vorausgeworfener Schatten; die eigentliche Person, auf die sie hinwiesen, war Jesus Christus.

Bemerkenswert bei diesen Opfern ist die Tatsache, daß es sich bei den Opfern von Stieren, Ziegen, Lämmern und Kühen um Lebewesen handelte, die (weil Tiere) ohne Sünde waren. Es wurde jeweils unschuldiges Blut vergossen, denn nur dadurch konnte eine Sühne für Sünde erreicht werden. Das Tier hatte nicht gesündigt, aber sein Blut wurde vergossen statt des Blutes des schuldigen Sünders. Darin wurde bereits veranschaulicht, daß das endgültige Opfer auch einen unschuldigen Menschen betreffen würde, dessen unschuldiges Blut zur Sühne und Erlösung der schuldigen Sünder vergossen würde.4

Jesus Christus war das endgültige Opfer zur Sühne für die Sünden der Welt. Blutvergießen war notwendig, denn ohne Blutvergießen gibt es keine Tilgung der Sünde.

3. Mose 17,11:
Denn des Leibes Leben ist im Blut, und ich habe es euch für den Altar gegeben, daß ihr damit entsühnt werdet. Denn das Blut ist die Entsühnung, weil das Leben in ihm ist.

Hebräer 9,22:
Und es wird fast alles mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung.

Jesus Christus opferte sich selbst als unser Sündopfer und erwarb so für uns eine ewige Erlösung. Eine Reihe von Abschnitten aus Hebräer zeigen dies in eindringlicher Form auf, wobei immer wieder deutlich wird, daß Jesus selbst nicht zur Sünde wurde, nicht sündhaft war, sondern als unschuldiges Lamm Gottes für uns sein Leben hingab.

Hebräer 7,26 und 27:
Denn einen solchen Hohenpriester mußten wir auch haben, der heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern geschieden und höher ist als der Himmel.
Er hat es nicht nötig, wie jene Hohenpriester, täglich zuerst für die eigenen Sünden Opfer darzubringen und dann für die des Volkes; denn das hat er ein für allemal getan, als er sich selbst opferte.

Hebräer 9,13.14.22–28:
Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche von der Kuh durch Besprengung die Unreinen heiligt, so daß sie äußerlich rein sind,
um wieviel mehr wird dann das Blut Christi, der sich selbst als Opfer ohne Fehl durch den ewigen Geist Gott dargebracht hat, unser Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott!

Und es wird fast alles mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung.
So also mußten die Abbilder der himmlischen Dinge gereinigt werden; die himmlischen Dinge selbst aber müssen bessere Opfer haben als jene.
Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heiligtum, das mit Händen gemacht und nur ein Abbild des wahren Heiligtums ist, sondern in den Himmel selbst, um jetzt für uns vor dem Angesicht Gottes zu erscheinen;
auch nicht, um sich oftmals zu opfern, wie der Hohepriester alle Jahre mit fremdem Blut in das Heiligtum geht;
sonst hätte er oft leiden müssen vom Anfang der Welt an. Nun aber, am Ende der Welt, ist er ein für allemal erschienen, durch sein eigenes Opfer die Sünde aufzuheben.
Und wie den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht:
so ist auch Christus einmal geopfert worden, die Sünden vieler wegzunehmen; zum zweiten Mal wird er nicht der Sünde wegen erscheinen, sondern denen, die auf ihn warten, zum Heil.

Die Opfer des Alten Testaments konnten nur vorläufig für die Sünden Vergebung bewirken, sie konnten Sünde nicht tilgen. Sie waren unvollkommen, weil es sich um Tieropfer handelte, die die Sünde des Menschen nicht völlig sühnen konnten. Erst das Leben eines unschuldigen Menschen vermochte diese Erlösung zu bewirken, auf welche die Tieropfer ja nur hinwiesen.

Vers 23 redet von "bessere Opfer" (Mehrzahl), obwohl es wörtlich nicht um mehrere "bessere Opfer" geht. Der Zusammenhang redet eindeutig nur von einem Opfer, das besser war als die Tieropfer — das eine vollkommene Opfer des eingeborenen Sohnes Gottes! Bei der Verwendung des Plurals für "Opfer" handelt es sich daher um die Redefigur Heterosis, wobei der Plural verwendet wird, um die Größe, die Reichweite, die Intensität und Bedeutung des benutzten Wortes zu betonen. Hier wird durch die Verwendung von Heterosis bei dem Wort "Opfer" betont, um wieviel besser als die Tieropfer das Opfer Jesu war.

