Die Wichtigkeit des Gebets in unserem täglichen Leben als Christen wird noch immer oft unterschätzt. Wir werden von allen möglichen Dingen bedrängt, und schon gibt es keine Zeit mehr für Gebet. Diese Studie zeigt uns anhand des Berichts über Jesus Christus in den Evangelien, wie wichtig für ihn das Gebet war; dazu werden einige Stellen einbezogen, aus denen der große Nutzen im Gebet ebenfalls ersichtlich ist.

Wir alle sind heute mehr oder minder eingespannt in einen Lebensrythmus, der mit seinem hohen Tempo, seiner Hektik und den auf uns eindringenden Anforderungen kaum noch Zeit läßt, um eher stillen und ruhigen Aufgaben nachzugehen. Gott bleibt zumeist außerhalb des Blickfeldes, und mancher hat auch vielleicht schon die Frage gehört: „Wer hat schon Zeit zum Beten?" Für viele vollzieht sich das heutige Leben angeblich in einem solch rasenden Tempo, daß sie sogar behaupten, sie hätten ganz einfach überhaupt keine Zeit mehr für etwas. Andererseits sind sie mit jeder Menge unterschiedlicher Dinge jeden Tag beschäftigt und laden sich auch weiterhin noch zusätzliche Sachen auf.

Von „keine Zeit haben" kann selbstverständlich keine Rede sein. Wir alle haben die gleiche Zeit, solange wir leben. Die einzigen, die keine Zeit kennen, sind die Toten, denn im Tod gibt es kein Bewußtsein und somit auch kein Gefühl für Zeit.1 Wir alle, die wir am Leben sind, haben jeweils 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr und alle 4 Jahre einen zusätzlichen Tag. Uns allen steht die gleiche Zeit zur Verfügung. Wir haben Zeit – die Frage ist aber, wozu und wie wir sie nutzen. Oft kommen leider genau die Dinge zu kurz, die eigentlich von größter Wichtigkeit für uns sind.

Gebet ist Gottes Wille

Für uns Christen, die wiedergeborenen Kinder Gottes, ist es von größter Bedeutung, daß wir dem Beten in unserem Lebenswandel die ihm gebührende Stellung einräumen. Die Schrift vermittelt uns eindringlich, welch große Bedeutung dem Gebet zu unserem himmlischen Vater zukommt, dazu macht sie deutlich, welch großartige Früchte ein wirklich inniges Gebetsleben für uns bringen kann. Mit als erstes sollten wir verstehen, daß es Gottes Willle ist, daß wir uns im Gebet an Ihn wenden und seine Unterstützung durch Gebet in Anspruch nehmen.

1. Timotheus 2,1–3:
So ermahne ich nun, daß man vor allen Dingen
[als erstes, vor allem] tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen,
für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit.
Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland,

„Vor allen Dingen" - dieser Rang wird dem Gebet hier eingeräumt. Vier unterschiedliche Aspekte oder Formen von Gebet werden dann erwähnt: Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung. Gebet steht an erster Stelle, wenn es darum geht, was man tun kann, um ein stilles Leben in aller Frömmigkeit zu führen. „Vor allen Dingen" sollen wir beten! Als nächstes wird uns mitgeteilt, für wen wir beten sollen – „für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit". Der Zweck bzw. die Absicht für das Gebet wird ebenfalls angegeben – es dient uns zum Guten. Wir beten nicht, damit es denen in irgendeiner besonderen Weise gut geht oder sie bestimmte politische Positionen einnehmen; wir beten für sie, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Unser Gebet für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit ist unser erster Schritt, damit wir so wandeln können, wie Gott es uns ermöglicht hat. Es bahnt den Weg, so daß wir gottesfürchtig, „in aller Frömmigkeit", und aller Ehrbarkeit leben können.