Die Erwähnung dieser Redefigur Heterosis gibt Gelegenheit, kurz auf Jesaja 53,9 zurückzukommen, wo das Wort "Tod" auch im Plural stand. Auch dort kann, wie die bisher behandelten Stellen der Schrift aufgezeigt haben, nicht von mehreren "Toden" Jesu Christi die Rede sein, vielmehr muß in dem Vers ebenfalls diese Redefigur Heterosis vorliegen. Durch die Verwendung von Heterosis mit "Tod" wird auf die besondere Bedeutung des Todes des kommenden Erlösers hingewiesen, vor allem auf die Grausamkeit und das Leid, das er erdulden würde. Die Verwendung des Plurals betont in besonderer Weise, wie qualvoll sein Tod sein würde.5

Wieviel besser Jesu Opfer war, wird dann im weiteren Verlauf in Hebräer 10 noch deutlicher dargelegt.

Hebräer 10,1–14:
Denn das Gesetz hat nur einen Schatten von den zukünftigen Gütern, nicht das Wesen der Güter selbst. Deshalb kann es die, die opfern, nicht für immer vollkommen machen, da man alle Jahre die gleichen Opfer bringen muß.
Hätte nicht sonst das Opfern aufgehört, wenn die, die den Gottesdienst ausrichten, ein für allemal rein geworden wären und sich kein Gewissen mehr gemacht hätten über ihre Sünden?
Vielmehr geschieht dadurch alle Jahre nur eine Erinnerung an die Sünden.
Denn es ist unmöglich, durch das Blut von Stieren und Böcken Sünden wegzunehmen.
Darum spricht er, wenn er in die Welt kommt: »Opfer und Gaben hast du nicht gewollt; einen Leib aber hast du mir geschaffen.
Brandopfer und Sündopfer [peri hamartia] gefallen dir nicht.
Da sprach ich: Siehe, ich komme - im Buch steht von mir geschrieben -, daß ich tue, Gott, deinen Willen.«
Zuerst hatte er gesagt: »Opfer und Gaben, Brandopfer und Sündopfer [peri hamartia] hast du nicht gewollt, sie gefallen dir auch nicht«, obwohl sie doch nach dem Gesetz geopfert werden.
Dann aber sprach er: »Siehe, ich komme, zu tun deinen Willen.« Da hebt er das erste auf, damit er das zweite einsetze.
Nach diesem Willen sind wir geheiligt ein für allemal durch das Opfer des Leibes Jesu Christi.
Und jeder Priester steht Tag für Tag da und versieht seinen Dienst und bringt oftmals die gleichen Opfer dar, die doch niemals die Sünden wegnehmen können.
Dieser aber hat ein Opfer für die Sünden dargebracht, und sitzt nun für immer zur Rechten Gottes
und wartet hinfort, bis seine Feinde zum Schemel seiner Füße gemacht werden.
Denn mit einem Opfer hat er für immer die vollendet, die geheiligt werden.

Dieser Abschnitt in Hebräer 10 enthält noch eine wichtige Sache, die für das rechte Verständnis der Stelle in 2. Korinther 5,21 eine große Hilfe ist. In Vers 6 und in Vers 8 wird aus Psalm 40 zitiert, wo im hebräischen Text zwar das Wort "Sünde" steht, aber eindeutig nicht "Sünde", sondern "Sündopfer" gemeint ist. Im Alten Testament gibt es für "Sünde" und "Sündopfer" lediglich ein hebräisches Wort, das wörtlich "Sünde" bedeutet und mittels der Redefigur Metonymie das für die Sünde dargebrachte "Sündopfer" bezeichnet.6

Im griechischen Text in Hebräer 10,6 und 8 steht dafür wörtlich nur der Ausdruck "für Sünde [peri hamartia]", wobei wohl die Verwendung der Redefigur Metonymie in Psalm 40 erkannt wurde und in Gestalt der Redefigur Ellipse wiedergegeben wurde, denn gemeint ist "Opfer für Sünde" bzw. "Sündopfer". Die deutsche Übersetzung berücksichtigt diesen Sachverhalt ebenfalls und hat statt "Sünde" an diesen Stellen das Wort "Sündopfer".

Jesus Christus zum Sündopfer gemacht

Jesus Christus selbst war ohne Sünde geboren und hatte ein Leben ohne Sünde geführt. Gerade deswegen war er überhaupt erst in der Lage, mit seinem Leben das notwendige Lösegeld zur Erlösung der Menschen zu zahlen. Er starb für uns Sünder, aber nicht als ein Sünder. Sein Leben war das stellvertretende Opfer für uns Sünder. Er selbst wurde nicht Sünde, er wurde von Gott als unser Sündopfer bereitgestellt!

2. Korinther 5,21:
Denn er hat den, der von keiner Sünde [hamartia] wußte, für uns zur Sünde [hamartia — durch Metonymie: "zum Sündopfer"] gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.

Dieser Vers verkündet eine der großartigsten Wahrheiten überhaupt — und die große Bedeutung dieser wahrhaft frohen Botschaft wird mittels der Verwendung zweier Redefiguren betont. Zum einen liegt Metonymie vor, wodurch die zweite Verwendung des Wortes "Sünde" die Bedeutung "Sündopfer" erhält, zum anderen liegt in diesem Vers die Redefigur Antanaklasis vor, bei der das gleiche Wort ("Sünde") mit unterschiedlichen Bedeutungen in einem Satz verwendet wird. Uns wird die ganze Größe der Bedeutung von Jesu Kreuzestod aufgezeigt. Gott erwies seine große Liebe darin, daß er seinen eingeborenen Sohn als Sündopfer für die Sünde der Welt gab.

Wir haben aus diesen Aussagen der Schrift gelernt, daß die Theorien, die angeführt werden, um zu erklären, warum Gott seinen eingeborenen Sohn am Kreuz verließ, nicht stichhaltig und schlüssig sind. Sie sind gar zu verwerfen, denn die Schrift gibt uns ein anderes, völlig eindeutiges Bild.

Der Ausruf selbst

Bei der Übersetzung von Matthäus 27,46 und Markus 15,34 muß daher ein Problem in der Übersetzung vorliegen, denn der ursprüngliche Text kann unmöglich den Wortlaut gehabt haben, den wir nun lesen: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Dieser Ausruf Jesu am Kreuz — eines der letzten Worte, die Jesus sprach, kurz bevor er sein Leben niederlegte — ist in Matthäus und in Markus aufgezeichnet.

Matthäus 27,46:
Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Markus 15,34:
Und zu der neunten Stunde rief Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Diese Worte klingen in dieser Übersetzung in der Tat wie der verzweifelte Ausruf eines getäuschten und enttäuschten Mannes. In diesen Worten hallt nur Niederlage wider, und doch hat Jesus am Kreuz keine Niederlage erlitten! Niemand nahm sein Leben von ihm – er selbst gab es aus Liebe für uns! Wir wollen uns daher eingehender mit diesen Versen beschäftigen, um zu einem genauen und richtigen Verständnis zu gelangen.

Wir verstehen diese zwei Verse in Matthäus und Markus Wort für Wort, abgesehen von den Fremdwörtern, die bei der Übersetzung im Text belassen wurden. Diese Tatsache sollte unsere Aufmerksamkeit erregen. Warum ließen die Übersetzer diese fremden Wörter im Vers stehen? Diese Abweichung vom üblichen Vorgehen beim Übersetzen gibt uns eine Anregung, hier bei der Lösung zu diesem Problem anzusetzen.

Bei den fremden Wörtern in diesen Versen handelt es sich nicht um griechische, sondern um aramäische Wörter. Jesus sprach Aramäisch. Diese aramäischen Wörter wurden wohl im Text belassen, weil die Übersetzer sich über ihre Bedeutung nicht völlig sicher waren, daher fügten sie lediglich hinzu, was sie für die richtige griechische Übersetzung hielten.7 Zunächst einmal ist zu beachten, daß der ursprüngliche Wortlaut des Textes den Ausruf Jesu nicht doppelt enthielt – einmal in Gestalt der aramäischen Wörter und dann anschließend in der griechischen Übersetzung. Genau dieser Sachverhalt wird aus dem aramäischen Text klar. In Matthäus 27,46 ist der Teil "das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" nicht im Text enthalten, wohingegen in Markus 15,34 die Worte "das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" im gängigen aramäischen Peschitta Text zwar enthalten sind, in zwei anderen aramäischen Quellen aber ebenfalls fehlen.8 Dieser Textteil ist im Peschitta Text vorhanden, weil es sich bei den vorliegenden Peschitta Fassungen wohl bereits um eine Übersetzung aus einem aramäischen Dialekt in einen anderen handelt.

Um zu einem rechten Verständnis dieser Verse zu gelangen, ist es notwendig, die aramäischen Wörter genauer zu untersuchen und zu bestimmen, was sie bedeuten können. Diese Wörter kommen noch an anderen Stellen in der Bibel vor, und aus diesen Gebräuchen können wir ihre Bedeutung näher bestimmen.