Jesus Christus – Beispiele aus seinem Leben

Das bemerkenswerteste Beispiel für Gebet ist unser Herr Jesus Christus. Wenn jemand angeblich aufgrund der vielen an ihn gestellten Aufgaben keine Zeit fürs Beten gehabt hätte, dann wäre Jesus Christus ganz sicher als erster zu nennen. Die Evangelien berichten von den vielen Dingen, die er in solch kurzer Zeit vollbrachte, um das Werk zu vollenden, zu dem er von seinem himmlischen Vater gesandt war. Manche Christen meinen, daß er nicht zu beten brauchte, weil er ja Gottes Sohn war. Für andere war er Gott, und Gott betet sowieso nicht zu sich selbst. Die Berichte in Gottes Wort legen dar, wie Jesus Christus vorging, welche Schritte er unternahm, um in allem das zu tun, was seinem Vater wohlgefiel.

In Markus 1 ist eine interessante Stelle, die uns einen Einblick gewährt in Jesu Wirken und auch einen Hinweis darauf enthält, daß er dem Gebet zu Gott immense Bedeutung beimaß.

Markus 1,21–34:
Und sie gingen hinein nach Kapernaum; und alsbald am Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte.
Und sie entsetzten sich über seine Lehre; denn er lehrte mit Vollmacht und nicht wie die Schriftgelehrten.
Und alsbald war in ihrer Synagoge ein Mensch, besessen von einem unreinen Geist; der schrie:
Was willst du von uns, Jesus von Nazareth? Du bist gekommen, uns zu vernichten. Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes!
Und Jesus bedrohte ihn und sprach: Verstumme und fahre aus von ihm!
Und der unreine Geist riß ihn und schrie laut und fuhr aus von ihm.
Und sie entsetzten sich alle, so daß sie sich untereinander befragten und sprachen: Was ist das? Eine neue Lehre in Vollmacht! Er gebietet auch den unreinen Geistern, und sie gehorchen ihm!
Und die Kunde von ihm erscholl alsbald überall im ganzen galiläischen Land.
Und alsbald gingen sie aus der Synagoge und kamen in das Haus des Simon und Andreas mit Jakobus und Johannes.
Und die Schwiegermutter Simons lag darnieder und hatte das Fieber; und alsbald sagten sie ihm von ihr.
Da trat er zu ihr, faßte sie bei der Hand und richtete sie auf; und das Fieber verließ sie, und sie diente ihnen.
Am Abend aber, als die Sonne untergegangen war, brachten sie zu ihm alle Kranken und Besessenen.
Und die ganze Stadt war versammelt vor der Tür.
Und er half vielen Kranken, die mit mancherlei Gebrechen beladen waren, und trieb viele böse Geister aus und ließ die Geister nicht reden; denn sie kannten ihn.

Dies war ein ereignisreicher Tag mit ungeheuerlich viel Arbeit, so daß man eigentlich hätte erwarten können, daß Jesus nach all diesen Anstrengungen am nächsten Tag vielleicht ein wenig länger schlafen würde. Das ist jedoch nicht der Fall.

Markus 1,35:
Und am Morgen, noch vor Tage, stand er auf und ging hinaus. Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.

Statt Ausschlafen stand er besonders früh auf und nahm sich Zeit für Gebet zu Gott. Manch anderer hätte vielleicht am Abend vorher lieber einige Kranke auf später vertröstet, um etwas Ruhe zum Beten zu haben; mancher hätte vielleicht das Beten an jenem Morgen auf den nächsten Tag verlegt. Nicht so Jesus Christus. Er hielt sich für die bereit, die seine Hilfe suchten, und er entschied sich dafür, mit weniger Schlaf auszukommen, um auf gar keinen Fall auf die Zeit des stillen Gebets zu verzichten. Es dauerte nicht lange, bis neue Aufgaben ihn in Anspruch nahmen.

Markus 1,36–39:
Simon aber und die bei ihm waren, eilten ihm nach.
Und als sie ihn fanden, sprachen sie zu ihm: Jedermann sucht dich.
Und er sprach zu ihnen: Laßt uns anderswohin gehen, in die nächsten Städte, daß ich auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen.
Und er kam und predigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die bösen Geister aus.

Jesu Tage waren voll mit Aufgaben, die er in Ausführung von Gottes Willen zu erfüllen hatte. Er hat Kranke geheilt, böse Geister ausgetrieben, bei vielen Gelegenheiten Gottes Wort unterrichtet, sich intensiv um die Jünger gekümmert. Leute mit vielen Bedürfnissen kamen zu ihm, und er half ihnen allen.

Gerade zu den Zeiten und in den Situationen, als er unter viel Druck und Anspannung stand, bzw. als viel zu tun war, sehen wir, wie Jesus Christus Zeit einrichtet, um eine Weile allein zu sein und zu beten. Er hatte auch nur 24 Stunden am Tag, und der Ablauf der Dinge war genau wie zu anderen Zeiten auch. Jesus nahm sich Zeit; hier war es noch vor Tage, bevor alles in Bewegung kam.

In Matthäus 14 wird von der Speisung der Fünftausend berichtet. Sie waren über den See Genezareth gefahren und dann auf einen Berg gegangen. Dort hatte Jesus gelehrt und anschließend mittels eines Wunders die dort bei ihm versammelten Menschen gespeist. Für unsere Studie ist bedeutsam, was sich danach ereignete.

Matthäus 14,22–25:
Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe.
Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort allein.
Und das Boot war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.
Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See.

Jesus zog sich zunächst allein zurück, um zu beten. Er nahm sich ganz bewußt diese Stunden, um zu beten. Das war ihm äußerst wichtig – diese Zeit zum Beten, um Dinge mit seinem himmlischen Vater zu besprechen und den Willen des Vaters zu erkennen, um seine Gemeinschaft mit Gott im Gebet zu vertiefen. Dies hatte sicher einen entscheidenden Anteil daran, daß er die Dinge vollbringen konnte, die er vollbracht hat, und so nach Gottes Willen wandeln konnte, wie er es getan hat.

Diese Stunden im Gebet erwiesen sich hier nicht einmal als Nachteil hinsichtlich seiner Reisepläne, denn er holte die Jünger, wenn auch auf ungewöhnliche Weise, wieder ein.

Matthäus 14, 26 und 27:
Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst! und schrien vor Furcht.
Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!

Nachdem der Tag bereits ereignisreich gewesen war, gestaltete sich diese Nacht auch zu einem unvergeßlichen Erlebnis. Petrus war mutig und wollte sicherstellen, daß es tatsächlich Jesus war, der da an ihnen vorbeigehen wollte.

Matthäus 14,28 und 29:
Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser.
Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu.

Jesus war zu Fuß auf dem See unterwegs, und nun ging auch Petrus auf dem Wasser! Er hatte den von ihm gewünschten Beweis, aber dann stellte sich doch ein Problem ein, als er auf den Wind sah, erschrak und zu sinken begann.

Petrus war aber so schlau, sofort nach Hilfe zu rufen. Er handelte nicht wie manche Christen heute, die warten, bis ihnen das Wasser bis zum Hals steht, und dann rufen sie immer noch nicht nach Hilfe, weil sie meinen, sie könnten alles immer noch alleine wieder auf die Reihe bringen. Nicht so Petrus; als er merkte, daß er zu sinken begann, rief er um Hilfe.

Matthäus 14,31 und 32:
Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
Und sie traten in das Boot, und der Wind legte sich.

Sie schwammen übrigens nicht zum Boot, sondern sie gingen und traten ins Boot. Welch eine Nacht – aber sie hatte für Jesus Christus mit einigen Stunden der Stille im Gebet begonnen. Die Zeit, die er dabei scheinbar „verlor", holte er auf wundersame Weise wieder ein. Wenn ihn die Jünger nicht aufgehalten hätten, wäre er noch vor ihnen am Zielort gewesen.

Beten war für Jesus nicht nur vor bzw. in schwierigen Situationen angesagt, es war vielmehr etwas, was er immer wieder einplante und in Anspruch nahm. Gottes Wort berichtet uns an verschiedenen Stellen, daß er betete, wie etwa in Lukas 5.

Lukas 5,16:
Er aber zog sich zurück in die Wüste und betete.

Zum Beten suchte Jesus oft Orte auf, die ihm Ruhe und Stille boten. Er wollte ungestört von äußeren Einflüssen sein, woran auch wir bei unserer Planung fürs Gebet denken sollten.

In Lukas 6 folgt der Bericht über ein äußerst wichtiges Ereignis in Jesu Amt. Auch in dieser Sache hatte Beten einen hohen Stellenwert.