Das Wort "Eli" ist eine Form des aramäischen Wortes alahi, das "Gott" bedeutet. Die Form des Wortes in diesen Versen wird korrekt als "mein Gott" wiedergegeben.

Das Wort "lama" kommt so nicht an dieser Stelle vor, korrekt lautet es lmana.9 Das Wort lmana setzt sich aus drei kleineren Komponenten zusammen — lamana, und könnte übersetzt werden mit "denn das ist wofür".10 Dieses Wort kommt mehrmals im Neuen Testament vor, es bedeutet auch grundsätzlich "warum" und leitet auch Fragen ein. Dabei muß man beachten, daß es auch in der aramäischen Sprache eine bestimmte Form von Frage gibt, die eigentlich nicht unbedingt eine Frage sein will, sondern vielmehr in betonter Form einen Ausruf mit einer Erklärung darstellt.11 Lmana leitet in diesen zwei Versen zwar eine Frage ein, die aber als ein Ausruf, eine Erklärung verstanden werden muß und dann übersetzt werden könnte im Sinne von "zu diesem Zweck" oder "aus diesem Grund".

Das Wort "asabtani" ist im aramäischen Text eigentlich das Wort schabaktani, abgeleitet von dem Wort schabak. Dieses Wort schabak bedeutet grundsätzlich soviel wie "lassen", wobei es in den unterschiedlichen Zusammenhängen Bedeutungen wie "erlassen, hinterlassen, aufbewahren, übriglassen, schonen, verlassen, vergeben, behalten" hat.

Einige Stellen seien erwähnt, aus denen diese Bedeutung ersichtlich ist.

Matthäus 24,43:
Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausvater wüßte, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, so würde er ja wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen [shabak].

Markus 13,2:
Und Jesus sprach zu ihm: Siehst du diese großen Bauten? Nicht ein Stein wird auf dem andern bleiben [schabak], der nicht zerbrochen werde.

Apostelgeschichte 24,27:
Als aber zwei Jahre um waren, kam Porzius Festus als Nachfolger des Felix. Felix aber wollte den Juden eine Gunst erweisen und ließ Paulus gefangen zurück ["ließ zurück" – schabak].

Apostelgeschichte 25,14:
Und als sie mehrere Tage dort waren, legte Festus dem König die Sache des Paulus vor und sprach: Da ist ein Mann von Felix als Gefangener zurückgelassen worden [schabak];

Römer 11,4:
Aber was sagt ihm die göttliche Antwort?: »Ich habe mir übriggelassen [schabak] siebentausend Mann, die ihre Knie nicht gebeugt haben vor dem Baal.«

Man sieht, daß das Wort schabak in der Bedeutung von "lassen" oder "übriglassen" benutzt wird. Das Wort schabak hatte in biblischen Zeiten grundsätzlich diese Bedeutung von "lassen", und erst einige Jahrhunderte später entwickelte sich die Bedeutung von "verlassen". In biblischen Zeiten wurde jedoch für "verlassen" eher das Wort taatani bzw. naschatani benutzt.

Diese wenigen Beispiele weisen darauf hin, daß die aramäischen Wörter in Matthäus 27,46 und in Markus 15,34 nicht unbedingt so übersetzt werden müssen, wie es in der Lutherbibel und so vielen anderen Bibelübersetzungen geschah.

Was rief Jesus vom Kreuz?

Nachdem nun aus dem Wort Gottes sowohl vom Zusammenhang wie auch von den Wortbedeutungen her feststeht, daß diese zwei schwierigen Stellen ursprünglich anders gelautet haben müssen, ist klar, was Jesus Christus an jenem Tage vom Kreuze gerufen hat. Es war um die neunte Stunde, ca. 3.00 Uhr nachmittags, als Jesus vom Kreuz herab sprach. Es war die Stunde, als er sein Leben hingab als Sühneopfer für die Sünde der Welt. Es war der Höhepunkt seines Gehorsams gegenüber Gott, da er als Gerechter sein Leben für die Ungerechten gab.

Als Jesus in dieser entscheidenden Stunde am Kreuz hing, brachte er diese Worte aus der Tiefe seiner Seele hervor: Eli, Eli, lmana schabaktani! Man könnte diese Worte übersetzen mit: "Mein Gott, mein Gott [Eli, Eli], für diesen Zweck [lmana] hast Du mich aufgespart [schabaktani]!" "Mein Gott, mein Gott, für diesen Zweck wurde ich aufgespart bzw. geschont (aufbewahrt)."12

Die nächsten Worte, die Jesus danach von sich gab, waren: "Es ist vollbracht." Was war vollbracht? Was wurde dort am Kreuz eigentlich vollbracht? Es ging um unsere, Ihre und meine, Erlösung. Jesus Christus gab sein eigenes Leben dahin und zahlte den für unsere Erlösung notwendigen Preis. Er, der von keiner Sünde wußte, wurde für uns zum Sündopfer, damit wir nun in ihm die Gerechtigkeit Gottes erhalten können.