Lukas 6,12:
Es begab sich aber zu der Zeit, daß er auf einen Berg ging, um zu beten; und er blieb die Nacht über im Gebet zu Gott.

Jesus Christus hatte die Absicht zu beten, und er suchte sich einen geeigneten Ort und führte sein Vorhaben aus. Hier hat er die ganze Nacht gebetet. Das Beten hatte in jener Nacht offenbar Vorrang vor dem Schlafen.

Der nächste Vers erläutert uns, warum Jesus sich so intensiv im Gebet an Gott wandte.

Lukas 6,13:
Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger und erwählte zwölf von ihnen, die er auch Apostel nannte:

Das war eine schwere Entscheidung, und Jesus hat sie nicht „einfach so" getroffen. Er hat auch nicht seinen eigenen Überlegungen und seinem eigenen Urteilsvermögen allein vertraut und erst einmal eine Nacht darüber geschlafen. Er hat die Entscheidung ruhig überdacht, und er hat sie im Gebet vor Gott kundgemacht. Er verbrachte die ganze Nacht im Gebet, um dann aber auch am Morgen genau zu wissen, wen er erwählen sollte.

In Lukas 9 wird die Speisung der Fünftausend erwähnt.

Lukas 9,14–18:
Denn es waren etwa fünftausend Mann. Er sprach aber zu seinen Jüngern: Laßt sie sich setzen in Gruppen zu je fünfzig.
Und sie taten das und ließen alle sich setzen.
Da nahm er die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel und dankte, brach sie und gab sie den Jüngern, damit sie dem Volk austeilten.
Und sie aßen und wurden alle satt; und es wurde aufgesammelt, was sie an Brocken übrigließen, zwölf Körbe voll.
Und es begab sich, als Jesus allein war und betete und nur seine Jünger bei ihm waren, da fragte er sie und sprach: Wer sagen die Leute, daß ich sei?

Während der Speisung dankte Jesus seinem himmlischen Vater. Danach verbrachte er noch einige Zeit im Gebet, als nur seine Jünger bei ihm waren.

Lukas 11 berichtet über eine Unterweisung im Beten, die Jesus seinen Jüngern gab.

Lukas 11,1:
Und es begab sich, daß er an einem Ort war und betete. Als er aufgehört hatte, sprach einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte.

Man kann offensichtlich auch etwas übers Beten unterrichten. Johannes der Täufer hat seine Jünger über das Gebet unterrichtet, und Jesus tat es hier mit seinen Jüngern, denn es wird berichtet, daß er der Bitte der Jünger nachkam.

Lukas 11,2:
Er aber sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht …

Was nun weiter folgt, ist ein Gebet, das als Beispiel, als Anregung, als ein Muster für rechtes Beten dienen sollte. Es war nicht als ein feststehendes, immer nur zu wiederholendes Gebet gedacht, das die Jünger oder andere nach ihnen einfach nur nachsprechen sollten! Dieses Gebet diente der Unterweisung der Jünger, um ihnen darzulegen, wie sie zu Gott beten konnten.

Lukas 11,2 und 3:
… Vater! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme.
Unser tägliches Brot gib uns Tag für Tag …

Die Jünger lernen an Jesu Beispiel, wie sie Gott anreden sollen, was sie von Ihm erwarten können, worauf sie ihre Bitten im Gebet richten können, was sie beten können.

Dieses Ereignis wird auch in Matthäus 6 berichtet. Dort werden weitere Einzelheiten erwähnt, die in unserer Studie beachtenswert sind.

Matthäus 6,5–9:
Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden
Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.
Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten.
Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen.
Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.
Darum sollt ihr so beten …

Dieser Abschnitt veranschaulicht wichtige Punkte übers Gebet. Unser Beten soll an Gott, den Vater, gerichtet sein. Gebet dient nicht dazu, von Leuten einen Lohn zu empfangen. Das Gebet soll auch nicht ein leeres Nachplappern sein,2 als würden viele Worte mehr bewirken als wenige. Außerdem sollen wir auf jeden Fall beten, obwohl Gott weiß, was wir bedürfen, bevor wir Ihn bitten. Manche Leute meinen, sie bräuchten deswegen nicht zu beten; aber hier heißt es ausdrücklich: „Darum sollt ihr so beten …"

Jesus legte viel Gewicht aufs Gebet zu Gott, dem himmlischen Vater. Und er nahm sich auch Zeit, seine Jünger übers Beten zu unterrichten.

Matthäus 26 berichtet uns über eine sehr schwierige Situation im Leben Jesu Christi. Was hier erwähnt ist, ereignete sich nach Jesu letztem Mahl mit seinen Jüngern, bevor er verraten und gefangen genommen wurde.

Matthäus 26,36–39:
Da kam Jesus mit ihnen zu einem Garten, der hieß Gethsemane, und sprach zu den Jüngern: Setzt euch hier, solange ich dorthin gehe und bete.
Und er nahm mit sich Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus und fing an zu trauern und zu zagen.
Da sprach Jesus zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wacht mit mir!
Und er ging ein wenig weiter, fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach: Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!

Gerade in dieser äußerst angespannten Situation nimmt sich Jesus Zeit zum Beten. Die hier aufgezeichneten Worte seines Gebets sind eine große Lektion übers Beten. Viele meinen, Gebet sei, Gott vorzuschreiben oder Ihn darüber zu informieren, was man gerne hätte bzw. was man braucht. Solches Denken wird durch Jesu Worte zurechtgewiesen: „Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber, doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!" Er redet nicht davon, was er will, sondern von dem, was Gott will!

Matthäus 26,40 und 41:
Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?
Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.

Jesus nahm sich eine Stunde Zeit zum Beten, bevor er zurückkam, um nach den Jüngern zu schauen. Die waren aber eingeschlafen.

Jesu Worte über Geist und Fleisch werden oft in einem völlig anderen und unpassenden Zusammenhang zitiert – als eher fade Entschuldigung, wenn man etwas nicht auf die Reihe gebracht hat. „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach" – das war keine Entschuldigung für die Jünger. Es war Teil einer Ermahnung! Jesus erkannte und wußte, daß sie in ihrem innersten Wesen, in ihrem Herzen, willig waren zu wachen; sie sollten nun mit stärkerem Herzen die Schwachheit des Fleisches überwinden und wachen. Jesus hat Petrus hier nicht mit den Worten getröstet: „Petrus, ich verstehe, wie es war: Dein Geist war willig, aber leider ist das Fleisch schwach, so schlafe ruhig weiter." Nein! Willenskraft, Entschlossenheit und Beharrlichkeit im Herzen ermöglichen, sich selbst dann Zeit zum Beten zu machen, wenn der Körper eher etwas anderes will.

Matthäus 26,42 und 43:
Zum zweiten Mal ging er wieder hin, betete und sprach: Mein Vater, ist's nicht möglich, daß dieser Kelch an mir vorübergehe, ohne daß ich ihn trinke, so geschehe dein Wille!
Und er kam und fand sie abermals schlafend, und ihre Augen waren voller Schlaf.

Wir haben gut reden, denn wir haben eine solch oder ähnlich bedrückende Situation womöglich noch nie erlebt. Ihr Herr war bis zum Tod betrübt, hatte zuvor von Kreuzigung und Tod geredet. Sie spürten alle, daß Schlimmes bevorstand. Die Tage zuvor waren körperlich anstrengend gewesen, waren gefüllt mit Unterweisungen und Vorbereitungen für das bevorstehende Fest. Hinzu kam die weiter zunehmende Feindseligkeit der Pharisäer und Sadduzäer, die Jesus nach dem Leben trachteten. Dann hatten sie endlich Zeit für ein ruhiges, abendliches Mahl, aber kaum hatten sie sich hingesetzt, da fing Jesus an, über Dinge zu reden, die den Jüngern das Herz eher noch schwerer machten. Es ist daher verständlich, daß ihre Augen voller Schlaf waren – und doch war Wachen und Beten gerade jetzt besonders nötig.

Matthäus 26,44:
Und er ließ sie und ging abermals hin und betete zum dritten Mal und redete dieselben Worte.