Danach berichtet die Schrift in chronologischer Folge, daß Jesus "verschied [seinen Geist aufgab]." Die Soldaten und Ankläger nahmen Jesus nicht das Leben. Die Nägel, die durch seine Hände und durch seine Füße getrieben worden waren, hielten ihn nicht am Kreuz fest. Jesus Christus blieb am Kreuz, weil er liebte und in allem den Willen seines himmlischen Vaters erfüllen wollte. Er starb am Kreuz, weil er liebte und im Gehorsam gegenüber Gott sein eigenes Leben für uns hingab.

Philipper 2,8:
Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.

In dieser Aussage betont das Wort Gottes, daß Jesus Christus mit der Hingabe seines Lebens, mit dem Vergießen seines teuren Blutes als des unschuldigen und unbefleckten Lammes Gottes, in der größten Erniedrigung seiner selbst den allergrößten Gehorsam gegenüber Gott zeigte. Der Tod am Kreuz war keine Niederlage, keine von Menschen erzwungene Tötung — nein, es war der Triumph des Sohnes Gottes und seines Vaters über die Sünde. Jesus Christus erwies Gottes Gerechtigkeit, indem er sich als das von Gott selbst bereitgestellte vollkommene Sündopfer darbrachte und so alle Anforderungen an Gottes Gerechtigkeit erfüllte, was nun Gott ermöglicht, all die gerecht zu sprechen, die an ihn glauben.


(1) Vgl. auch Hebräer 4,15: "Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde."

(2) Vgl. dazu auch Epheser 2,15; Kolosser 1,19–22; 1. Petrus 2,24.

(3) Vgl. Johannes 10,17.18: "Darum liebt mich mein Vater, weil ich mein Leben lasse, daß ich's wiedernehme. Niemand nimmt es von mir, sondern ich selber lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wiederzunehmen. Dies Gebot habe ich empfangen von meinem Vater."

(4) Einige wichtige Abschnitte im Alten Testament zu Opfern als Sühne für Sünde sind: 3. Mose 4,3-4.27-29; 5,6.17-19; 6,25 - 7,7; 16,3-11.14-22.29.30. Aus diesen Stellen wird auch klar, daß diese Opfer zu keinem Zeitpunkt selbst Sünde oder sündhaft wurden, sondern auch nach der Opferung noch als "heilig" und "hochheilig" bezeichnet werden.

(5) Dies wird sehr deutlich, wenn man einmal den Zusammenhang von Jesaja 52,14 – 53,12 liest. Auf ähnliche Weise wurde das Wort "Tod" auch in Hesekiel 28,8.10 benutzt.

(6) Vgl. dazu die Stellen 2. Mose 29,14; 30,10; 3. Mose 4,3; 6,23.

(7) Es gibt noch einige andere Beispiele für eine solche Praxis im Neuen Testament: z.B. in Markus 5,41; 1. Korinther 16,22.

(8) Vgl. dazu Gwilliam, G.H. (Hrsg.): Gospels in Syriac. British & Foreign Bible Society, 1901. und Burkitt, F. Crawford (Hrsg. u. Übers.): Evangelion Da Mepharreshe. Cambridge: University Press, 1904.

(9) Es gibt ein Wort lema(lama), welches einen Zweifel anzeigt ("warum, vielleicht, wenn") oder eine Verneinung ("nein, vielleicht … nicht, gar nicht"). Es kommt im Neuen Testament mehrmals vor, aber alle verfügbaren aramäischen Texte haben in Matthäus 27,46 und in Markus 15,34 das Wort lmana.

(10) Vgl. Gudlin, Gary: God's Never Forsaken Son: The Believer's Sin Offering. Syracuse, NY: Christian Biblical Resources, 1996.

(11) Bei diesen Fragen liegt die Redefigur Erotesis vor, oft auch als rhetorische Frage bezeichnet.

(12) Dr. Lamsa, der neben Werken zum Ursprung und der Überlieferung der Bibel auch eine Übersetzung der Bibel aus dem Aramäischen ins Englische anfertigte, hat eine Übersetzung in diesem Sinne angegeben in: Lamsa, George M.: Die Evangelien in aramäischer Sicht. Bern/Lugano: Neuer Johannes Verlag, 1963. S. 204–208.

 

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