Wenn hier steht, er redete dieselben Worte, so war das dennoch kein Geplapper. Jesus hat auch sicher nicht diese wenigen Worte eine Stunde lang immer wiederholt. Er stand vor einer sehr schwierigen Entscheidung, und er benötigte eben diese Zeit und ein dreimaliges Hinwenden zu Gott, bis für ihn Gottes Willen absolut feststand und er in seinem Herzen bereit war, ihn auszuführen.

Matthäus 26,45 und 46:
Dann kam er zu seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen? Siehe, die Stunde ist da, daß der Menschensohn in die Hände der Sünder überantwortet wird.
Steht auf, laßt uns gehen! Siehe, er ist da, der mich verrät.

Der Ton, in dem Jesus diese Worte sprach, war ein völlig anderer als vor dem Gebet. Vorher hieß es, er war betrübt bis an den Tod, fing an zu trauern und zu zagen. Nach dem Gebet heißt es: „Laßt uns gehen!" Nach diesem Gebet war Jesus nicht mehr verzagt und betrübt, sondern Jesus war bereit, sich mit innerem Frieden und in der absoluten Gewißheit, Gottes Willen zu tun, der Situation zu stellen, die ihn erwartete.

Nutzen des Gebets

Dieses letzte Beispiel von Gebet im Leben Jesu zeigt auch sehr schön, welchen Nutzen Gebet hat und was es im Herzen bewirkt. Diese Stelle erinnert ein wenig an zwei Verse in Philipper 4.

Philipper 4,6 und 7:
Sorgt euch um nichts
[seid nicht ängstlich besorgt], sondern in allen Dingen laßt eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

So manche Leute versuchen, gerade anders herum vorzugehen. Sie sorgen sich um alles, und je mehr Angst sie um ein Anliegen haben können, um so besser scheinen sie sich zu fühlen. Verstand und Vernunft werden in großem Maße bemüht, um Lösungen zu finden. Es wird nachgedacht und nachgedacht, die Angst gedeiht bis hin zur Verzweiflung, aber eine Lösung ist meist dennoch nicht in Sicht.

Wir haben eine andere Möglichkeit – Zeit zum Beten nehmen und unsere Anliegen wie hier erwähnt vor Gott kundwerden lassen! Gebet zu Gott ist unser erster Schritt zur Lösung. Wenn die Angelegenheit dann im Gebet mit Gott geklärt ist, kann der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, unsere Herzen und Sinne bewahren.

Wenn wir daran denken, daß uns Christen heute sogar noch eine andere Art von Gebet verfügbar ist, als den Menschen vor der Zeit der Gemeinde des Leibes Christi zur Verfügung stand, sollten wir bald einsehen, daß es für uns von allergrößtem Nutzen ist, Zeit zum Beten zu machen. 1. Korinther 14 erwähnt diese Form des Gebets, die nach Pfingsten allen wiedergeborenen Gläubigen offensteht.

1. Korinther 14,14 und 15:
denn wenn ich in Zungen bete, so betet mein Geist; aber was ich im Sinn habe, bleibt ohne Frucht.
Wie soll es denn nun sein? Ich will beten mit dem Geist und will auch beten mit dem Verstand …

Wir haben wie Paulus beide Möglichkeiten zu beten: (1) Beten im Geist, was durch Zungenreden geschieht, und (2) Beten mit dem Verstand, wie es auch zur Zeit des Alten Testaments und der Evangelien verfügbar war. Wir haben beide Möglichkeiten, wobei das Zungenreden bzw. in Zungen beten für unser geistliches Wachstum von besonderer Bedeutung ist.3 In Vers 15 wird noch eine weitere Sache betont: „Ich will beten …" Beten muß man wollen!

Im Gebet zeigt sich unsere Gemeinschaft mit Gott, da lassen wir Ihn teilhaben an den Angelegenheiten in unserem Leben, da danken wir Ihm für Seine Wohltaten. Einige Stellen in den Psalmen vermitteln uns bereits das Bild großer Verbundenheit zu Gott im Gebet.

Psalm 46,11:
Seid stille und erkennet, daß ich Gott bin! Ich will der Höchste sein unter den Heiden, der Höchste auf Erden.

Es mag heute teilweise sehr schwierig sein, stille zu werden, weil wir von so vielen Dingen umgeben sind. Andererseits ist es gerade deshalb notwendig, sich Zeit zu nehmen, um stille zu werden. Durch Gebet wird auch klar, wie die Rollen verteilt sind: Gott ist Gott, und wir sind Menschen, die Seiner Hilfe bedürfen.

Psalm 73,21–26:
Als es mir wehe tat im Herzen und mich stach in meinen Nieren,
da war ich ein Narr und wußte nichts, ich war wie ein Tier vor dir.
Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an.
Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde.
Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.

Selbst in Zeiten großer Drangsal und Not, wo man viele Bedürfnisse hat, sollten und brauchen wir darüber Gott nicht vergessen. Er ist unseres Herzens Trost und unser Teil.

Psalm 50,14 und 15:
Opfere Gott Dank und erfülle dem Höchsten deine Gelübde
und rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.«

Psalm 91,14–16:
»Er liebt mich, darum will ich ihn erretten; er kennt meinen Namen, darum will ich ihn schützen.
Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören; ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen.
Ich will ihn sättigen mit langem Leben und will ihm zeigen mein Heil.«

Unsere erste Notrufzentrale ist Gott. Wenn wir uns in einer Not befinden, melden wir uns mit unseren Bedürfnissen bei Ihm. Gott ist allezeit bereit zu helfen, nur wir sind manchmal nicht bereit, Seine Hilfe anzunehmen. Wir sind voller Hast und Unruhe, und manches geschieht nach dem Motto: „Jetzt oder nie!" So ist der Lebensstil der Welt, den man uns aufzwingen will. Wir sollten aber nicht so leben.4 Wir können es uns nicht leisten, uns nicht Zeit zu nehmen, um Gott durch Gebet in unser Leben einzubeziehen und Ihn zu befragen.

Es ist eine große Herausforderung, unseren Lebensstil dahingehend zu ändern. Das Beispiel Jesu Christi kann als Anregung dienen, denn wir wollen ihm nacheifern und ebenfalls mit Gottes Kraft in unserem Leben wandeln. Jesus Christus hat zuerst den Willen seines himmlischen Vaters erkundet, sich im Gebet an Gott gewandt, und erst dann hat er gehandelt. Dann wußte er auch, was zu tun war und wie er Schritt für Schritt die Sache angehen und als Sieger weit überwinden konnte. Er hat diese Zeit zum Beten immer gehabt bzw. sich immer genommen. Manchmal hieß das ein bißchen früher aufstehen, manchmal hieß es gar nicht schlafen, manchmal hieß es länger aufbleiben.

Ganz wichtig ist auch noch, daß Gebet nie ein vorgeschobener Grund ist, um sich vor notwendigen Taten zu drücken. Die Zeit zum Beten wird nicht von einer anderen notwendigen Sache „gestohlen", sie wird zusätzlich zu den notwendigen Angelegenheiten eingeräumt und von nicht unbedingt erforderlichen Aktivitäten abgezweigt.

Die Zeit, die wir uns zum Beten nehmen, wird sich ganz sicher nicht als verlorene Zeit erweisen – im Gegenteil! Sie wird immer wieder Höhepunkte unseres Lebens darstellen und uns helfen, bisher unerreichte Gipfel in unserem Wandel mit Gott zu erklimmen.


(1) Vgl. dazu Prediger 9,5 und 10: „Denn die Lebenden wissen, daß sie sterben werden, die Toten aber wissen nichts …" und „Alles, was dir vor die Hände kommt, es zu tun mit deiner Kraft, das tu; denn bei den Toten, zu denen du fährst, gibt es weder Tun noch Denken, weder Erkenntnis noch Weisheit."

(2) Es ist schon erstaunlich, daß ausgerechnet dieses Gebet in so manchen Konfessionsgemeinschaften gerade dazu mißbraucht wird. Leute sprechen nur den Wortlaut des Gebets nach, in manchen Situationen auch mehrmals hintereinander. Solches Vorgehen wurde von Jesus abgelehnt; er sagte, daß die Heiden solches tun, weil sie Gott nicht kennen!

(3) Vgl. dazu 1. Korinther 14,4.

(4) Vgl. dazu Römer 12,2.

 

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